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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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wieder schwarze Zahlen schreiben. In erster Linie jedoch trifft mich sein Schicksal als Mensch.«
      Das lasse ich kommentarlos im Raum stehen und bitte ihn, mir das Schreiben vorzulesen. Man könnte es eher eine kurze Notiz nennen, denn auf dem Papier kann es nicht mehr als ein paar Zeilen einnehmen.
      »Wie es scheint, seid Ihr entweder verrückt oder Ihr nehmt mich nicht ernst. Denn würdet ihr mich ernst nehmen, hättet ihr in der Sendung über mich keine Werbung gebracht. Diese Provokation wird Euch teuer zu stehen kommen. Die Tötung von Vassos Alibrandis war die erste leise Warnung. Hört sofort mit Werbung auf, denn von heute an befinden sich alle, die mit dieser Branche zu tun haben, von den Angestellten bis zu den Eigentümern von Werbefirmen und Fernsehkanälen, im Fadenkreuz. Das ist meine letzte Warnung. Eine weitere wird es nicht geben.«
      Nach Beendigung des Gesprächs mit Petrochilos breche ich zu Mediastar auf. Die Büros liegen in Melissia, in der Alexandroupoleos-Straße, und die Fahrt dorthin liegt mir im Magen. Die nagende Gewißheit, daß ich bloß meine dienstlichen Ermittlungen vervollständige und voraussichtlich ohne jegliche neue Erkenntnis wieder abziehen werde, macht die Tour nicht gerade erträglicher.
      Draußen herrscht drückende Schwüle. Alle Fenster sind offen, doch kein Lüftchen streicht über mein Gesicht. Dagegen läuft mir der Schweiß von den Schläfen. Der einzige Grund, ein neues Auto zu kaufen, wäre eine Klimaanlage. Vor zwei Jahren, in einem Moment hitzebedingter Verzweiflung, wollte ich mir in einer Werkstatt eine Klimaanlage in den Mirafiori einbauen lassen. Der Mechaniker sah mich nur an und meinte verächtlich: »Wenn du einen kleinen Ventilator willst, na schön. Aber mehr ist nicht drin.« Danach blieb ich, trotz der Abgase, bei der sicheren Lösung des offenen Fensters.
      Mediastar ist in einem jener dreistöckigen, grauen Gebäude ganz aus Beton und Glas untergebracht, deren moderne Fassade dunkle blickdichte Scheiben aufweist, durch die man von innen nach draußen jedoch alles sehen kann.
      Der Security-Mann am Eingang empfängt mich nicht mit einem »Herr Kollege«, sondern bietet mir an, mich zur Werbeabteilung zu führen, wo er mich einer Vierzigjährigen mit pechschwarzem Haar und fleischigen, knallrot geschminkten Lippen übergibt.
      »Die Todgeweihten grüßen dich«, sagt sie, als sie meinen Namen und meine Berufsbezeichnung hört.
      »Wurden Sie auch bedroht?« frage ich überrascht.
      »Nein, aber wir sind die nächsten Kandidaten. Dieser Irre hat sich geschworen, uns alle umzulegen. Und unsere Leute beharren auf ihrer alten Leier, denen ist einfach alles schnuppe.«
      »Hör schon auf zu zetern, Loukia«, ruft eine dicke Blonde, die am Schreibtisch nebenan sitzt. »Reicht es nicht, daß wir durch Vassos' Tod völlig fertig sind? Dann kommst noch du mit deiner Hysterie.«
      »Wenn du Angst hast, dann kündige doch«, sagt ihr eine junge Frau Mitte Zwanzig. »Vielleicht hast du noch andere Einkünfte. Ich habe mir ein Jahr lang die Hacken abgelaufen, um Arbeit zu finden, und ich lasse mich lieber umbringen, als sie sausen zu lassen.«
      Ich beschließe einzuschreiten, da ich sonst noch in ihre persönlichen Reibereien verwickelt werde. Und da ihre Nerven blankliegen, werde ich nicht einmal die dienstlichen Ermittlungen zu Ende bringen können.
      »Haben Sie vielleicht gehört, ob Alibrandis in der letzten Zeit von Drohungen gegen seine Person erzählt hat?«
      »Nein. Uns zumindest hat er nichts gesagt. Weder in den letzten Tagen noch im letzten Monat. Hat er dir vielleicht etwas erzählt, Jessey?« fragt sie die junge Frau.
      »Kein Wort!« entgegnet die mit Nachdruck.
      »Und Ihnen?« frage ich die Dunkelhaarige.
      »Nichts dergleichen«, flüstert sie mühsam.
      »Hat er Ihnen gegenüber vielleicht erwähnt, daß er sich verfolgt fühlte?«
      »Nein!« antworten alle drei wie aus einem Munde.
      »Vassos war wie immer, er hatte sich überhaupt nicht verändert«, stellt die Blonde mir gegenüber klar. »Seine einzige Sorge war, daß das Werbeaufkommen sinken könnte. Den ganzen Tag hing er am Telefon, um die Kunden und die Werbefirmen zu überzeugen, daß sich nichts geändert hatte und der Sender weiterhin Spots ausstrahlen würde.«
      Meine letzte Frage ist die informellste und die folgenschwerste. »Hat Alibrandis stets zur gleichen Zeit das Büro verlassen oder zu unterschiedlichen

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