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Kosmologie für Fußgänger

Kosmologie für Fußgänger

Titel: Kosmologie für Fußgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Lesch
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aus der Größe des Erdschattens auf der Mondoberfläche, wie man ihn bei einer Mondfinsternis beobachten kann. Daraus errechnete er den Durchmesser des Mondes zu rund einem Drittel des Erddurchmessers. Wie wir heute wissen, ist dieser Wert jedoch zu groß. Um das Entfernungsverhältnis zu bestimmen, bediente sich Aristarch der Tatsache, dass bei Halbmond Erde, Mond und Sonne ein rechtwinkliges Dreieck bilden. Indem er die Winkel in diesem Dreieck bestimmte, kam Aristarch zu dem Schluss, dass die Sonne etwa 20-mal so weit von der Erde entfernt sein müsse wie der Mond. Obwohl die Methode der Entfernungsbestimmung stimmte, ist auch hier das Ergebnis falsch. Das wahre Entfernungsverhältnis beträgt nämlich rund eins zu 400. Schuld daran waren nicht etwa falsche Ansätze zur Lösung der Probleme, sondern in beiden Fällen die zu dieser Zeit noch sehr ungenauen Messmittel und -methoden.
    Aber die Griechen ließen nicht locker. Ihre erfolgreichen Erklärungsversuche für Vorgänge in der Natur hatten zwar inzwischen einige ihrer Götter »arbeitslos« gemacht und damit zu einer ersten Auseinandersetzung mit den Anhängern der olympischen Götterfamilie geführt, doch sie gaben ihnen auch genug Selbstbewusstsein, um weiterhin zu versuchen, der Natur mit genauen Beobachtungen und mathematischen Theorien auf die »Schliche« zu kommen. Die Erfolge griechischer Philosophen und Naturforscher bei der Erklärung der Welt bilden den Beginn moderner Naturwissenschaften. Ausgerüstet mit der Hoffnung, die Welt lasse sich »vernünftig« erklären, starteten die Griechen immer wieder neue Versuche, die Entfernung zu den Himmelskörpern zu messen.

Die Parallaxenmethode
    Der Erste, der schließlich den Abstand der Erde vom Mond ziemlich genau bestimmen konnte, war der griechische Astronom Hipparchos (190-125 v. Chr.), der auch die trigonometrischen Funktionen Sinus, Cosinus und Tangens einführte. Zuerst ermittelte er von verschiedenen Beobachtungspunkten auf der Erde die Position des Mondes gegenüber den Sternen. Denn so wie sich jedes nahe Objekt scheinbar vor dem Hintergrund verschiebt, wenn man seinen Standort wechselt, so scheint sich auch die Position des Mondes vor den sehr weit entfernten Sternen zu verschieben. Mit einem einfachen Experiment kann man das sofort selbst überprüfen – mit dem Daumensprung. Betrachtet man ein nahes Objekt, zum Beispiel den Daumen der ausgestreckten Hand, abwechselnd mit dem linken und dann mit dem rechten Auge, so scheint er vor dem weiter entfernten Hintergrund hin- und herzuspringen. In dem von den beiden Augen und den Daumen aufgespannten Dreieck bildet die Strecke vom einen zum anderen Auge die Basis.
    Der Winkel, unter dem vom Daumen aus gesehen diese Basis erscheint, heißt Parallaxe. Kennt man nun in diesem Dreieck die beiden Winkel an den Basisenden, so kann man mithilfe der Trigonometrie die Entfernung des Daumens von der Basis berechnen.
    Bei den Messungen Hipparchs diente natürlich nicht sein Augenabstand als Basis, sondern die Strecke zwischen den beiden Orten, von wo aus er den Mond anvisierte. Indem also Hipparch diese Entfernung und die Winkel von den beiden Beobachtungsstandpunkten zum Mond bestimmte, konnte er den Abstand der Erde zum Mond mit 384 000 Kilometern berechnen. Das Ergebnis stimmt sehr gut mit dem mittleren Abstand zu unserem Trabanten überein. Ein erster Pfeiler war eingeschlagen – die Entfernung zu unserem allernächsten Nachbarn. Spätestens ab dieser Pionierleistung Hipparchs bekamen die Menschen eine Ahnung davon, welche riesigen Weiten das Universum zu bieten hatte.
    Mit der »Entdeckung« der trigonometrischen Parallaxe war eine der wichtigsten Methoden zur astronomischen Entfernungsbestimmung geboren. Aber kann man damit auch beliebig große Entfernungen ermitteln? Je weiter ein Objekt entfernt ist, desto kleiner wird auch der Parallaxenwinkel. Bei gleich bleibender Basislänge verkleinert sich die Parallaxe auf die Hälfte, wenn sich die Entfernung des Objekts verdoppelt. Schließlich kommt der Moment, da der Winkel so klein ist, dass er sich auch mit den besten Instrumenten nicht mehr messen lässt. Um die Parallaxe wieder messbar zu machen, kann man jetzt nur noch die Länge der Basis vergrößern. Aber auch dem sind natürlich Grenzen gesetzt.
    Die größte Basislänge, die auf der Erde existiert, entspricht dem Durchmesser unseres Planeten. Ein Punkt am Äquator ist nach zwölf Stunden, also nach einer halben Umdrehung der Erde, genau 12 756

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