Kosaken Liebe
Reichtum und lebten in einer Klosterzelle, um Gott in Demut nahe zu sein, wenn er sie rief. So hatte es auch Anika Stroganow getan, der große weise Mann, der aus einer einfachen Handelsfamilie eine russische Großmacht werden ließ: Als er den Tod nahen fühlte, trat er in das Kloster bei Solwytschegodsk ein und nannte sich ›Mönch Joasaph‹.
»So geht es auch nicht weiter, Jermak Timofejewitsch«, antwortete Nikita Stroganow. Er war der militärische Führer der Sippe; Maxim kümmerte sich mehr um den Handel und die Vermehrung des Vermögens. »Du hast ganz recht, aber bedenke: Sibirien zu erobern und Kutschums Heer zu vernichten, ist ein Vorhaben, das selbst der Zar nicht wagt.«
»Der Zar ist ein alter Schwätzer«, rief Jermak stolz. »Er soll sich um seine Huren kümmern und uns Sibirien überlassen.«
»Aber die Schlagkraft unserer Truppe …«
Jermak unterbrach Nikita: »Ein Furchtloser zählt mehr als hundert Wankelmütige! Wir sind tausend Männer – hat Kutschum hunderttausend Krieger?«
»Wir werden es sehen.« Nikita Stroganow ging zu einem breiten Tisch. Eine große Karte, gezeichnet auf einem riesigen Pergament, bedeckte die Tischplatte: Das Permer Land mit allen Flüssen und Hügeln, mit Bergen und Seen, Siedlungen und befestigten Plätzen, Wegen und Sümpfen.
»Wir haben Sorgen, Jermak«, sagte Maxim Stroganow, der bisher geschwiegen hatte.
»Sorgen? Bei tausend Kosaken?«
»Hier …« Nikita Stroganow deutete mit dem Zeigefinger auf ein Gebiet der riesigen Landkarte. »Die Flüsse Sylwa und Tschussowaja. An ihren Ufern befinden sich gute Siedlungen, Boden, den wir einmal urbar gemacht haben, mit reichen Pelzjägereien. Seit vier Tagen brennen dort neun Ortschaften! Mit etwa siebenhundert Wogulen und Ostjaken ist Mursa Beguly darüber hergefallen und hat alle Siedlungen geplündert.«
»Wer ist Mursa Beguly?« fragte Jermak ruhig.
»Ein Gebietsfürst, der bisher Tribut zahlte und ruhig war. Und plötzlich steht er auf, erkennt den Zaren nicht mehr an und zieht durchs Land.«
»Er kommt wie gerufen!« sagte Jermak und lächelte breit. »Nikita Stroganow, die Kosaken werden beweisen, was sie unter einem Sieg verstehen!«
»Ich verlasse mich darauf.« Nikita Stroganow faltete die Hände über der Karte, so daß die Fingerspitzen über den Ural zeigten. »Wenn du siegst, Jermak, ist der Weg frei nach Sibirien …«
Der 22. Juli war ein Tag voller Sonne und Licht. Das Land glänzte wie poliert, aber es staubte, wenn man darüber ritt. Welch eine Wolke von Staub aber steigt in den Himmel, wenn tausend Kosaken auf ihren schnellen Pferdchen daherreiten, vorweg die Lanzenträger mit den Wimpeln, dahinter die Hornisten und dann die wogende Menge der Männer und Pferdeköpfe! Es ist, als wenn die Erde aufbräche und jedes Staubkorn Gestalt annähme – das Herz bleibt einem stehen beim Anblick von soviel wilder, geballter Kraft.
Auf einem steppenähnlichen Gelände an der Sylva begegneten sie sich zum erstenmal, die kleinen, schlitzäugigen Ostjaken und Wogulen und die Kosaken des Jermak, die sich vor Freude nicht zu lassen wußten, daß es wieder ans Kämpfen ging!
Sie standen sich gegenüber, zwei kleine Heere, und es gab zwischen ihnen für beide nur die Vernichtung.
Mursa Beguly, wie Jermak an der Spitze seiner Truppe, hob die Hand vor die Augen, um besser gegen den Sonnenglast sehen zu können. Er wußte nicht, was ein Kosak ist … Für ihn waren das da drüben berittene Bauern, die sich wehren wollten, Männer der Stroganows, wie man schon viele aufs Haupt geschlagen hatte.
»Wir reiten sie nieder!« schrie Mursa Beguly. »Vorwärts!«
Im gleichen Augenblick rief Jermak mit zusammengezogenen Augenbrauen: »Zum Angriff schwärmt auseinander! Hornisten, blast das Signal!« Er stellte sich in die Steigbügel und streckte die Faust hoch in den heißen Himmel. »Boris Stepanowitsch, hinüber zur dritten und vierten Hundertschaft! Wir machen den Fächer! Kosaken – los!«
Ein greller Aufschrei zerfetzte den Sonnentag. Von gegenüber antwortete ihnen das helle Geheul der Ostjaken und Wogulen. Marina riß ihr Pferd herum und sah im gleichen Augenblick, wie Muschkow die Beherrschung verlor. Die Angst um Marina schien ihm alles zu rauben, was er in langen Kosakenjahren gelernt hatte. Statt an der Seite Jermaks zu bleiben, der vorwärts galoppierte, lenkte er sein Pferd zur Seite, um Marina nachzureiten.
Um sie herum brauste schreiend die Attacke, wehten die Pferdemähnen, jagten die
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