Kosaken Liebe
Gläubigen tiefste Ehrfurcht ein.
»Ich habe keine Pferde, Roßdoktor!« sagte der Pope, der Lupin nur als Arzt der Stroganows kannte. »Und krank bin ich auch nicht.«
»Gelobt sei der Herr!« erwiderte Lupin, stemmte dann die Arme in die Seiten, bog den Kopf in den Nacken, riß den Mund auf und donnerte ein Kyrie eleison in den Raum, daß dem Popen der Bart zitterte. Um keinerlei Diskussion aufkommen zu lassen, setzte Lupin sogleich einen Ostergesang hinterher, brüllte: »Christ ist auferstanden! Wahrhaftig, er ist auferstanden!« und schloß seine Darbietung mit einem Lobgesang, den man bis auf die Straße hörte.
Oleg Wassiljewitsch Kulakow starrte Lupin entgeistert an, kämmte mit gespreizten Fingern seinen Bart und sagte dann: »Zum Satan, hast du drei Lungen?«
»Vier, ehrwürdiges Väterchen«, antwortete Lupin mutig. »Paß einmal auf.« Er steckte nun zwei Finger zwischen die Zähne und stieß einen Pfiff aus, der den Popen wirklich zusammenschrecken ließ. Dann spitzte Lupin die Lippen und pfiff ein Lied von der Amsel, die im Kirschbaum sitzt und ein verliebtes Mädchen tröstet. Jeder Kosak vom Don kennt dieses Lied, und dem Popen, Lupin bemerkte es mit zitternder Freude, stiegen die Tränen in die Augen vor Heimweh. Der Don! Die bunt bemalte Kirche von Blagodornje, die fröhlichen Weibchen dort, die zur Beichte in das kleine Hinterzimmer kamen … Wie weit ist das weg! Sieht man es wohl jemals wieder?
Die Amsel auf dem Kirschbaum …
»Was willst du, Alexander Grigorjewitsch?« fragte der Pope wehmütig. »Einen besonderen Segen?«
»Ich möchte Kirchendiener werden, ehrwürdiger Vater«, sagte Lupin und senkte demütig den Kopf. »Vorsänger und dein Gehilfe. Ich beherrsche noch mehr als Singen und Pfeifen, Krankheiten heilen und Pferde pflegen. Es wird ein langer Winter kommen …«
»Du bist ein gläubiger Mensch, nicht wahr?« fragte Oleg Wassiljewitsch vorsichtig. Lupin hörte den besorgten Unterton und lächelte fast freundschaftlich zurück.
»Man muß zwischen Gebet und Menschlichkeit unterscheiden, ehrwürdiger Vater.«
»Das ist ein kluges Wort, Alexander Grigorjewitsch.« Der Pope schlug Lupin so kräftig auf die Schulter, daß dieser in die Knie knickte und heftig nach Atem rang. »Und ein kluger Mensch ist immer für die Kirche zu gebrauchen.«
So wurde Lupin also der Gehilfe des Kosakenpopen Oleg Wassiljewitsch Kulakow. Keine leichte Aufgabe, wie man sich vorstellen kann, denn die Meßgeräte zu putzen, die Kleidung des Popen in Ordnung zu halten, die Ikonen abzustauben, den Tempel, der zur Kirche umbenannt worden war, zu säubern, denn welcher Kosak tritt sich schon die Stiefelsohlen ab, wenn er eine Kirche betritt … das alles waren Aufgaben, die Lupin am Rande erledigen mußte. Seine vordringlichste Aufgabe bestand darin, für den Popen eine ganz besondere Sorte Weibchen herbeizuschaffen: schlanke, ranke, weißhäutige Tatarinnen, eng in der Taille, aber doch wohlgewölbt in den Brüsten, nach Rosenöl duftend und nicht nach ranzigem Fett, wie die meisten der wogulischen Bäuerinnen.
Den Kosaken war das gleichgültig, sie liebten nicht mit der Nase, aber Väterchen Oleg Wassiljewitsch war ein Ästhet, und sein Bedarf an weiblicher Schönheit war enorm. Es mochte daher kommen, daß gerade der Pope immer das beste und meiste Essen erhielt; die Kosaken brachten ihm am Sonntag Eier, Fleisch, Kuchen, Käse und Milch – alles Dinge, die wohltätig in die Knochen gehen.
Außerdem hatte der Pope den berühmten Erlaß der Zehntabgabe an die Kirche sofort im ganzen Umkreis von Tschinga-Tura verkündet und schickte jede Woche seine Einsammler auf den Schlitten herum.
Ein anderer Schlitten, dick mit Pelzen und Felldecken bestückt, war immer unterwegs, mit Lupin auf dem Fahrersitz, um tatarische Mädchen einzufangen. Hatte er eine nach Olegs Geschmack aufgetrieben, packte er sie in die Felle, und so kamen sie alle gut gewärmt und gewissermaßen vorbereitet in der Kirche an.
»Du bist ein guter Geselle!« sagte Väterchen Oleg Wassiljewitsch lobend zu Lupin und beschenkte ihn mit mongolischen Armreifen aus gehämmertem Silber, besetzt mit bunten Steinen, deren Namen keiner wußte. »Wenn du so weitermachst, ernenne ich dich noch zum Diakon. Ich habe ein gutes Herz, Brüderchen.«
So war es möglich, daß Lupin jeden Tag sein Töchterchen Marina sah und ab und zu auch sprechen konnte … neben der Kirche, im Kirchengarten und im Hause des Fürsten Jepantscha.
»Es ist eine
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