Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone
nach teurer Seife, als käme er frisch aus dem Bad. Aber gegen den Schleim in seinen Augen war alle Seife der Welt wirkungslos.
Obwohl ich am ganzen Körper zitterte, gelang es mir doch, mir rasch zu vergegenwärtigen, was ich von Raffael über diese Ausgeburt der Hölle wußte .
Raffael hatte von einer sentimentalen Ader gesprochen. Ich mußte sie finden, sofort. Dann mochte es sein, daß ich gerettet war - wenigstens für den Augenblick. Mit anderen Worten, ich mußte verhindern, daß Malus den skrupellosen Sklaventreiber hervorkehrte. Und das konnte nur gelingen, indem ich die unabwendbare Entscheidung vor mir herschob. Wenn Malus sich einbildete, er könnte mich für sich gewinnen mit der Pose des galanten und großzügigen Kavaliers, dann durfte ich ihn nicht enttäuschen. Und vor allem durfte ich ihn nicht ahnen lassen, daß ich ihn durchschaute.
Als ich mich nach dieser blitzschnellen Überlegung zu einem Lächeln zwang, war mir klar, daß ich mich einließ auf einen Drahtseilakt ohne Netz.
„Sie sind ein wenig zu stürmisch, Schlechtigkeit!" erwiderte ich. „Schließlich kennen wir uns doch kaum."
Ich hatte die Ader getroffen. Er gefiel sich in der Rolle des edlen Galans.
„Verstehe. Das Prinzesschen möchte umworben werden. Nun, nichts werde ich lieber tun als das." Im Bad mußte er einen ganzen Sack Kreide geschluckt haben, denn seine Stimme sank herab zu einem Säuseln. „Zunächst werde ich dafür Sorge tragen, daß es meinem Prinzesschen an nichts fehlt."
Er stand vor mir, riesig, massig und schwer, ein unverrückbares Monstrum, und blies mir seinen Atem ins Gesicht. Und ich durfte mir nicht anmerken lassen, wie sehr mich der Ekel würgte. Statt dessen mußte ich nach Kräften das tändelnde Gespräch am Fließen halten.
„Sie verwöhnen mich, Schlechtigkeit. Ich komme aus Verhältnissen, die bescheidener sind."
Es schmeichelte ihm. Der Schlamm in seinen Augen geriet in verzückte Wallungen.
„Aber jetzt bist du mein Prinzesschen - das ist der Unterschied."
„Sie beschämen mich, Schlechtigkeit!"
„Warum? Weil ich um deine Liebe werbe?"
Liebe. Ein Wort , das ich zum ersten Mal auf Astropol vernommen hatte, im imaginären Garten, aus Theas Mund, die man dort verehrte als die Göttin der Erinnerung. Es hatte sich mir eingeprägt: Liebe. Und obwohl sich für mich bislang kein konkretes Begreifen damit verband, hatte ich dieses Wort gehütet wie meinen persönlichen Talisman. Eines Tages, daran zweifelte ich nicht, würde er seine beglückende Wirkung tun und mir sein Geheimnis enthüllen. Wie mochte es beschaffen sein, wie aussehen? Die Antwort lag irgendwo im Nebel meiner Gefühle; manchmal tauchte darin ein vertrautes Gesicht auf - ein Gesicht, das geprägt war von innerer Festigkeit und von überquellendem seelischen Reichtum. Doch immer dann, wenn ich versucht war, ihm einen Namen zu geben, zog es sich in den Nebel zurück und blieb trotzdem in der Sehnsucht meines Herzens untilgbar verbunden mit dem Wort Liebe. Dieses Wort in dieser Umgebung zu vernehmen, kam mir vor wie eine Entweihung, wie die Schändung eines Heiligtums. Es gehörte nicht hierher. Und vor allem gehörte es nicht in den Mund, der es soeben ausgesprochen hatte.
Und so zog ich die Grenze.
„Liebe", widersprach ich und war mir bewußt , daß ich mich auf dem Drahtseil immer weiter vorwagte, „ läßt sich nicht kaufen." Das Seil schwankte gefährlich. Gleich würde ich stürzen.
Einen Atemzug lang schien er unschlüssig zu sein, wie er reagieren sollte, doch dann entschied er sich dafür, nicht aus der Rolle zu fallen.
„Es kommt wohl immer auf den Preis an, Prinzesschen ", gab er im Brustton der Überzeugung zurück. „Alles ist käuflich. Die ganze Welt ist käuflich." Das Lächeln, das er dabei aufsetzte, sollte gewinnend sein; es geriet zur Fratze. „Und weil ich nicht kleinlich zu dir sein werde, wird deine Liebe zu mir von Mal zu Mal wachsen, und eines Tages wirst du nicht umhin können, sie mir zu gestehen."
Die Fratze rückte näher. Ich hielt den Atem an.
„Aber da mein Prinzesschen es so wünscht, werde ich mich in Geduld üben und mich heute mit einem Andenken begnügen."
Seine Arme waren Schraubzwingen, seine Lippen kalt und rauh wie Granit. Und doch, wie sie da schmerzhaft auf die meinen gepreßt waren, schienen sie nach etwas zu hungern, was ich ihnen nicht geben konnte.
Er ließ mich los.
„Ich komme wieder", verkündete er.
Dann war er fort, und ich fing an, mein Kosmonentum zu
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