Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
unglücklichen Opfers möchte ich mein tiefes Mitgefühl ausdrücken. Und ich möchte klarstellen, daß die mir unterstellten Einheiten jeden Versuch unternehmen, den Aktionen dieses rücksichtslosen Mörders ein Ende zu setzen. Ich erkläre ganz entschieden, daß ich entschlossen bin, weitere Einsatzkräfte für die Verfolgung des Mörders zur Verfügung zu stellen. Ab morgen wird sich der ganze Polizeiapparat auf eine gnadenlose Mörderjagd machen.«
»Wie sollen wir ihn jagen, wenn wir gar nicht wissen, wer er ist?« Meine Frage ist mehr an mich selbst als an Gikas gerichtet.
»Ach, schlagen Sie sich immer noch mit dieser Frage herum?« spottet Gikas.
»Sind Sie mit der Arbeit der Polizei bislang zufrieden?« ist eine nicht zuordenbare Stimme aus dem Hintergrund zu hören.
»Wie gesagt unternimmt die Polizei übermenschliche Anstrengungen, und ich glaube, daß wir bereits wichtige Erkenntnisse gewonnen haben. Sollte jedoch eine andere, noch effektivere Herangehensweise nötig sein, werden wir nicht zögern, sie einzusetzen.«
»Soll ich hingehen und ihm meinen Rücktritt ins Gesicht schleudern?« fragt Gikas außer sich.
»Warum sollten Sie Ihren Posten verlassen, wo er doch in sechs Monaten wieder ein einfacher Abgeordneter sein wird?«
»Ihr Wort in Gottes Ohr«, flüstert er erleichtert.
Der Minister besteigt seine Limousine und fährt grußlos davon. Ob dies seinen schlechten Manieren geschuldet ist oder ob er uns damit seine stillschweigende Mißbilligung zum Ausdruck bringen will, bleibt dahingestellt.
»Der Mörder ist mit einer Vespa geflohen, Farbe hell- bis dunkelrot. Ich habe per Funk eine Suchmeldung herausgegeben.«
»Geben Sie auch eine Abbildung des Modells an die Fernsehsender weiter. Vielleicht hat es jemand zufällig gesehen. Eine Vespa in Athen ist allerdings die berühmte Stecknadel im Heuhaufen.«
Sein Vorschlag leuchtet mir ein, und ich beauftrage Vlassopoulos mit seiner Umsetzung. Mir bleibt nichts weiter zu tun, und so beschließe ich, aufzubrechen. Gikas ist bereits mit demselben Einsatzwagen abgefahren, der ihn hergebracht hatte.
Es ist fast zwei Uhr, als ich nach Hause komme. Adriani ist noch wach und sitzt vor dem Fernseher.
»Warum liegst du noch nicht im Bett?« frage ich.
»Weil du nicht gern alleine ißt und sonst mit leerem Magen schlafen gehst.«
»Ich habe keinen Hunger, aber ein wenig Obst würde ich gerne essen.«
»Dann bringe ich dir Wassermelone mit Feta«, meint sie, und meine gute Laune kehrt zurück.
Ich schalte den Fernseher aus, da ich keinen Bock auf eine »Sondersendung« habe, in welcher der Minister, vor der Einfahrt zum Garagenbereich posierend, die Hauptrolle spielt.
* 41
Der erste, den ich am nächsten Morgen vor meinem Büro antreffe, ist Sotiropoulos. Und zwar nicht als Speerspitze der üblichen Journalistenmeute, sondern ganz einsam, niedergeschlagen und mit hängenden Mundwinkeln. Wir tauschen einen kurzen Gruß aus, ich mit normaler Stimme, er mit einem gehauchten Flüstern, und treten in mein Büro.
»Wann habt ihr ihn endlich?« fragt er mich, noch ehe wir Platz genommen haben.
»Wen?« Meine Gegenfrage klingt dumm, aber diese Begrüßung habe ich einfach nicht erwartet.
»Diesen Serienmörder, wen sonst?«
»Keine Ahnung«, sage ich vollkommen aufrichtig. »Er ist ein Phantom, ein Mensch ohne Namen und ohne Gesicht, der zuschlägt und spurlos verschwindet. Zum ersten Mal halte ich nichts vor Ihnen geheim, denn ich weiß wirklich nichts.«
»Und bis Sie etwas in Erfahrung bringen, hat er uns schon in den Ruin getrieben.« Sein Tonfall ist angriffslustig, doch ich kriege es nicht in den falschen Hals. Ich bin es gewohnt, als Sündenbock herhalten zu müssen, wenn irgend etwas schiefläuft.
»Kommen Sie, reden Sie nicht die Sintflut herbei«, tröste ich ihn. »Früher oder später schnappen wir ihn.«
»Ich rede die Sintflut nicht herbei. Sie ist schon da, und sie steht uns bis zum Hals. Wissen Sie, daß Entlassungen bevorstehen? Und das sage ich nicht nur aus Sorge und Solidarität mit meinen Kollegen. Auch ich laufe Gefahr, auf der Straße zu landen.«
Ich lache auf, weil es Dinge gibt, die man einfach nur als Scherz auffassen kann. »Wenn Sie mir sagen, daß Sie als letzter gehen und die Rolläden runterlassen, glaube ich das.«
»Was bringt Sie denn dazu zu glauben, daß man mich nicht entläßt?« fragt er
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