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Kosmologie für Fußgänger

Kosmologie für Fußgänger

Titel: Kosmologie für Fußgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Lesch
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ist, nach einer Zeit davor zu fragen. Die Zeit ist zusammen mit dem Universum erst entstanden. Prozesse laufen nicht in der Zeit ab, sondern sie definieren erst eine Zeit. Wenn es nichts gibt, das sich verändern kann, dann ist auch die Zeit keine beobachtbare Größe. Wie lange ein Vorgang dauert, lässt sich nur durch einen Vergleich mit anderen Vorgängen bestimmen, beispielsweise mit dem Vorrücken des Sekundenzeigers einer Uhr. Im Augenblick des Urknalls war das Universum unendlich heiß und unendlich dicht. Dies ist ein Zustand der vollkommenen Gestaltlosigkeit, das absolute Chaos. Man kann sich vorstellen, dass in diesem Chaos keine Information, insbesondere keine Information über ein »Vorher«, Bestand haben kann. Für die Entwicklung des Universums ist es auch gar nicht wichtig, ob man von einer Zeit vor dem Urknall sprechen kann. Eine Aussage darüber ließe sich sowieso nicht überprüfen und wäre somit auch keine wissenschaftliche Aussage.
    Die klassische Urknalltheorie führt also zu der Annahme, dass das Universum aus einem extrem heißen Punkt heraus entstanden ist.
    Der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, dass diese Betrachtungsweise des Urknalls die Quantentheorie nicht berücksichtigt. Im Bereich atomarer und subatomarer Größen verlangt die Quantentheorie eine gewisse Unschärfe in Raum und Zeit. Das Produkt aus Impuls und Ort beziehungsweise Energie und Zeit vermag einen bestimmten, sehr kleinen Wert nicht zu unterschreiten. Je genauer eine der beiden Größen des Produkts festgelegt wird, desto verschwommener wird die andere. Berücksichtigt man also Quanteneffekte und die Allgemeine Relativitätstheorie, so sind Raum und Zeit in der Nähe des Urknalls nicht mehr voneinander unabhängig, sondern gehen ununterscheidbar ineinander über. Anstelle eines Vorher oder Nachher in der Zeit gibt es nur noch ein Anderswo in Raum und Zeit.

Der Raum ist gekrümmt
    Bei einer Sonnenfinsternis werden am Rand der Sonnenscheibe Sterne sichtbar, die eigentlich nicht zu sehen sein sollten. Der wahre Ort der Sterne liegt nämlich nicht neben der Sonne, sondern hinter ihr, knapp innerhalb des Sonnenrandes.
    Licht wählt immer den kürzesten Weg von der Quelle zum Empfänger, hier also vom Stern zum »Sterngucker«. In diesem Fall scheint es aber in einem Bogen um die Sonne herumzulaufen. Weicht das Licht von der geraden Linie ab, so muss man daraus folgern, dass der Raum, in dem sich das Licht ausbreitet, »gekrümmt« ist. Was aber soll man unter einem gekrümmten Raum verstehen, und wieso ist er gekrümmt? Der Raum, in dem wir uns bewegen und in dem wir gewohnt sind zu denken, ist dreidimensional. Länge, Breite und Höhe bestimmen darin die Abmessungen eines Körpers sowie die Koordinaten X, Y und Z, den Ort, an dem sich der Körper befindet. Spricht man nun von einem gekrümmten, dreidimensionalen Raum, so müssen wir wohl alle freimütig bekennen, dass wir uns darunter leider nichts vorstellen können.
    Um eine Ahnung von einem gekrümmten Raum zu bekommen, greifen wir zu einem Trick. Nehmen wir mal an, wir würden wie die schon erwähnten flachen Käfer in einer nur zweidimensionalen Welt leben. Das heißt, wir könnten nur zweidimensional denken und erfahren. Unsere Welt hätte keine Z-Koordinate, es gäbe lediglich Ausdehnungen in X- und Y-Richtung, aber keine Höhe. Die Welt wäre somit eben wie ein Blatt Papier. Denken wir uns das Papier in alle Richtungen unendlich ausgedehnt. Die Geometrie, die wir auf diesem Blatt betreiben könnten, kennen wir, man bezeichnet sie auch als euklidische Geometrie. Die wesentlichen Eigenschaften dieser Geometrie bestehen darin, dass sich zwei parallele Geraden nicht schneiden und die Winkelsumme in einem Dreieck 180 Grad beträgt. Eine solche »Welt« ist im wahrsten Sinne des Wortes flach.
    Nehmen wir nun an, unsere »Welt« sei die Oberfläche einer Kugel. Wenn wir wiederum akzeptieren, dass wir nicht aus der Oberfläche herauskönnen, dann ist unsere Welt, zumindest wenn die Kugel relativ groß ist, für uns zwar nach wie vor zweidimensional, aber nicht mehr flach, sondern gekrümmt. Diese Welt hat wie unser unendlich flaches Papier keinen Rand, aber ihre Fläche ist nicht mehr unendlich, sondern entspricht der endlichen Oberfläche der Kugel. Eine derartige Krümmung, wie sie eine Kugeloberfläche aufweist, bezeichnet man auch als eine positive Krümmung und die Kugel als eine geschlossene Fläche. Natürlich ist die Geometrie auf einer Kugel eine völlig

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