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Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone

Titel: Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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gesprochen. Ein Wort nur. Aber dieses eine Wort hallte in mir nach, wieder und immer wieder, bis ich aufstand wie unter einem fremden Zwang - und nun erst schlug Tamara die Augen auf.
    Das Licht blendete sie. Sie blinzelte ungläubig, als sie den wildledernen Tabakbeutel in meiner Hand entdeckte. Mit einem Ruck setzte sie sich auf.
    „Mark, was hast du vor?"
    Plötzlich wurde mir bewußt , daß ich mir darüber selbst nicht im Klaren war. Dementsprechend dürftig fiel meine Antwort aus.
    „Ich habe Lust auf ein kleines Experiment."
    Tamaras Augen fixierten den Beutel.
    „So plötzlich?"
    „Warum denn nicht?"
    „Dann sag mir wenigstens, worum das geht!"
    „Du wirst noch an deiner eigenen Neugier ersticken. Schlaf! Ich habe im Cockpit zu tun."
    Im Cockpit riegelte ich mich ein. Noch immer wußte ich nicht so recht, wohin das führen sollte. Über dem Pult hing nach wie vor an der goldenen Kette die zwiebelförmige Uhr, die mir der Großmeister mit auf den Weg gegeben hatte. Und an diese Uhr nestelte ich nun den Beutel mit dem kostbaren Inhalt - der Prise Erde.
    Dann setzte ich mich davor und wartete ab.
    Es geschah fast unmerklich. Die Zeiger setzten sich in Bewegung.
    Befreit atmete ich auf - bis mir urplötzlich der Atem stockte und ich das Verrinnen der Zeit verfluchte und mich dazu, weil ich das Wichtigste hatte vernachlässigen können , was es auf der Welt für mich gab. Das Verlangen, Ruth in die Arme zu schließen, der sanften Melodie ihrer Stimme zu lauschen und die reiche Tiefe in ihren Augen zu sehen, dieses Verlangen war mächtiger als je zuvor. Und ebenso das ohnmächtige Entsetzen, sie in der Gewalt eines größenwahnsinnigen
    Unholds zu wissen. Zum ersten Mal wurde mir klar, wie sehr ich Ruth brauchte, um mit mir im Einklang zu sein. Mit ihr hatte das Leben einen neuen Sinn bekommen. Und wenn ich sie verlor, war auch mein Leben zerstört, und alles, was auf diesen Verlust auch folgen mochte, würde freudlose, graue und schleppende Ewigkeit sein.
    Den Blick starr auf die beiden Uhrzeiger gerichtet, die mit ihrem Kriechgang unbestechlich etwas maßen, was sich nicht festhalten ließ, saß ich noch immer da, als Tamara an der Tür rüttelte.
    „Mark, was treibst du da?" Das hörte sich nach aufrichtigem Besorgtsein an - aber es störte.
    Meine Antwort kam geknurrt: „Ich denke nach, verdammt noch mal!"
    Tamara blieb hartnäckig.
    „Dann laß mich dir wenigstens dabei helfen!" schlug sie vor.
    Und dann kam es mir wie ein Fehler vor, als ich aufstand und den Riegel zurückschob. Tamara kam ins Cockpit und erfaßte sofort die Situation. Mit gekräuselter Stirn studierte sie die Kombination über dem Pult.
    „Hast du vor, dich umzubringen, Mark?"
    Eben noch war das Cockpit eine gedankenvolle Einsiedelei gewesen, in der ich Pläne geschmiedet hatte zu Ruths Befreiung, und nun mußte ich diese Einsiedelei verteidigen. Ich ließ den Ärger aus mir heraus:
    „Blöde Frage!"
    „So?" Tamaras schlanker Finger schnellte vor wie eine Schlange und versetzte die Kombination über dem Pult in Schwingungen. „Die Zeit", sagte Tamara im Tonfall einer Erzieherin, „wird dich umbringen. Die Zeit!"
    In diesem Augenblick tat sie mir leid, weil sie um so vieles ärmer war als ich, und mir schien es auf einmal von Wichtigkeit zu sein, sie teilhaben zu lassen an den Schätzen der neuen Dimension, die sich mir geöffnet hatte.
    „Du irrst", widersprach ich mit dem Wunsch, auch sie zu überzeugen. „Die Zeit macht mich leben."
    In Tamaras wegwerfender Handbewegung lagen Abscheu und Verachtung.
    „Und jetzt sag nur noch: Und das Leben macht dich lieben! Mark, du bist ein Narr. Denn am Ende wird die Zeit dich umgebracht haben."
    Tamara sprach schnell, als ahnte sie, daß ihre Macht über mich in Gefahr sein könnte. Und so war es in der Tat. Mit feinem Instinkt spürte sie die stattfindende Ablösung, die die Zeit bewirkte, und sie beeilte sich, ihren Zauber zu erneuern. Und das konnte sie nur, indem sie mich des Irrtums überführte.
    Wieder zielte ihr Finger auf die vor mir geschaffene Kombination.
    „Hör genau hin, Mark! Das ist das Ticken der Zeit, die dich umbringt."
    Ich sah ein, daß es müßig war, in ihr Verständnis wecken zu wollen dafür, daß mich das Ticken mit pulsierendem Leben erfüllte, weil es mir mehr schenkte als von mir nahm. Und so hätte ich die Diskussion an diesem Punkt am liebsten abgebrochen, aber Tamara ließ nicht locker.
    Später erst wurde mir klar, weshalb sie nicht aufgab. Es geschah

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