Kosaken Liebe
schicken, der nicht die Ordnung hält, die ich befohlen habe! Hinein!«
Langsam senkten sich die sandgefüllten Säcke mit den beiden Verurteilten in die Kama. Bis knapp zum Hals ließ man sie in das Wasser, untersuchte noch einmal die Festigkeit der Stricke und stieg dann hinüber in den Kahn, der hinter den Flößen hergefahren war. Als letzter verließ Muschkow sein Floß, hockte sich in das Boot und stierte bleich in den Fluß.
Die zwei Verurteilten schwiegen. Sie schienen zu staunen: Man henkte sie nicht, man köpfte sie nicht, man tat ihnen eigentlich gar nichts. Man füllte ihre Säcke nur mit Sand auf und hängte sie ins Wasser. Es war zwar kalt und ein unangenehmes Gefühl, aber nicht vergleichbar mit demjenigen, seinen Hals in einer Schlinge zu haben … Jermak, du bist ein wahrer Freund … wir baden nur.
Nur war das ein Irrtum, den der Satan selbst erfunden hatte. Schon nach einer halben Stunde merkten es die Verurteilten. Der Sand sog sich mit Wasser voll und quoll auf wie Grießbrei in heißer Milch. Die Schwere erdrückte die Männer fast; überall, vom Hals bis zu den Zehen, begann ein unheimliches Pressen, wurde der Brustkorb eingeschnürt, das Atmen eng, zerquetschte der nasse Sand den Rücken und würgte an der Kehle.
Nach einer Stunde begannen die Männer zu schreien. Schweigend standen die Kosaken am Flußufer und rührten sich nicht. Jermak ritt durch die Reihen; und wenn sich einer bewegte, fragte er laut: »Willst du der nächste sein?«
Die Leute von Orjol schlichen stumm, einer nach dem anderen, nach Hause. Das wilde, verzweifelte, heulende Schreien der beiden Männer in der Kama verfolgte sie und blieb ihnen im Ohr haften wie ein Geschwür.
Semjon und Nikita Stroganow waren schon weggeritten, als man die Verurteilten in den Fluß hinabließ; nur Maxim war noch am Ufer geblieben und überlegte, ob er mit seinen Leuten nicht in zwei Booten zu den Flößen hinüberrudern sollte, um diesen Jammer zu beenden.
»Laß das sein, feines Herrchen!« sagte Jermak, als er bei seinem Rundritt durch die Kosakenhorde auch zu Maxim Stroganow kam. Er ahnte, was der andere dachte. »Sie werden nicht getötet …«
»Aber sie werden wahnsinnig«, erwiderte Maxim dumpf.
Jermak schwieg und ritt weiter.
Bis gegen Mittag brüllten die beiden Mörder, dann wurde ihr Schreien leiser, verebbte schließlich in einem Wimmern, das keiner mehr hören konnte, weil der Fluß lauter rauschte. Sie lebten noch, der Sand hatte sie nicht erdrückt, aber die Kälte des Wassers fraß sich in die Knochen, und auf die kahlen Schädel brannte unbarmherzig die Sonne.
Etwas abseits von den noch immer schweigend am Ufer stehenden Kosaken saß Alexander Grigorjewitsch Lupin, der neue Pferdearzt der Stroganows, und schielte zu seinem Töchterchen hinüber. Sie stand in der ersten Reihe am Fluß, breitbeinig, auf dem blonden struppigen Kopf die rote Mütze, ein kleiner, wilder Kerl, wenn man nicht wüßte, was sich wirklich unter der Uniform verbarg. Neben ihr stand Muschkow, bedrückt, mit einem fahlen Gesicht, und Lupin dachte: Das muß er sein! Dieses Kerls wegen läuft mir meine Marinuschka davon! Ein sauberes Früchtchen, dieser Kosak! War's nicht der, der die Verurteilten auf die Flöße brachte und die Henker anführte? Und so etwas liebt sie? Hat sie noch ein Gehirn, mein Töchterchen? Was denkt sich wohl so ein Mädchen, wenn es beschließt, das ist der Mann, für den es sich lohnt, aus seiner geborgenen Welt auszubrechen und Dummheiten zu machen? Was geht in einem solchen Herzchen vor?
Das Väterchen Lupin seufzte, steckte sich ein Stück harte Wurst in den Mund und kaute nachdenklich. Er wartete. Er wußte nicht, ob Marina ihn auch sah, aber einmal mußte dieser schreckliche Jermak den Befehl geben, in die Kosakenstadt zurückzukehren, und dann war es möglich, daß sie an ihm vorbeikam.
Am Ufer rührte sich noch niemand. Jermak saß als einziger auf einem Pferd. Er wartete, ob jemand um Gnade für die beiden Kameraden im Fluß bat. Doch alle schwiegen, Jermak hörte nichts. Wer allein sprach, leise, mit beinahe geschlossenen Lippen, aber für Muschkow trotzdem gut verständlich, war Marina Alexandrowna.
»Ich ziehe in ein anderes Haus!« sagte sie. »Ich werde nicht mehr mit einem Henker zusammenwohnen! Sieh mich nicht an! Jeder Blick ist Schmutz, den du auf mich wirfst!«
»Marinuschka!« stöhnte Muschkow. »Es war ein Befehl! Man kann keinen Befehl verweigern!«
»Man kann!«
»Nicht bei Jermak!«
»Auch
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