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Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone

Titel: Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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wissen.
    „In eine Umgebung, die Ihnen besser gefallen wird", antwortete er. „Seine Schlechtigkeit, das heißt Malus, hat eine Suite für Sie herrichten lassen. Ich soll Ihnen ausrichten, Sie möchten sich als sein Gast betrachten."
    Die Augen des gefallenen Engels übten sich in Treuherzigkeit.
    Die Sache stank.
    „Erst will ich wissen, was Ihr Häuptling sich davon verspricht."
    Raffael sah sich um. Kein anderer roter Overall befand ich in Hörweite.
    „Seien Sie nicht kindisch! Ich biete Ihnen die Chance, am Leben zu bleiben."
    „Um welchen Preis?"
    Seine Blicke beschworen mich.
    „Ruth, hören Sie mich an, bitte! Im allgemeinen kennt Malus keine Skrupel, wenn es darum geht, sich zu nehmen, was er will. Sie haben ihn ja erlebt. Aber da gibt es etwas, was Sie noch nicht kennen, eine sentimentale Ader. Und die macht aus ihm beim Anblick einer schönen Frau einen balzenden Gockel. Nur da er selbst davon überzeugt ist, die umwerfende Romantik eines mittelalterlichen Minnesängers zu verkörpern. Verstehen Sie?"
    „Ich frage mich, was das mit mir zu tun hat?"
    Raffael presste seine Stirn gegen die Scheibe.
    „Er will Sie, aber will auch, daß Sie sich ihm freiwillig hingeben, aus Liebe. Er will von Ihnen zärtliche Worte hören, die ihm schmeicheln."
    Raffael muß , was er in meinem Gesicht las, richtig gedeutet haben. Seine nächsten Worte klangen gehetzt und eindringlich.
    „Seien Sie klug! Gehen Sie auf das Spiel ein. Halten Sie ihn hin - so lange wie möglich. Und inzwischen lasse ich mir etwas einfallen."
    Notgedrungen hatte ich ihm einmal mein Vertrauen geschenkt. Warum nicht ein zweites Mal?
    Kaum war Raffael fort, als mich schon die ersten Zweifel überfielen. Es mochte durchaus sein, daß er es ehrlich mit mir meinte, aber wie war es in diesem Fall um seine Möglichkeiten bestellt? Dennoch blieb mir nichts anderes übrig, als darauf zu bauen, daß der astride Funke in ihm sich als stärker erweisen würde als der verderbliche Einfluß seiner Umgebung.
    Und dann geschah es. Es geschah plötzlich und übergangslos. Es traf mich, als ich damit beschäftigt war, mit meinem Schicksal zu hadern. Das Gefühl schlug ein wie der Blitz. An Mark und daran, wie es ihm ergehen mochte, hatte ich bislang immer nur sehr flüchtig gedacht. Plötzlich war alles wieder da, und die Sehnsucht nach ihm und nach dem tiefen Frieden in seinen Armen machten mich fast wahnsinnig. Nie war mir so bewußt gewesen, wie sehr ich ihn brauchte und wie sehr ich die Phasen haßte , in denen dieses herrliche Gefühl aus mir schwand, abgelöst durch den Egoismus kosmonischer Gleichgültigkeit. Ich wollte das Gefühl festhalten, doch es gelang mir nicht. Irgend etwas , das stärker war als mein Wille, vereitelte das. Ich griff zu, doch das Gefühl rann mir wie Sand durch die Finger, und als Raffael zum zweiten Mal vor der Glaswand erschien, stand ich mit leeren Händen da.
    Raffael schien bemerkt zu haben, daß in mir etwas vorging, denn eine Weile lang sprach er kein Wort und sah mich nur an. Erst als ich mich gefaßt hatte und den Kopf kampfbereit in den Nacken warf, entledigte er sich seines Auftrages.
    „Seine Schlechtigkeit läßt ausrichten, Sie möchten sich schon etwas hübsch machen. Sobald er für Sie bereit ist, läßt er Sie holen."
    Mit neuer Gewalt überfiel mich das Entsetzen. Gab es denn wirklich keinen Ausweg? Es gab keinen. Auf diesem Schiff regierte das Gesetz des Bösen. Und selbst Raffael unterstand ihm - auch wenn er mich glauben machen wollte, es gäbe für ihn die Freiheit der selbständigen Entscheidung. Ich war dem scharlachroten Ungeheuer hilflos ausgeliefert. Wenn ich doch wenigstens eine Waffe hätte, und sei es, um mich selbst zu töten! Raffael sprach weiter:
    „Sie haben allen Grund, Ihrem Schicksal dankbar zu sein. Für die neue Kur hat der Arzt Seiner Schlechtigkeit ausschließlich Männerblut verordnet." Und nach einer kurzen Pause, in der er seine Blicke über mich wandern ließ, fügte er hinzu: „Gelegentlich tut der Arzt, was ich ihm vorschlage."
    Plötzlich war mir, als hätte ich in seinen Augen hinter dem Vorhang aus Schwermut und Treuherzigkeit etwas aufblitzen gesehen. Begehrlichkeit? Neid?
    Der Vorhang fiel wieder zu. Raffael hatte sich abgewandt.
    „Spielen Sie auf Zeit, Ruth!" sagte er über die Schulter hinweg. „Und denken Sie an unsere Abmachung."
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    8.
    Du bist allein in der Unendlichkeit, ein Staubkorn nur in einem leeren Raum ohne Grenzen, und deine Gefühle bestehen aus

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