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Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone

Titel: Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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mein Blut gefriert. Malus selbst ist zu Raffael getreten, und während die beiden die Köpfe zusammenstecken und etwas miteinander bereden, bleiben seine Augen unverwandt auf mich gerichtet. Ich spüre: Ein Kuhhandel findet statt, und die Kuh bin ich. Raffaels Worte scheinen zu überzeugen, denn Malus nickt. Sein gekrümmter Zeigefinger winkt mich näher an die Glaswand des Aquariums heran. Schon will ich mich der Aufforderung widersetzen - aber dann, als Raffael bedeutungsvoll noch einmal ein Auge zukneift, gehorche ich doch.
    Stinkender Schlamm scheint über meine Haut zu fließen. Malus taxiert mich von Kopf bis Fuß. Ich fühle mich besudelt und verspüre das ungestüme Verlangen nach einem reinigenden Bad.
    Aber ich halte stand, bis Malus sich schließlich abwendet und etwas zu Raffael sagt. Und diesmal ist es Raffael, der nickt.
    Mir wird klar: Malus hat seine Wahl getroffen. Die Peitsche in seiner Hand hebt sich. Sie beschreibt einen weiten Bogen - hinweg über die Liegenden, die sich auch jetzt nicht gerührt haben, verweilt einen schrecklichen Herzschlag lang über meinem Haupt - und schwenkt weiter, um sich schließlich auf meinen Nachbarn zu richten.
    Er mußte es geahnt haben, denn er sagte:
    „Merken Sie was, junge Frau? Malus schnurrt wie ein verliebter Kater. Er hat ein Auge auf Sie geworfen. Fragt sich nur, wer letztlich besser daran ist: Sie oder ich?"
    Dann stand er auf und ging entschlossen auf den Durchlaß zu, den die roten Overalls für ihn geöffnet hatten.
    Das war das letzte, was ich von ihm hörte und sah.
    Aber es war nicht das letzte Mal, daß ich mich in Gedanken mit ihm beschäftigte.
    Mir blieb das Warten.
    Und weil mir an Gesprächen nicht gelegen war, aber auch weil meine Mitgefangenen es vorzogen, in wortloser Apathie zu verharren, die nur durch die unvermeidliche Nahrungsaufnahme unterbrochen wurde, blieb mir zum Umgang nur meine eigene Gedankenwelt.
    Zu viele Fragen gab es, auf die ich die Antwort noch nicht gefunden hatte, und so wie die Dinge standen, mochte es sein, daß ich sie niemals fand, oder ich mußte mich mächtig beeilen.
    Eine wesentliche Frage lautete: wieso konnte es überhaupt geschehen, daß ich an diesem Ort gelandet war? Die Antwort darauf fiel mir nicht eben schwer.
    Daheim auf Cosmopol hatte es mir an nichts gefehlt - bis auf eine Winzigkeit. Ich war gewesen, was man ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft nennt, mit dem Ruf einer bahnbrechenden Wissenschaftlerin.
    Aber da war auch die latente Unzufriedenheit gewesen mit dem, was ich lehrte und tat. An diesem Punkt machte ich meine Antwort fest -denn irgendwann hatte ich begonnen, darüber nachzudenken, welchen Wert es wohl haben mochte, immer kühnere Lehrsätze aufzustellen zu den Fächern, mit denen ich brillierte, Raumballistik und Gravitation, wenn es niemals die Gelegenheit geben sollte, sie zu überprüfen, als auch praktisch unter Beweis zu stellen. Meine Unzufriedenheit war so weit gediehen, daß ich schon überlegte, mich nach einer anderen Tätigkeit umzusehen, als ich von der bevorstehenden Expedition zum verlorenen Mutterplaneten erfuhr. Mochte es auch Wahnsinn sein: die ersehnte Gelegenheit war da und würde sich kaum ein zweites Mal bieten. Dazu waren die kosmonischen Gepflogenheiten zu festgefahren. Man hütete seine Reliquien und ergötzte sich an der Unsterblichkeit, ohne recht wahrzunehmen, daß man sich lediglich unsterblich langweilte.
    Im Kollegenkreis stieß mein Vorhaben auf einhellige Ablehnung.
    „Bedenken Sie Ruth, Sie werfen eine blendende Karriere fort - für einen Flug mit einem Abenteurer, der in die Gummizelle gehört!"
    „Das ist ja gerade mein Kummer dabei. Brandis lehnt meine Begleitung ab."
    „Dann sei ihm die Gummizelle erlassen."
    „Er täuscht sich, wenn er meint, daß ich so einfach aufgebe."
    „Dann ist die Gummizelle ja wieder frei für Sie."
    Nun, in der Gummizelle war ich nicht gelandet, dafür jedoch wie ein Goldfisch im Aquarium auf Malus' rotem Piratenschiff.
    Irgendwann stand Raffael vor der Glasscheibe. Thea hatte ihn mir empfohlen als einen Astriden im Gewand der Malusiten . Damals war er mir erschienen wie ein gefallener Engel. Und auch diesmal entging mir nicht der Ausdruck trotziger Weltverachtung in seinem Blick.
    „Sie ziehen um!" verkündete er, und seine Stimme hatte genau jene schwebende Leichtigkeit, an die ich mich noch gut erinnerte. Nur etwas war anders geworden: Ich hatte ihn erlebt als Malus' Vertrauten.
    „Wohin?" wollte ich

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