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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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ernst.
      »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Sie sind doch das Zugpferd des Senders.«
      »Haben Sie die Einschaltquoten meiner Sendungen in der letzten Zeit verfolgt? Die sind auf Talfahrt.«
      »In der Sendung über den Serienmörder habt ihr zwanzig Minuten lang Werbung gebracht. Das nennen Sie Talfahrt?«
      »Das war eine Sondersendung, die zählt nicht. Die sonst von mir gemachten Sendungen gehen den Bach runter. Die Werbespots sind auf die Hälfte gesunken, und alle, vom Sendeleiter bis zum Programmdirektor, blicken mich scheel an. Wissen Sie, welche Sendung in der letzten Zeit die beste Quote hatte?«
      »Bestimmt nicht. Wo käme ich denn hin, wenn ich auf die Einschaltquoten achten würde.«
      »Das Interview mit Ihrer Frau. Hören Sie, Kostas.« Das »Kommissar« schluckt er in der Vertraulichkeit der Verzweiflung hinunter. »In meinem Job geht der zuerst, der das dicke Geld verdient, die Quote aber nicht mehr bringt. Und ich gehöre mittlerweile in diese Kategorie. Als Reporter bin  ich ihnen zu teuer, und als Produzent bringe ich die Quote nicht. Deshalb sage ich, tun Sie was, denn uns geht's an den Kragen. Wir haben vielleicht unsere Meinungsverschiedenheiten, aber Sie kennen mich nun schon seit Jahren, und es wird Ihnen auch nicht einerlei sein, mich auf der Straße zu sehen.«
      Mit einem Schlag wird mir bewußt, daß er alles, was er sagt, haargenau so meint. »Glauben Sie mir, ich tue, was ich kann, aber dazu braucht man auch ein Quentchen Glück. Früher oder später wird der Zufall auf meiner Seite sein. So ist es bis jetzt immer gewesen, das sage ich aus Erfahrung.«
      Er erhebt sich wortlos und geht zur Tür. »Haben Sie tatsächlich Angst, arbeitslos zu werden?« frage ich ihn, denn noch immer kann ich mir das schlicht nicht vorstellen.
      Er dreht sich um und blickt mich an. »Ich bin fünfzig Jahre alt und verdiene gutes Geld. Wenn ich dreißig wäre und das Grundgehalt bekäme, müßte ich nicht um meinen Job bangen.« Er öffnet die Tür, überlegt es sich jedoch noch einmal anders und kehrt zurück. »Eigentlich muß ich keine Angst haben. Meine Wohnung ist abbezahlt, bei meinem Auto fehlen noch zwei Raten. Trotzdem geht es mir an die Nieren. Die Leute unserer Generation sind als linke Idealisten aufgebrochen, um als Hosenscheißer zu enden«, ergänzt er apodiktisch und geht grußlos hinaus.
      Es ist ihm gelungen, seine Angst auf mich zu übertragen, oder um gerecht zu bleiben, meine bereits vorhandene Angst anwachsen zu lassen. Nun, mir droht zwar keine Entlassung, aber der Druck, den Mörder zu finden, inklusive der psychischen Belastung, daß alle - von den Werbefirmen bis zu den Fernsehsendern, vom Minister bis Gikas - von mir die Lösung erwarten, läßt mich Sotiropoulos' Angst teilen.
      Um dem Stress zu entfliehen, beschließe ich, mein Büro zu verlassen und eine Fahrt zu Mediastar zu unternehmen - dem Sender, wo Alibrandis arbeitete. Doch das Klingeln des Telefons hält mich zurück. Am anderen Ende ist Gikas, der mich kurz angebunden informiert.
      »Ein weiterer Brief.«
      »Bei derselben Zeitung?«
      »Ja, bei der Politia. Ich verbinde Sie mit Petrochilos, damit Sie es aus erster Hand hören.«
      Ich warte einige Sekunden, dann höre ich Petrochilos' beschwingte Stimme. »Des einen Leid, des anderen Freud, Herr Kommissar. Wer das gesagt hat, muß ein Prophet gewesen sein und die heutige globalisierte Gesellschaft der freien Marktwirtschaft vorhergesehen haben.«
      Ich erwartete, ein Bekennerschreiben zu hören, und bekomme statt dessen eine Lektion in Globalisierung erteilt. »Was wollen Sie damit sagen?« frage ich lustlos.
      »Seit gestern, seit Alibrandis' Ermordung, laufen bei uns in der Redaktion die Telefone heiß, wir kommen den Inseratwünschen gar nicht mehr hinterher. Wenn jetzt das Schreiben veröffentlicht wird, kommen voraussichtlich mindestens noch einmal sechzehn Seiten Werbung zur nächsten Ausgabe hinzu. Mit uns reiben sich auch die Graphiker die Hände, während bei der tv-Werbung und den Sendern tote Hose ist. So lange haben sie den Hauptanteil vom Kuchen vernascht, und jetzt nehmen wir ihnen die Butter vom Brot.« Er hält so kurz inne, daß ich keine Gelegenheit finde, ihn zu unterbrechen, und fährt dann niedergeschlagen fort: »Vassos Alibrandis' Ermordung ist mir jedenfalls schon unter die Haut gegangen. Natürlich freue ich mich über das plötzliche Interesse und kann es kaum fassen, daß wir endlich

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