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Kostas Charistos 5 - Faule Kredite

Kostas Charistos 5 - Faule Kredite

Titel: Kostas Charistos 5 - Faule Kredite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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einen sicheren Posten, entweder in einer Firma oder im öffentlichen Dienst. So hat es auch dein Vater mit dir gehalten. Studieren ist nicht nur verlorene Liebesmüh, sondern auch verlorene Zeit. Am Schluss zahlst du drauf.«
    »Neue Routenberechnung: Nach hundert Metern links abbiegen.« Wieder schenke ich der Stimme keine Beachtung und fahre geradeaus weiter.
    »Was soll das? Wieso schaltest du dieses Ding, das dauernd dazwischenquatscht, überhaupt ein, wenn du ohnehin nicht darauf hörst?«, fragt sie mich erbost.
    Ich fahre den Seat an die Bordsteinkante und mache den Motor aus. »Das ist mein persönlicher Egotrip«, sage ich. »Wie bitte?«
    »Den ganzen Tag lang erzählt mir Krethi und Plethi, wo’s langgeht. Einmal sagt mir Gikas, was ich tun soll, dann wieder der Minister. Die ist die Einzige, die mir sagt, wo’s langgeht, und ich kann sie ungestraft ignorieren. Das stärkt mein Selbstbewusstsein. Glaub mir, alle, die auf einem sicheren Posten sitzen, brauchen ein Navigationsgerät für ihren Egotrip. Kannst du mir folgen?«
    Ich lasse den Motor wieder an und fahre los. Erneut macht sich Schweigen zwischen uns breit.

8
     
    Wir sitzen um Gikas’ rechteckigen Konferenztisch: er selbst wie immer am Kopfende, zu seiner Rechten Stathakos und dann ich, uns gegenüber Sissimopoulos’ Söhne Ioannis und Nikolaos oder - aufgrund ihres Londoner Wohnsitzes - vielmehr John und Nick.
    Die Szene erinnert eher an eine Sitzung zur Rentenreform oder an eine Lohnrunde als an eine polizeiliche Befragung. Diesen Eindruck scheinen die beiden Sissimopoulos-Söhne zu teilen.
    »Hier wird alles gnadenlos zusammengestrichen, nicht wahr?«, sagt John zu uns. »Gehälter, Renten… Es reicht gerade noch fürs Essen, aber auch das werdet ihr euch noch vom Mund absparen.«
    »Die fetten Jahre sind vorbei«, ergänzt Nick. »Aber fett waren sie ja nicht wirklich. Tja, Wohlstand auf Pump lohnt sich auf Dauer nicht.«
    »Aus der Traum!«, meldet sich John zurück. »Das war ein böses Erwachen, was? Und anstelle einer sanften Weckmelodie gab’s Fußtritte!«
    Wie sie da mit ihren flotten Sprüchen einander die Bälle zuspielen, wirken sie wie perfekt aufeinander abgestimmte Zwillingsbrüder, obwohl John auf den ersten Blick älter aussieht als Nick. Die Ähnlichkeit beruht vor allem auf ihrer gleichermaßen schlanken Figur, den dunklen Nadelstreifenanzügen und den schwarzen Trauerkrawatten. Nur die Schadenfreude, mit der sie unseren sozialen Abstieg kommentieren, will nicht recht zum betrüblichen Anlass unseres Treffens passen.
    Betreten und wortlos lassen wir drei das alles über uns ergehen. Gikas starrt die beiden unverwandt an, und ich erinnere mich an die Abneigung, mit der Sissimopoulos’ Sekretärin von ihnen gesprochen hat. Nur Stathakos macht den Mund auf, und diesmal geht er mir mit seiner Wortmeldung ausnahmsweise nicht auf den Geist.
    »Wir haben Sie vorgeladen, damit Sie sich zum Mord an Ihrem Vater äußern, nicht zur griechischen Wirtschaftslage«, meint er kurz angebunden, während Gikas’ Blick immer noch genauso ausdruckslos auf ihnen ruht.
    »Wir bitten Sie um sachdienliche Hinweise für die Ermittlungen«, füge ich hinzu.
    Die Sissimopoulos-Brüder blicken sich an, als sei ihnen der Grund ihrer Anwesenheit erst jetzt aufgegangen.
    »Unseren Vater haben wir nur selten gesehen«, sagt Nick. »Nach all den Jahren als Banker hatte er genug vom Herumreisen. Schon die Strecke von Koropi ins Athener Stadtzentrum hat ihn abgeschreckt. Wie sollte er da nach London kommen? So haben wir uns im Zuge von Dienstreisen immer nur kurz auf einen Kaffee getroffen.«
    »Nicht einmal in den Ferien haben Sie ihn besucht?«, wundere ich mich.
    Jetzt greift John in das Gespräch ein: »Schauen Sie, Herr Kommissar, Nick und ich haben Engländerinnen geheiratet, und unsere Kinder wachsen in Großbritannien auf. Wie abgelegen das Haus in Koropi ist, wissen Sie ja. Eine englisehe Familie kann man nicht so weit weg vom nächsten Strand unterbringen. Wenn wir nach Griechenland auf Urlaub kommen, fahren wir immer auf eine Insel. Wenn wir dabei zufällig durch Athen kamen, haben wir bei unserem Vater übernachtet. Aber normalerweise sind wir direkt von London an unser Urlaubsziel geflogen.«
    Gikas wirft Stathakos und mir einen verwunderten Blick zu, als könne er so etwas nur schwer begreifen.
    »Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse können wir die Möglichkeit nicht ausschließen, dass Ihr Vater einem Terroranschlag zum Opfer

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