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Kostas Charistos 5 - Faule Kredite

Kostas Charistos 5 - Faule Kredite

Titel: Kostas Charistos 5 - Faule Kredite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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»Mehr wissen wir auch nicht. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, haben Sie ja unsere Adressen.«
    Stathakos und ich blicken Gikas ratlos an. Auch er erhebt sich, und wir folgen seinem Beispiel.
    »Wann wird der Leichnam unseres Vaters zur Beerdigung freigegeben?«, fragt Nick.
    »Noch heute, wenn Sie wollen. Die Autopsie ist abgeschlossen«, erwidert Gikas.
    Die beiden Brüder verabschieden sich von Gikas und Stathakos mit einem Händedruck. Als ich an der Reihe bin, schlage ich bereitwillig vor: »Ich begleite Sie hinaus.«
    Gikas und Stathakos reagieren überrascht, doch sie können mich nicht daran hindern. Wir verlassen zusammen das Büro, die Brüder vor mir und ich nach ihnen. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, noch kurz in mein Büro zu kommen?«, frage ich, während wir auf den Fahrstuhl warten.
    Sie blicken mich erstaunt an. »Aber wieso? Haben wir nicht alles besprochen?«, fragt John.
    »Ich gehöre nicht zur Antiterrorabteilung, sondern ich ermittle in normalen Mordfällen. Es ist wesentlich wahrscheinlicher, dass Ihr Vater von einem Einzeltäter und nicht von Terroristen getötet wurde.«
    »Mein Vater ist keinem Terroranschlag zum Opfer gefallen. Das ist purer Unsinn«, meint auch Nick im Brustton der Überzeugung.
    »Da haben Sie sicher recht. Diese Idee mit dem Terroranschlag ist purer Unsinn«, meint auch John.
    Wortlos folgen sie mir in mein Büro in der dritten Etage. Da es weder über einen Konferenztisch noch über bequeme Sessel verfügt, müssen sie sich mit zwei Metallstühlen begnügen.
    »Ich möchte offen mit Ihnen reden«, beginne ich. »Aus den bisherigen Ermittlungen habe ich den Eindruck gewonnen, dass Ihr Vater ein schwieriger Mensch war, den niemand so richtig mochte.«
    Nick lacht bitter auf, doch John geht auf meine Frage ein: »Unser Vater war nicht nur schwierig, sondern unerträglich, Herr Kommissar. Er hat meiner Mutter, uns und seinen Mitarbeitern die Hölle heißgemacht! Nur er konnte seinen eigenen Ansprüchen genügen. Alle anderen waren in seinen Augen unfähig. Als er uns zum Studium nach England schickte, war uns beiden klar, dass wir nie zurückkehren würden.«
    »Solange unsere Mutter am Leben war, haben wir sie immer wieder besucht«, ergänzt Nick. »Nach ihrem Tod ist das Verhältnis zu unserem Vater völlig abgekühlt.«
    »Wieso haben Sie das oben nicht erzählt?«
    »Wir sind ja nicht danach gefragt worden«, erwidert Nick. »Sie hatten sich auf das Thema Terrorismus und den armen Bill kapriziert.«
    »Es wäre schon eine böse Ironie des Schicksals, wenn er von einem Terroristen getötet worden wäre! Wo er doch seine Umgebung terrorisiert hat. Aber das ist einfach zu weit hergeholt«, sagt John im Aufstehen. »Mir kommt das Rachemotiv am wahrscheinlichsten vor. Herr Kommissar, suchen Sie unter den Leuten, die wegen finanzieller Verluste und ungerechter Behandlung wütend auf ihn waren. Leider leben wir in England und können Ihnen keine Namen nennen, aber solche Leute gibt es sicher einige.«
    Diese Worte bekräftigen die Aussage von Sissimopoulos’ Sekretärin und erklären das Fehlen jeder Spur von Trauer bei den Söhnen.
    Kaum hat sich die Tür hinter ihnen geschlossen, klingelt mein Handy, und Fanis ist dran.
    »Arbeitest du noch lange?«, fragt er.
    »Wohl kaum.«
    »Hättest du nicht Lust, kurz zu Charis Tsolakis zu fahren? Er will etwas zu deinen Ermittlungen beitragen.«
    »Ja, warum nicht.«
    Als ich auflege, frage ich mich, was mir Tsolakis wohl zu sagen hat. Andererseits bin ich noch keinen Schritt vorangekommen. Es gibt weder Hinweise noch ein Motiv, ja nicht einmal einen Kreis von Verdächtigen, die ich überprüfen könnte. Da ist mir jede Hilfe willkommen.

9
     
    Ich hole Adriani von zu Hause ab, um mit ihr zusammen zu Katerina zu fahren. Von dort will ich mit Fanis weiter zu Charis Tsolakis in den Stadtteil Politia. Es ist acht Uhr abends bei neunundzwanzig Grad, und der Verkehr auf den Straßen erinnert eher an einen geruhsamen Januarsonntag, nachdem der Weihnachtsrummel vorüber ist.
    »Die Leute sind häuslich geworden«, bemerkt Adriani.
    »Zum einen, weil das Benzin teurer geworden ist, und zum anderen, weil sie kein Geld mehr haben zum Ausgehen. Das reicht höchstens noch für einen Kaffee am Nachmittag.«
    In schwierigen Lebenslagen hilft sich Adriani mit philosophischem Gleichmut über die Verzweiflung hinweg. »Früher waren die Wände feucht und schimmelig. Da war es wirklich schlimm, wenn man zu Hause sitzen musste«, bemerkt sie.

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