Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
gefallen ist«, sagt Stathakos.
Wenn er meinte, spontane Zustimmung zu ernten, sieht er sich getäuscht, denn die Brüder reagieren überrascht.
»Herr Stathakos, weltweit gehen Terroristen so vor, dass sie symbolhafte oder öffentliche Orte für ihre Anschläge auswählen«, belehrt ihn Nick, »und dabei Sprengstoff oder Schusswaffen verwenden. Das wird Ihnen die Polizei jedes anderen Landes bestätigen. Die Enthauptung durch das Schwert scheint doch in eine ganz andere Richtung zu weisen.«
»Warum bitten Sie Scotland Yard nicht um Hilfe? Die haben eine Menge Erfahrung in solchen Dingen«, ergänzt sein Bruder.
Zum ersten Mal bricht Gikas sein Schweigen. »Wir stehen mit Scotland Yard in ständigem Kontakt«, meint er zu Nick. »In Griechenland gibt es immer wieder gezielte Attentate. Das ist unsere Erfahrung mit der Gruppe >17. November<. Und da Ihr Vater in Griechenland ums Leben kam, müssen wir die örtlichen Gepflogenheiten bei den Ermittlungen berücksichtigen.«
Die Sissimopoulos-Brüder sind offensichtlich in Verlegenheit, da sie das nicht bedacht haben. Doch rasch gewinnen sie ihr Selbstvertrauen zurück.
»Glauben Sie wirklich, irgendeine Terrororganisation hätte einem pensionierten Bankmanager einen Killer nach Hause geschickt? Was hätte sie denn von seiner Hinrichtung? Ja, wäre er noch im Amt, wäre das etwas anderes. Insbesondere weil man doch heute alles den Banken in die Schuhe schiebt…«, meint Nick.
»Bislang hat auch noch keine Organisation die Verantwortung übernommen«, ergänzt John.
»Es kann Tage dauern, bis ein Bekennerschreiben eintrifft. Manchmal bleibt es auch ganz aus«, ergreift Stathakos das Wort. »Doch wir müssen in der Zwischenzeit trotzdem unsere Nachforschungen anstellen.«
Plötzlich geht ein triumphierendes Leuchten über Nicks Gesicht, und er wendet sich an Stathakos: »Ja, dann tun Sie das doch! Warum durchsuchen Sie denn nicht die Sparkonten der muslimischen Einwanderer bei der Central Bank?«
Die drei Polizisten in der Runde blicken verdattert drein, nur sein Bruder versteht, worauf er anspielt, und lächelt wissend.
»Was wollen Sie damit sagen?«, fragt Gikas argwöhnisch.
»Die Sache ist nämlich so«, entgegnet Nick. »Ausländer, die in ihrer neuen Heimat ein Geschäft aufbauen, eröffnen Bankkonten wie alle anderen Unternehmer auch. Solche Konten gibt es mit Sicherheit auch bei der Central Bank. Nicht auszuschließen, dass sich einer dieser Geschäftsleute von der Bank geschädigt fühlte und sich an meinem Vater rächen wollte. An Ihrer Stelle würde ich den Geldverkehr zwischen Unternehmern mit Migrationshintergrund und der Central Bank zur Amtszeit unseres Vaters überprüfen.«
Die Polizeitruppe am Tisch wechselt lebhafte Blicke, und ich kann es kaum fassen, dass uns diese Idee überhaupt nicht gekommen ist. Doch Stathakos unterbricht meinen Gedankengang mit einer Frage, die er mit seinem gewohnten Fingerspitzengefühl vorbringt: »Was halten Sie von Bill, dem Diener Ihres Vaters?«, platzt er heraus. »Warum sollte sich irgendjemand, der bloß Bankkunde war, an Ihrem Vater rächen? Warum nicht Bill? Im Zuge einer Auseinandersetzung, die er mit ihm hatte?«
Ich beschließe, mich nicht einzumischen, da in meinem Kopf langsam ein anderer Plan reift. Die Brüder blicken sich an und lachen los. Ihr Verhalten entspricht ganz und gar nicht dem trauernder Angehöriger.
»Was? Bill? Glauben Sie tatsächlich, dass ihn Bill getötet haben könnte?«, fragt John und blickt jeden von uns prüfend an.
»Wieso? Weil er ein Südafrikaner ist und mit dem Schwert umgehen kann?«, ergänzt Nick den Gedankengang seines Bruders.
Gikas und ich halten uns zurück und überlassen es Stathakos, die Kastanien aus dem Feuer zu holen, da er das Gespräch in diese Richtung gelenkt hat. Stathakos lässt sich nicht entmutigen und beharrt weiter: »Genau, er ist schwarzer Südafrikaner, stammt aus London, und es ist nicht auszuschließen, dass er einer Terrorgruppe angehört.«
John versucht, ruhig Blut zu bewahren. »Herr Stathakos, meine Schwiegereltern kennen Bill seit ewigen Zeiten. Sein älterer Bruder ist der Chef ihres Hauspersonals. Nach dem Tod unserer Mutter haben wir es für besser gehalten, unseren Vater Bill anzuvertrauen als irgendeiner Russin oder Bulgarin. Wir haben ihn hierhergeschickt, weil er unser vollstes Vertrauen besitzt.«
Unmittelbar danach erhebt er sich, und sein Bruder tut es ihm gleich. »Ich glaube, es ist alles gesagt«, meint er zu Gikas.
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