Kosaken Liebe
bei ihm!«
»Ich wäre jetzt der dritte Mann in einem Sack!«
»Dafür würde ich mit Jermak in das nächste Bett fallen!«
»Marinuschka …« Muschkow verdrehte die Augen, als falle er gleich in Ohnmacht. »Was hätte ich tun sollen? Es sind Mörder!«
»Hast du keinen Dolch?«
»Was soll ich mit einem Dolch?«
»Ich hätte sie auf dem Floß, als ich allein mit ihnen war, durch den Sack hindurch erstochen, um ihnen das hier zu ersparen.«
»So etwas sagst du?« stammelte Muschkow.
»Du hörst es.«
Muschkow schnaufte durch die Nase. »Man muß Angst vor dir haben!« sagte er dann tonlos.
Und Marina antwortete aus den Mundwinkeln. »Es ist gut, wenn du das begreifst, alter Bär!«
In der starken Mittagshitze ließ Jermak seine Kosaken zurück in ihre Stadt gehen. Sie trotteten wie geprügelte Hunde davon, in Gruppen, einzeln, auf schwankenden Beinen. Nur Jermak, der Pope und Muschkow blieben am Ufer zurück und ein paar Beobachter, die von den Stroganows zurückgelassen worden waren, und denen es allein unter den Kosaken recht unbehaglich zumute war.
»Wann holen wir sie zurück?« fragte der Pope.
»Überhaupt nicht.« Jermak stieß Muschkow an. »Rudere hinaus und schneide die Leinen mit den Steinen durch. Sie sollen den Fluß hinabtreiben. Wenn Gott für sie sorgt, überleben sie.«
Und so ruderte Muschkow noch einmal hinüber zu den Flößen, betrat die schwankenden Holzinseln und starrte auf die kahlen Köpfe der Verurteilten. Sie hatten die Augen offen, aber aus ihren aufgerissenen Mündern kam kein Ton mehr. Sie lebten, aber sie waren dem Wahnsinn nahe. Die Zerstörung ihrer Gehirne hatte begonnen …
Iwan Matwejewitsch Muschkow kappte die Leinen, und träge setzten die Flöße sich in Bewegung, von der Strömung des Flusses getragen. Die Säcke mit den Verurteilten schwammen im Wasser, tauchten unter, kamen wieder hoch, ganz so, wie die Flöße schwankten.
Plötzlich zuckte Muschkow zusammen und klammerte sich am Rand seines Bootes fest. Ein Verurteilter, der Kosak Andrej Petrowitsch, begann laut, schrill und irr zu lachen. Er lachte, bis ihm eine Welle in den aufgerissenen Mund schwappte und ihn fast erstickte.
»Es mußte sein!« sagte Jermak später, als Muschkow, bleich und am ganzen Körper zitternd, wieder landete. »Iwan Matwejewitsch, wie willst du tausend Mann im Zaum halten? Und nächstes Jahr werden wir tausend sein, das ist sicher. Und an diesen Morgen wird man noch lange denken!«
Unter den letzten, die vom Ufer weggingen, war auch Marina. Sie kam an dem am Wegrand sitzenden alten Mann vorbei und beachtete ihn nicht. Erst als er leise pfiff – den berühmten Lupin-Pfiff, den man in ganz Nowo Orpotschkow gekannt hatte –, zuckte ihr Kopf herum. Sie blieb stehen, schob die rote Mütze keck in den Nacken und tat so, als verhöhne sie den alten Mann – ein übermütiger junger Kosak, der mit jedem Streit sucht. Aber sie sagte, und ihre Stimme war dünn und zerbrechlich:
»Väterchen … O Gott, du hast alles gesehen?«
»Bis in die letzte Einzelheit, Töchterchen.« Lupin putzte das Messer, mit dem er die Wurst geschnitten hatte, an seiner Hose ab. »Ein verteufeltes Kerlchen hast du dir ausgesucht, das muß man sagen!«
»Jermak hat es ihm befohlen!« Marina Alexandrowna spuckte ihrem Vater vor die Füße. Sie mußte es tun, weil drei Kosaken nahe an ihnen vorbeigingen und ihr zuriefen:
»Hat der Alte eine Tochter, die er dir verkaufen will? Boris Stepanowitsch, laß dich nicht betrügen! Leuchte ihr erst unter'n Rock, ob auch alles vorhanden ist!« Lachend gingen sie weiter.
»Iwan Matwejewitsch hat es nicht gern getan, Väterchen«,sagte sie stockend. »Und er wird es nie wieder tun! Dafür werde ich sorgen!«
»Du?« Lupin starrte seine Tochter an. »Auch du kannst aus einem Kosaken keinen fühlenden Menschen machen.«
»Man braucht Zeit.« Sie nahm ihre Mütze ab und schlug ihrem Vater damit in das faltige Gesicht, nicht fest, aber von weitem sah es doch so aus, als treffe sie den Alten und habe noch ihre Freude daran. Man mußte dieses Spiel treiben, denn Jermak sah gerade zu ihnen herüber. »Wie lange braucht ein Bär, bis er nach der Fiedel im Kreise tanzt? Und Muschkow ist schwieriger als ein Bär!« Sie setzte die rote Mütze wieder auf. »Wie geht es deinen Pferden, Väterchen?«
»Gut, gut! Keines ist krank.« Lupin seufzte. Sein Vaterherz war schwer wie ein Mühlstein. »Wie kann man nur einen Menschen wie diesen Muschkow lieben!«
»Ich weiß es doch
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