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Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone

Titel: Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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und Tamara die Deckenleuchte anknipste.
    „Und jetzt sieh dir noch einmal dein Spiegelbild an, die Kerze. Wo ist sie? Es gibt sie nicht mehr. Sie hat so lange Licht und Wärme gespendet, bis die Zeit sie umgebracht hat. Und so wird die Zeit auch dich umbringen, wenn du nicht endlich klug wirst."
    Und noch während Tamara zu mir sprach, glaubte ich aus der Unendlichkeit heraus die weise Stimme des Großmeisters zu hören. Auf seine vornehm zurückhaltende Art hatte er mir die gleiche Warnung zukommen lassen.
    Irgendwann schlief ich in Tamaras Armen ein. Ich war verwirrt, verstört und zutiefst unbefriedigt. Erst als Tamara sich im Dunkeln leise erhob und hinaushuschte, kam ich zur Ruhe.
    Am anderen Morgen fand ich sie im Cockpit. In der nachlässig übergestreiften Bordkombination, das Oberteil achtlos geöffnet, saß sie vor dem Computer.
    Ich trat näher. Dreierlei bemerkte ich mit einem Blick: Die Uhr stand, der Beutel war verschwunden, und die SCOUT lag auf neuem Kurs.
    Tamara kam meinem Einwand zuvor.
    „Du schliefst, Mark. Ich hätte sonst gefragt."
    Ihr Gesicht war erfüllt von einem erwartungsvollen Ernst, der bereit zu sein schien, sich jederzeit in einem Lächeln aufzulösen.
    Ich wußte , daß ich das, war hier geschah, nicht einfach hinnehmen durfte, und zugleich spürte ich, wie etwas in mir zerbrach.
    „Was hast du vor?" fragte ich.
    „ Laß dich überraschen", antwortete sie.
    „Wohin fliegen wir?" fragte ich.
    „ Laß dich überraschen", sagte sie nochmal.
    Und das Lächeln, das sie so lange zurückgehalten hatte, vertrieb den letzten Schatten eines Zweifels.
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    9. RUTH
    Wäre da nicht Raffael gewesen, an den sich meine Hoffnung klammerte, hätte ich mit ziemlicher Gewißheit den Verstand verloren. Sein Einfluß auf Malus mochte größer sein, als ich durchschaute. Welchen Rang auch immer er in dieser höllischen Hierarchie bekleidete - so viel stand für mich fest, daß er nicht zum gewöhnlichen Fußvolk gehörte. Und so wertete ich es bereits als Gewinn, daß er es mit seiner geschmeidigen Art vermocht hatte, sich zu meinem persönlichen Betreuer ernennen zu lassen.
    „Seine Schlechtigkeit legt Wert darauf, daß Sie sich auf seinem Schiff wunschlos glücklich fühlen. Ich habe Befehl, mich zu Ihrer Verfügung zu halten. Und so werde ich Ihnen als erstes Ihre Suite zeigen."
    Mit diesem Worten öffnete er die Tür zu einem Alptraum aus rotem Plüsch.
    „Läuten Sie, wenn Sie mich brauchen! Und vor allem - seien Sie klug."
    Die Tür fiel ins Schloß . Raffael war fort, und ich war allein mit meiner würgenden Angst und mit dieser Kakophonie in Rot. Bei aller Angst nahm ich doch wahr, daß der mich umgebende Luxus alles übertraf, was ich je gesehen hatte.
    Mit Untätigkeit war nichts zu gewinnen. Ich zwang mich zu einer ersten Erkundung und inspizierte das Bad. Der feuerrote Alptraum setzte sich darin fort in der Kachelung der Wände. Davon abgesehen, empfingen mich auch hier Überfluß und Luxus.
    Was ging in diesem Monstrum vor, daß es mich plötzlich behandeln ließ wie eine Königin?
    Oder wie seine Lieblingssklavin! Das war wohl die treffendere Erkenntnis.
    Malus hatte mich zu seiner privaten Sklavin erkoren.
    Mehr denn je war ich ihm ausgeliefert.
    Konnte ich denn gar nichts dagegen unternehmen? Auf allen Schiffen gab es Winkel und Ecken, in denen man sich verstecken konnte. Auf einem Schiff dieser Größe würde man lange nach mir suchen müssen - und so lange hatte Raffael Gelegenheit, sich etwas einfallen zu lassen. Nur abgrundtiefe Verzweiflung konnte einen solchen Plan gebären. Nüchterne Überlegung hätte mich wissen lassen, wie aussichtslos er war. Aber zu nüchterner Überlegung war ich nicht fähig. Der Fluchtinstinkt war stärker.
    Ich stürzte zur Tür, durch die ich eingetreten war. Weiter kam ich nicht. Die Tür ließ sich nicht öffnen. Ich war nicht weniger gefangen als zuvor im Aquarium.
    In panischem Entsetzen eilte ich von Tür zur Tür. Nur eine davon ließ sich öffnen. Ich prallte zurück.
    Vor mir, in einem Kleiderschrank von der Größe eines Salons, harrte meiner ein ganzer Hofstaat aus raffiniert geschnittenen Overalls in allen Variationen der Farbe Rot.
    Das Grauen verdichtete sich zu einem schmerzhaften Klumpen im Magen.
    „Nur zu! Mach dich schön, Prinzesschen . Ich kann's kaum erwarten, dich so vor mir zu sehen."
    Ich fuhr herum, und mir stockte der Atem.
    Er trug einen goldbestickten Hausanzug aus roter Seide, und der Duft, der ihn umschwebte, war der

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