Kosakensklavin
gegenüberliegenden Seite des Zimmers wurde geöffnet, und er sah sich vier Gardesoldaten mit gezückten Säbeln gegenüber. In ihrer Mitte stand eine dunkel gekleidete Frau mittleren Alters, die ihn mit unbeweglicher Miene betrachtete.
„Andrej Bereschkoff - Ihr befindet Euch hier auf Befehl Ihrer Majestät der Zarin Katharina der Zweiten.“
Ihre Stimme zitterte leicht, und er begriff, dass sie Angst vor ihm hatte. Die Situation war so verrückt, dass er fast lachen musste.
„Ich fühle mich geschmeichelt“, gab er ironisch zurück. „Hat die Zarin beschlossen, den aufrührerischen Kosaken von jetzt an hier im Palast gefangen zu halten? Werde ich von goldenen Tellern essen und in Samt und Seide gekleidet, bevor man mich aufs Rad flechtet?“
Das Gesicht der Frau drückte nicht aus, was sie dachte. Immerhin schien sie ein wenig erleichtert. Vermutlich hatte sie geglaubt, der Kosak würde ihr gleich beim ersten Wort an die Kehle fahren.
„Die Zarin wünscht Euch zu sprechen.“
Jetzt ging es mit ihm durch, er lachte laut und höhnisch, so dass die Frau erschrocken zusammenfuhr. Doch gleich darauf hatte sie sich wieder in der Gewalt, und sie sprach scheinbar ungerührt weiter.
„Dazu ist es nötig, dass Ihr mir Euer Versprechen gebt, Euch der Zarin gegenüber wie ein Ehrenmann zu verhalten. In diesem Fall werden Euch die Fesseln abgenommen werden.“
„Die Zarin will dem Wort eines Kosaken vertrauen?“, lachte er. „Die Zarin ist davon überzeugt, dass Ihr Euer Wort halten werdet.“
Er war immer noch misstrauisch - vielleicht war das alles ein klug abgekartetes Spiel, um ihn in eine Falle zu locken. Er hatte seine Ehre bewahrt, vielleicht war es das, was man nun untergraben wollte? Möglicherweise rechnete die Zarin damit, dass er ihr zu Füßen fallen und um sein Leben bitten würde. Nun, wenn sie das glaubte, dann hatte sie sich verrechnet.
„Ich schwöre, Ihrer Majestät der Zarin gegenüber den nötigen Respekt zu wahren“, sagte er, neugierig, was geschehen würde.
Die Frau, die vermutlich eine der Hofdamen war, gab den Soldaten einen Wink, und man löste seine Fesseln. Langsam zog er die Arme nach vorn und spürte, wie das Blut wieder in ihnen pulsierte.
„Denkt daran, dass die Gardesoldaten der Zarin den Auftrag haben, Euch zu bewachen, Bereschkoff“, sagte die Frau, der offensichtlich nicht wohl dabei war, ihn ohne Fesseln zu sehen. „Auch nur der leiseste Fluchtversuch wäre tödlich.“
Er war anderer Meinung, schwieg jedoch. Mit langsamen Schritten folgte er ihr, durchquerte mehrere Räume, die allesamt kostbar ausgestattet waren, und er begriff, dass er sich in den Privatzimmern der Zarin befinden musste.
Das alles muss ein Traum sein, dachte er. Gleich werde ich aufwachen und mich neben meinem Vater in diesem verdammten Kerker wiederfinden.
Man öffnete zwei Flügeltüren, und er blieb verblüfft stehen. Ja, es war ein Traum, eine absurde Ausgeburt nächtlicher Fantasien. Vor sich erblickte er ein breites Bett, überdacht mit einem Himmel aus Brokatstoff, dicke geflochtene Schnüre hielten die schweren Bettvorhänge.
„Andrej Bereschkoff, Majestät“, hörte er die Stimme der Hofdame.
„Es ist gut. Ihr könnt Euch zurückziehen.“
Die Hofdame verbeugte sich, die Flügeltüren wurden hinter ihm zugeschoben, und er machte notgedrungen einen Schritt in den Raum hinein.
Neben einer kunstvoll eingelegten Kommode stand eine junge Frau, angezogen mit einem leichten, blauen Morgenkleid, das dunkle Haar hing ihr den Rücken hinab. Ihr Lächeln war ein wenig herausfordernd, zugleich aber herzlich und einnehmend, doch spürte man dahinter den festen Willen einer Frau, die es gewohnt war, dass ihre Wünsche erfüllt wurden.
„Ich war sehr neugierig auf dich, Kosak“, sagte sie. „Andrej Bereschkoff - der Aufrührer, der sich für seinen Vater ins Gefängnis sperren lässt.“
Er war überwältigt und konnte nicht sogleich antworten. Diese junge Frau sollte die gefürchtete Zarin Katharina sein? Er hatte noch niemals ein Bild von ihr gesehen, doch er hatte sich die Zarin stets als eine grausame, strenge Frau vorgestellt, eine gewissenlose Mörderin, klug, berechnend und - hässlich.
„Du hast mich beeindruckt, Bereschkoff“, fuhr sie fort, denn ihr war nicht entgangen, dass Andrej keine Worte fand. „Ich schätze es, wenn ein Mann zu seinen Taten steht.“
„Dann haben wir etwas gemeinsam, Majestät“, gab er zurück. „Auch ich bewundere eine Frau, die zu ihrem Wort
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