Kosaken Liebe
Pelzkappe tief über ihr Gesicht gezogen. Die Renhirsche trabten über den hart gefrorenen Schnee, jeder Tritt knackte, und die Kufen des Schlittens knirschten im Eis, als schreie der Boden auf wie ein Wesen, in das man Wunden schneidet …
So kam es, daß weder Jermak noch Muschkow merkten, wie der kleine ostjakische Schlittenlenker plötzlich mit einem Satz in den Schnee sprang, sich ein paarmal überschlug und dann liegenblieb. Die Renhirsche, nun ohne die lenkende Kraft an den ledergeflochtenen Zügeln, hoben erstaunt die Köpfe, streckten sich dann und galoppierten schnaubend über das flache, eisige Land. Der nachfolgende Schlitten mit den Schützen fiel zurück, Geschrei erfüllte die Luft, aber Jermak, Muschkow und Marina, eingemummt in ihre Pelze, hörten es nicht. Sie wunderten sich nur, daß die Hirsche sich so ins Geschirr legten und ihr Schlitten dahinsauste, als flöge er.
»Ein schöner Tag!« rief Jermak seinem Freund Muschkow ins Ohr, indem er seinen Kopf heranzog. »Diese herrliche Sonne!«
»Und wie die Tierchen laufen!« schrie Muschkow zurück. »Das macht auch unserem kleinen Schlittenlenker Freude!«
Das war allerdings ein Irrtum. Der Ostjake hatte sich aufgerichtet, nachdem auch der zweite Schlitten an ihm vorbeigerast war, stand nun im Schnee, hatte die Hände zum Schutz gegen die Sonne über die Augen gelegt und starrte in die Ferne. Dort war ein dicker schwarzer Punkt auf dem sonst makellosen Weiß der Landschaft zu sehen.
Ein Punkt, der jetzt zerfloß und zu lauter kleinen Punkten wurde, die sich schnell vergrößerten und Gestalt annahmen.
Reiter in dicken, gesteppten Fellkleidern und Pelzmützen, nach oben spitz zusammenlaufend, waren es; Bogen, Pfeile und Lanzen vor sich über die Nacken der Pferde gelegt, mit Eiszapfen verhangen, aber innerlich glühend vor Haß und Vernichtungswillen.
Und genau auf diese Reiter jagte der führerlose Schlitten Jermaks zu.
Es war die Stunde, vor der Lupin immer Angst gehabt hatte und wegen der er immer zu Gott betete, daß sie nie kommen möge … Aber Gott – kann man's ihm verübeln? – hatte kein Ohr für Gebete aus der Kirche des Popen Oleg Wassiljewitsch Kulakow.
Hinter Jermak begannen jetzt schon die deutschen und livländischen Schützen zu feuern. Aber das war sinnlos, denn ihr Schlitten schwankte und hüpfte, sie mußten sich festklammern, und die Rentiere, die sie zogen und bisher brav dem ersten Leitschlitten nachgetrottet waren, galoppierten nun genausoschnell wie die vorderen.
»Die Idioten schießen!« brüllte Muschkow in Jermaks Ohr. »Hier gibt es doch gar keine Füchse!«
Sie schälten sich aus den Pelzen, rissen die Leinenbinden von den Augen und blinzelten in die grelle Sonne und den glitzernden Schnee. Die Renhirsche vor ihnen hatten die Köpfe mit den Geweihen weit vorgestreckt, und ihre schlanken Beine trommelten über das gefrorene Land.
»Der Kutscher!« schrie Muschkow plötzlich und rüttelte Jermak an den Schultern. »Jermak Timofejewitsch, unser Gelber sitzt nicht mehr da! Er muß vom Schlitten gefallen sein! Die Hirsche sind toll geworden!«
»Tataren!« rief hinter ihnen jetzt Marina mit heller Stimme. Sie hockte noch in einem Berg von Fellen und starrte auf die Linie der Reiter, die ihnen entgegengaloppierten. »Überall Tataren! Eine Falle, Jermak!«
Hinter ihnen feuerten wieder die Schützen, allerdings mehr, um sich selbst Mut zu machen oder die Tataren mit dem ›Donner des Himmels‹ zu erschrecken, als mit der Aussicht, auf diese Entfernung etwas zu treffen. Nun sahen auch Jermak und Muschkow die auseinandergezogene Linie der kleinen, vermummten Reiter, die einen Halbkreis bildeten, in den die Schlitten unweigerlich hineinrasen mußten.
»Halt die Hirsche an!« brüllte Jermak. Er warf die Felle von sich, versuchte die Lederzügel zu ergreifen, aber sie rutschten ihm weg. Als die Rentiere nun, von den Schüssen noch erregter geworden, mit den Köpfen in die Luft stießen, fielen die Zügel sogar ganz vom Schlitten und schleiften über den Boden.
»Die Schlitten müssen halten!« schrie Jermak. »Iwan Matwejewitsch, wir müssen an die Hirsche heran!«
»Ich kann sie nicht zurückpfeifen!« brüllte Muschkow und warf den Kopf herum. Hinter ihm hockte Marina auf dem Fellstapel und klammerte sich an der Schlittenwand fest. »Abspringen!« schrie Muschkow. »Jermak, wir müssen abspringen …«
»Die Tataren reiten uns nieder!« brüllte Jermak zurück.
Er kroch nach vorn, beugte sich über die
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