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Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone

Titel: Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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Bereich.
    „Und dagegen wird nichts unternommen?" Ich war fassungslos.
    Der Graustopplige senkte das Haupt.
    „Es hat Bestrebungen gegeben. Aber Malus ist einfach nicht zu fassen. Er ist ebenso gerissen wie grausam. Er schlägt zu und zieht sich sofort wieder zurück in die ambivalente Zone, in der er vor jeglicher Verfolgung sicher ist. Ich hab's riskiert, und meine Instrumente fielen aus. Und jetzt bin ich hier."
    „Ambivalente Zone", wiederholte ich. „Was verstehen Sie darunter? Ich höre diese Bezeichnung zum ersten Mal."
    Er wurde lebhafter.
    „Diesbezüglich ist unser Erkenntnisstand leider noch sehr gering. Wenigstens in diesem Punkt sind sich die Wissenschaftler einig. Und ebenfalls darin, daß es einen Zusammenhang gibt - geben muß -zwischen Zeit und Universum. Dort, wo letzteres aufhört, hört auch die Zeit auf. Jedenfalls nimmt man das an."
    Er sah mich an. „Zu hoch für Sie?"
    „Weiter!" trieb ich ihn an.
    „Andererseits", fuhr er fort, „scheint es so zu sein, daß die Übergänge fließend sind. Das ist der Fall in der ambivalenten Zone, die man auch den Halbzeitstreifen nennt. Konkret bedeutet das: Mal ist die Zeit da, mal ist die Zeit weg. Und das mit allen Konsequenzen."
    Er verstummte. Ich machte mich daran, das Gehörte mit der eigenen Erfahrung zu vergleichen. Er nahm den Faden wieder auf.
    „Wie gesagt, bisher ist das alles nur Theorie - völlig unbewiesen. Aber wenn für unsere ausgefeilten, angeblich unfehlbaren zeitgestützten Systeme nach Überschreiten der unsichtbaren Linie die Uhren so plötzlich und so gründlich stehenbleiben, daß keine kontrollierte Navigation mehr möglich ist - dann ist das eine Tatsache."
    Er runzelte die Stirn. „Sie denken doch über etwas nach."
    So war es.
    Mit geschlossenen Augen beschwor ich die alten Bilder herauf. Es gelang mich nur unvollständig. Auf dem Projektionsschirm der Erinnerung wirkten sie wie dilettantische Schnappschüsse, wie zu lebloser Ewigkeit erstarrte unscharfe Fotografien. Und ebenso kläglich fiel meine Antwort aus.
    „Mir ist nur gerade etwas eingefallen - in dem Zusammenhang. Eine Taschenuhr im Cockpit eines Schiffes, mit dem ich mal reiste - ein antikes Stück. Sie war unberechenbar. Immer, wenn sie gerade Lust verspürte, tickte sie los."
    Gern hätte ich so weiter gemacht, aber der Moment des Erinnerns war verstrichen. Vergebens versuchte ich, Marks kraftvolles Gesicht mit den ruhigen grauen Augen auf den Schirm zu zaubern, und ebensowenig wollte es mir gelingen, dieses Bestreben mit irgend einem Gefühl zu verbinden.
    Ich machte die Augen wieder auf, und das ganze Elend fiel über mich her.
    „Wie", fragte ich, um es mir einzuprägen, „haben Sie doch eben diesen Randstreifen rings um das Universum genannt?"
    „Die vorläufige Bezeichnung", erwiderte mein graustoppliger Nachbar bereitwillig, „ist Ambivalente Zone"
    Schritte und lärmende Stimmen waren hörbar geworden. Und in der festen Überzeugung, daß das nichts Gutes zu bedeuten hatte, beeilte ich mich, mehr in Erfahrung zu bringen.
    „Und wann geraten wir Ihrer Meinung nach in sie hinein?"
    Die Antwort war knapp und bündig.
    „Wir stecken mitten drin."
    Für mich was das der Schlüssel. In diesem Augenblick fing ich an, systematisch über alles nachzudenken - so gründlich, daß ich danach dem Gehörten meine eigene Theorie entgegenstellen konnte. Aber zu dieser Erkenntnis gelangte ich nicht im Handumdrehen, sondern in unregelmäßigen Abständen und mit vielen Unterbrechungen. Es geschah genau so sporadisch und unberechenbar wie das Anspringen der Uhr, von der ich berichtet hatte.
    Der Lärm kam rasch näher. Mein Nachbar warf mir einen mitleidigen Blick zu. Er seufzte und straffte sich.
    „Es ist so weit", verkündete er. „Der Oberteufel braucht wieder frisches Blut für seine verkommenen Adern." Er deutete eine Verneigung an. „Im übrigen ersuche ich um Nachsicht. Ich habe versäumt, mich vorzustellen." Und dann brachte er es tatsächlich fertig zu lächeln. „Aber was bedeuten jetzt noch Namen?"
    Das Nachfolgende hat sich meinem Gedächtnis unauslöschlich eingebrannt. Es bildet darin eine sich ewig wiederholende Bilderfolge.
    Da ist die Glaswand und dahinter die ungeordnete Phalanx aus roten Overalls.
    Da sind im Hintergrund die Mediziner. Sie halten sich bereit.
    Und da ist plötzlich ein vertrautes Gesicht. Darf ich aufatmen? Raffael sieht mich an und kneift ein Auge leicht zu. Eine Botschaft?
    Und dann trifft mich ein anderer Blick, und

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