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Kosaken Liebe

Kosaken Liebe

Titel: Kosaken Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hohen, gebogenen Kufen und kam immer noch nicht an die schleifenden Zügel heran. Schon hörten sie das Triumphgeheul der Tataren, der Schlitten mit den fünf Gewehrschützen raste jetzt auf gleicher Höhe mit Jermaks Schlitten dahin, aber die Männer lagen hilflos in den Pelzen, klammerten sich fest und schienen ihre letzten Gebete zu stammeln.
    »Ich werde auf einen Hirsch springen!« schrie Muschkow jetzt. Die Angst um Marina ließ ihn an Unmögliches denken. Er kroch nach vorn, wo der Ostjake gesessen hatte, duckte sich und schätzte die Entfernung bis zum Rücken des mittleren Rentieres.
    Aber er kam nicht mehr zum Sprung. Neben ihm stand plötzlich Marina, ohne Pelz und Kappe, nur in Bluse und Hose.
    Jermak schrie: »Muschkow! Halt den Idioten fest! Er hat doch keine Kraft!« – doch Muschkow griff schon ins Leere. Er erhielt noch einen Faustschlag auf die Nase, der ihn einen Augenblick lang fassungslos machte … und dann sah er, wie Marina sich abstieß. Sie flog durch die sonnenglänzende, kalte Luft, die Arme weit vorgestreckt, die Beine in den Stiefeln gespreizt.
    »Gott im Himmel!« brüllte Muschkow auf. Tränen stürzten aus seinen Augen und gefroren sofort zu kleinen Eiskristallen.
    Genau auf dem Rücken des mittleren Hirsches landete Marina Alexandrowna, krallte sich in dem Nackenhaar des Tieres fest, schlug ihre Beine gegen die Seiten des Tieres und saß auf dem Geschirr aus Lederriemen so sicher wie im Sattel eines Pferdes.
    Der Renhirsch warf den Kopf weit in den Nacken, stieß ein dumpfes, röhrendes Brüllen aus und buckelte im Galopp. Aber das half ihm nichts. Marina hieb ihm die Absätze ihrer Stiefel in die Weichen, beugte sich dann weit vor und umklammerte mit beiden Händen die breit ausladenden Stangen des Gehörns, faßte in die Endsprossen und zerrte den Kopf des Tieres nach hinten.
    Es war ein aussichtsloser Kampf, ein Mädchen gegen einen ausgewachsenen Hirsch. Die Nackenmuskeln des Tieres spannten sich, es brüllte wieder, aus dem Geäse quoll dichter Dampf, ein heißer Atem, der in der eisigen Luft sofort zu einer Dunstwolke wurde.
    »Iwan!« schrie Marina schrill. »Iwan, hilf mir!«
    Sie zog an dem Geweih, versuchte, den Widerstand der armdicken Nackenmuskeln des Hirsches zu brechen und den Kopf nach hinten zu biegen. Die Führungszügel nützten gar nichts mehr, die Tiere reagierten nicht, sie jagten über den Schnee, den jubelnden Tataren entgegen, die sich in den Sätteln hoben, die Bogen spannten, die Pfeile auf die Sehnen legten und die Lanzen fällten.
    »Iwan! Ich kann ihn nicht halten!« schrie Marina wieder. »Iwan!«
    Die Angst um Marina verlieh Iwan Matwejewitsch so etwas wie Flügel. Das behauptete er später jedenfalls, denn ohne Flügel, das war klar, hätte es ein so schwerer Mann nie geschafft, auf einen Renhirschrücken zu springen.
    Er stieß sich ab, fast gleichzeitig mit Jermak, der es auch versuchte. Beide Körper flogen durch die Luft, und während Muschkow neben Marina auf dem linken Hirschrücken landete, verfehlte Jermak sein Ziel und stürzte schwer auf die harte, gefrorene Erde. Halb betäubt blieb er liegen, zugespritzt mit Schnee und Eisbrocken von dem Schlitten der Gewehrschützen, der nur um Zentimeter neben seinem Kopf vorbeiraste und ihn fast zermalmt hätte.
    Muschkow hieb die Fäuste um das Geweih des Hirsches, brüllte: »Hoi! Hoi!« und riß den Kopf des Tieres mit einem ungeheuren Ruck nach hinten. Der Hirsch wehrte sich.
    Dampfwolken umnebelten Muschkow, das Tier stieg vorn hoch, aber Muschkow hielt eisern fest. Er knirschte mit den Zähnen, und seine Armmuskeln waren wie Dreschflegel, die man unter die Haut geschoben hatte.
    »Bleib stehen, du Rabenaas!« heulte er. »Ha! Ich reiße dir den Kopf ab, du Luder! Stoj! Stoj! Du kennst Muschkow noch nicht!«
    Der Hirsch gab nach einem dumpfen Brüllen auf, verlangsamte seinen Lauf, mit ihm die anderen Tiere, und stand dann tatsächlich still. Es war wie ein Signal … auch die anderen Hirsche gehorchten, und Marina gelang es jetzt mühelos, den Kopf ihres Rens zurückzubiegen und das Geweih an sich zu ziehen. Neben ihnen hielt der Schlitten der Gewehrträger. Alles war eingehüllt in Wolken, die aus den Geäsen der Rentiere dampften.
    Jermak lag noch immer im Schnee. Der Kopf zersprang ihm fast. Ein paarmal versuchte er, sich aufzurichten, aber da war etwas in seinem Schädel, das ihn sofort wieder zu Boden warf.
    Die tatarischen Reiter heulten jetzt wütend auf. Ihre gebogene Kette schloß sich

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