Kosmologie für Fußgänger
eines Sterns völlig verstehen werden. Aber staunen werden wir wohl immer, wenn wir zu ihnen aufschauen.
Ich habe… ein schreckliches Bedürfnis…
soll ich das Wort sagen?… nach Frömmigkeit.
Dann gehe ich in die Nacht hinaus und male die Sterne.
Vincent van Gogh
Kosmologie für Fußgänger
Das Universum wird nicht erzeugt,
denn es hat kein anderes Sein,
welches es ersehnen oder erwarten könnte;
hat es doch selber alles Sein.
Es vergeht nicht,
denn es gibt nichts anderes,
worin es sich verwandeln könnte -
es ist doch selber alles.
Giordano Bruno
Wenn Sie, verehrte Leserinnen und Leser, jetzt verwundert fragen, was der Titel »Kosmologie für Fußgänger« besagen soll, dann geht es Ihnen ähnlich wie uns, als wir zum ersten Mal mit dem Vorschlag konfrontiert wurden, eine kleine Abhandlung zu diesem Thema zu schreiben. Schon klar, der Begriff Kosmologie umfasst das weite Feld der Lehre von der Entstehung und Entwicklung des Universums – aber eine derartige Lehre für Fußgänger? Wie ist das gemeint? Nun, die Kosmologie widmet sich einem Themenkreis, der auch unter Fachleuten wahrlich nicht als einfach oder gar leicht verständlich gilt. Ohne Einsteins Spezielle und Allgemeine Relativitätstheorie, ohne Quantenmechanik und ohne einen gewaltigen Formelapparat kann man auf diesem Gebiet keine ernsthafte Wissenschaft betreiben. Insbesondere auf den ersten Blick so einfach erscheinende Wörter wie Raum, Zeit, Vakuum oder Materie entpuppen sich bei genauerem Hinsehen als teilweise schwer verdauliche Begriffe, hinter denen sich Aussagen verstecken, die unser Vorstellungsvermögen oft völlig überfordern. Auch die Bandbreite der Größen, der Massen, der Entfernungen und der Zeiten, die im Rahmen der kosmologischen Ereignisse von Bedeutung sind, reicht von unvorstellbar klein bis unvorstellbar groß.
Damit sich gewisse Prozesse verstehen lassen, müssen manchmal sogar Dinge postuliert werden, über deren Wesen sich nicht mal die Kosmologen ganz im Klaren sind. Ein Beispiel ist die so genannte Dunkle Materie, ohne die die Strukturbildung im frühen Universum nicht zu erklären ist. Was sich aber hinter der Dunklen Materie verbirgt, aus welchen Teilchen sie sich zusammensetzt, das weiß zurzeit noch niemand ganz genau.
Andererseits ist aber gerade die Kosmologie eine Wissenschaft, von der sich viele Menschen eine Antwort auf wahrlich grundlegende Fragen unserer Existenz erwarten: Wie ist die Welt entstanden? Was war vor der Entstehung des Universums? Wie sieht unsere Zukunft aus? Jede dieser Fragen ist so komplex und so schwer zu beantworten – wenn sie denn überhaupt zu beantworten ist -, dass man damit mehrere Bücher füllen könnte. Angesichts dieser Tatsache scheint es ziemlich vermessen, in dem beschränkten Rahmen unseres Buches die Kosmologie abhandeln zu wollen. Aber das ist ja auch nicht beabsichtigt. Hier geht es lediglich darum, auf einige Grundaussagen und Gedanken einzugehen, auf die sich die moderne Kosmologie stützt. Schlagwörter wie »Big Bang«, »Expansion des Universums« oder »Schwarze Löcher – gefräßige Monster« gehen mittlerweile fast jedem flüssig über die Lippen. Doch nicht immer ist das, was darunter verstanden wird, auch richtig. In diesem Zusammenhang eventuell bestehende Unklarheiten zu beseitigen beziehungsweise manch schiefe Vorstellung vom Universum zurechtzurücken, soll im Folgenden versucht werden. Auf Mathematik wird dabei ganz verzichtet. Das allgemein Verständliche hat Vorrang gegenüber der exakten Wissenschaft. In diesem Sinne ist der Titel »Kosmologie für Fußgänger« zu verstehen. In Analogie dazu könnte man Literatur, welche die Kosmologie tief schürfender, umfassender und unter Zuhilfenahme des mathematischen Rüstzeugs behandelt, als »Kosmologie für Autofahrer« bezeichnen. Aber das vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt an anderer Stelle.
Erschaffung des Universums
Der griechische Philosoph Parmenides erklärte etwa 500 Jahre vor Christi Geburt: »Das Sein hat keinen Anfang und kein Ende.« Mit anderen Worten: Es gab keine Schöpfung, das Universum ist unveränderlich und unendlich alt. Auch Aristoteles hielt die Welt für unentstanden und ewig. Folgt man dieser Ansicht, so hat man sich ein Universum vorzustellen, das schon immer bestand, für alle Zeiten existieren wird und das sich nicht entwickelt hat noch verändern wird. Alles, was wir darin vorfinden, die Planeten, die Sterne, die riesigen Galaxien, ist einfach da –
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