Kosmologie für Fußgänger
Sternenhaufen. Eine Vielzahl dieser Zentrumssterne sind deutlich schwerer als die Sonne und entwickeln sich zu Supernovae, deren Explosionen Neutronensterne zurücklassen. So entsteht zunächst ein dichter Haufen von Neutronensternen. Diese sehr kompakten Objekte beeinflussen sich gegenseitig durch Gravitationswellen. Grob vereinfacht sind Gravitationswellen Schwankungen in der vierdimensionalen Raum-Zeit, angeregt durch die Bewegung schwerer Massen. Wenn nun zwei schwere Massen, wie zum Beispiel zwei Neutronensterne, auf kleinem Raum einander umkreisen, dann bremsen sie sich über die Gravitationswellen in ihrem gegenseitigen Umlauf so stark ab, dass sie aufeinander zulaufen und schließlich zusammenstoßen. Dabei entsteht ein Schwarzes Loch, denn die Masse der vereinigten Objekte ist größer als die Masse eines Neutronensterns, und alles was schwerer ist als die Grenzmasse eines Neutronensterns, wird zum Schwarzen Loch. In unserem dichten Neutronensternhaufen im Inneren einer jungen Galaxie könnten also auf diese Weise mehrere Schwarze Löcher entstehen, die sich dann ebenfalls über Gravitationswellen beeinflussen, zusammenstürzen und so endlich zu einem einzigen finalen Schwarzen Loch von mehreren hunderttausend Sonnenmassen kollabieren. Das weitere Wachstum erfolgt dann durch das Auffressen der Gasmassen in den Akkretionsscheiben im Laufe der nachfolgenden Jahrmillionen.
Entsprechend dieser Theorie sollte eigentlich im Zentrum jeder Galaxie ein schweres Schwarzes Loch stecken. Bei den meisten Galaxien sind diese sehr massereichen Schwarzen Löcher allerdings unsichtbar, denn sie haben alles Gas aus ihrer Nachbarschaft bereits »verfuttert«. Derartige Schwarze Löcher können nur noch durch extrem empfindliche optische Beobachtungsverfahren entdeckt werden, wenn sie die Sterne in ihrer Umgebung auf so hohe Geschwindigkeiten beschleunigen, dass man sie von den anderen Sternen im Zentrum unterscheiden kann. Auf diese indirekte Weise ist man tatsächlich auf etliche Dutzend sehr massereicher Schwarzer Löcher in den Zentren von Galaxien gestoßen, darunter einige mit etlichen Milliarden Sonnenmassen, aber total unsichtbar. Nur sehr schnell um das Zentrum der jeweiligen Galaxie sich bewegende Sterne verraten ihre Existenz.
Auch in unserer Milchstraße steckt ein Schwarzes Loch. Es hat »nur« zwei Millionen Sonnenmassen und macht zurzeit gerade eine verschärfte Fastenkur durch, am Rande des Verhungerns. In seiner Umgebung ist gegenwärtig fast kein Gas mehr, das es akkretieren könnte. Pro Jahr gibt es lediglich wenig mehr als ein Hundertstel Promille Sonnenmasse an Gas »zu verzehren«. Aus diesem Grund leuchtet es auch nur extrem schwach. Aber es macht sich als Sternbeschleuniger in einem Bereich von zehn Lichtjahren Durchmesser so deutlich bemerkbar, dass man seine Masse gut bestimmen konnte.
Wie schon angedeutet ist es ziemlich wahrscheinlich, dass alle Galaxien in ihrem Innersten ein Schwarzes Loch von mehreren hunderttausend bis mehreren Millionen Sonnenmassen beherbergen. Die Verfahren zur Suche nach Schwarzen Löchern waren ja schon recht erfolgreich. Neben diesen »schwarzen Riesen« existieren auch noch einige hunderttausend bis einige Millionen stellarer Schwarzer Löcher in jeder Galaxie. Und doch ist trotz dieser Vielzahl von Schwarzen Löchern und trotz ihrer enormen Gefräßigkeit bisher nur ein kleiner Teil der leuchtenden Masse des Universums in ihnen verschwunden. Warum das so ist und warum nicht schon längst alles zu Schwarzen Löchern geworden ist, das können wir jetzt endlich beantworten. Es hat damit zu tun, dass Schwarze Löcher im Vergleich zu anderen Objekten oder gar verglichen mit der Ausdehnung des Universums eben sehr klein sind. Selbst wenn sie Milliarden Sonnenmassen enthalten, so sind sie doch nicht viel größer als das Sonnensystem. Und das Sonnensystem ist nur ein winziges Raumvolumen im Vergleich zu einer Milchstraße. Die Objekte in den riesigen Raumbereichen einer Galaxie oder gar in anderen Galaxien spüren die anziehende Kraft der Schwarzen Löcher kaum und werden somit auch nicht zu ihnen hingezogen. Erst wenn das Schicksal ihre Bahn einmal in die unmittelbare Nähe eines solchen Monsters führen sollte, sind sie für immer verloren. Warum passiert das nicht? Weil sich in Galaxien alles dreht, der Drehimpuls, der in der Materie steckt und der eine nicht zu vernichtende Eigenschaft ist, hält Sterne und Gaswolken davor zurück, ins Zentrum einer Galaxie und damit ins
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