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Kosmologie für Fußgänger

Kosmologie für Fußgänger

Titel: Kosmologie für Fußgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Lesch
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entsprechend der Urknalltheorie, von hier aus alles seinen Anfang nahm, ist diese Zeit natürlich identisch mit dem Alter des Universums.
    Setzt man für die Hubblekonstante den genannten Wert von 75 km/s/Mpc ein, so errechnet sich das Alter des Universums zu rund 13 Milliarden Jahren. Das passt ganz gut zusammen mit dem Alter der ältesten Sterne, die man im Universum entdeckt hat. Jetzt zeigt sich auch, wie wichtig die Kenntnis des genauen Wertes dieser Konstanten ist. Gegenwärtig weiß man nur, dass er zwischen 50 und 100 km/s/Mpc liegen muss. Nimmt man den ersten Wert, so wäre das Universum rund 20 Milliarden Jahre alt, mit dem zweiten etwa zehn Milliarden Jahre. Mit dem zweiten Wert bekommt man also schon Probleme, denn das Universum kann ja nicht jünger sein als seine Sterne. Aber es wird noch ein bisschen enger. Bisher haben wir nämlich die Gravitationskraft völlig außer Acht gelassen. In Wirklichkeit ziehen sich jedoch die Massen gegenseitig an und bremsen so das Auseinanderdriften zunehmend ab. Das bedeutet, dass sich das Universum in seiner Frühphase schneller ausgedehnt haben muss als heute. Berücksichtigt man diesen Effekt, so reduziert sich das Alter des Universums auf zwei Drittel der Hubblezeit. Zwei Drittel von 10 ergäbe 6,7. Mit 6,7 Milliarden Jahren wäre das Universum aber eklatant jünger als die ältesten Sterne. Eine genaue Bestimmung der Hubblekonstante ist somit nach wie vor eines der wichtigsten Forschungsziele der heutigen Kosmologie.

Raum und Zeit
    Häufig wird auch die Frage gestellt: Wo bitte fand er denn statt, der Urknall, und wo ist heute dieser Ort im Universum zu finden? Die Antwort darauf fällt nicht leicht. Beginnen wir mit dem gegenwärtigen Universum und denken dabei an unseren Rosinenkuchen. Da es ganz egal ist, von welcher Rosine wir die Ausdehnung des Universums betrachten, müssen wir auf die Frage, wo der Urknall stattgefunden habe, zwangsläufig antworten: Überall! Wir sitzen mittendrin, und jeder andere Platz im Universum ist ebenfalls Zentrum des Urknalls. Im Prinzip hat also der Urknall allerorten im gesamten Universum stattgefunden.
    Was den Ort des Urknalls zur Zeit des »Knalls« betrifft, als alles anfing, als das Universum also noch gar nicht existierte, so wird es noch komplizierter. Es gab nämlich gar keinen »Ort«, an dem sich etwas hätte ereignen können! Denn es gab auch keinen Raum! So paradox es klingt, doch der Raum wurde erst mit der Ausdehnung des Universums erschaffen. Das Universum hat sich nicht in einen bereits vorhandenen Raum hinein ausgedehnt, sondern es ist selbst Raum, und dieser Raum wächst mit der Ausdehnung des Universums. Den Raum an sich können wir nur durch die darin befindlichen Objekte erfahren. Wenn nichts da ist, verliert auch der Begriff Raum seinen Sinn. Goethe hat in seinem »Faust« Mephistoles sagen lassen, dass der Raum verhaftet an den Körpern klebe und mit den Körpern wieder zugrunde gehen werde. Noch knapper heißt es bei Christian Morgenstern: »Es war einmal ein Lattenzaun, mit Zwischenraum, hindurchzuschaun…« Ohne Latten also auch kein Raum. Ob die beiden Herren das im gleichen Sinne gemeint haben wie wir, sei dahingestellt, aber es charakterisiert genau das, was wir hier unter Raum verstehen wollen. Für uns ist das alles schwer fassbar, da wir ja in den bereits vorhandenen Raum hineingeboren wurden und ein »Nichtraum« außerhalb unseres Vorstellungsvermögens liegt. Man kann das eventuell vergleichen mit einem Käfer, der nicht fliegen kann und immer auf einem unendlich ausgedehnten Papier herumläuft. Dieser Käfer kennt nur zwei Dimensionen: nämlich Länge und Breite. Eine dritte Dimension, eine Höhe, vermag er sich nicht vorzustellen.
    Wenn wir schon die Frage nach dem Ort des Urknalls nicht beantworten konnten, so jetzt vielleicht die Frage, was vor dem Urknall war, als das Universum noch nicht existierte. Augustinus, zu Anfang des 5. Jahrhunderts der große Politiker und Lehrer der katholischen Kirche, beginnt seine Diskussion über den Zeitpunkt der Erschaffung der Welt mit der Frage: »Was tat denn Gott, bevor er Himmel und Erde erschuf?« Die Antwort, die Augustinus hierauf selbst gab, war natürlich in erster Linie theologisch zu verstehen: »Er machte die Hölle für diejenigen, die solche Geheimnisse zu ergründen suchen.« Entsprechend der gegenwärtigen Vorstellung über die Entstehung des Universums kann diese Antwort aber auch dahingehend interpretiert werden, dass es einfach sinnlos

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