Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
kurzem übermittelt wurde.«
Zunächst ist das Knacken des Senders zu hören, dann beginnt das Funkgespräch, das gleichzeitig in schriftlicher Form auf der rechten Seite über den Bildschirm flimmert.
»Hier spricht der Kapitän der El Greco. Hier spricht der Kapitän der El Greco.«
»Wir hören Sie gut, Kapitän.«
»Wir haben Kranke an Bord und benötigen Medikamente.«
»Welche Medikamente?«
»Wir brauchen Adalat, Frumil, Norvasc 5 und 10 sowie Pensordil 5 für Patienten, die an Bluthochdruck und Herzkrankheiten leiden. Des weiteren Insulinspritzen für Diabetiker sowie Säuglings- und Kindernahrung.«
Ich zeichne Panoussos symbolisch mit einem Orden aus. Die Terroristen haben zwar nicht, wie im Aufruf gefordert, Frauen, Kinder und Kranke freigelassen, aber Medikamente und Kindernahrung angefordert.
»Benötigen Sie eventuell ärztliche Hilfe, Kapitän? Sollen wir einen Arzt hinüberschicken?« höre ich Panoussos mit seiner ruhigen, fast gleichmütigen Stimme sagen, die nichts von seiner Anspannung preisgibt.
»Nein, nicht nötig. Unter den Passagieren befindet sich ein Arzt.«
»Das ist Fanis!« höre ich plötzlich Adriani aufschreien. »Es ist Fanis! Gott sei Dank, heilige Jungfrau!«
Ich bin drauf und dran, sie zu packen und im Zimmer einzuschließen, denn nun werden sich alle Journalisten auf sie stürzen, um herauszukriegen, wer Fanis ist und woher sie ihn kennt. Glücklicherweise verpflichtet ein kollektives »Psssst!« alle zu absolutem Stillschweigen.
»Können Sie uns etwas über die Identität der Geiselnehmer sagen und worauf sie hinauswollen?« Das ist wieder Panoussos' Stimme.
»Sie werden verstehen, daß meine Verantwortung für das Leben der Passagiere mir nicht erlaubt, mehr zu sagen.«
»Alles klar, Kapitän. Sie brauchen nichts weiter zu sagen. Wir fragen, und Sie antworten ja oder nein. Wissen Sie, ob die Geiselnehmer Araber sind?«
»Nein.«
»Nein oder unklar?«
»Unklar.«
»Wissen Sie, ob es Palästinenser sind?«
»Unklar.«
»Wissen Sie etwas über ihre Identität?«
»Nein.«
»Wie verständigen sie sich?«
»Auf englisch oder schriftlich.«
»Heißt das, sie sprechen nicht?«
»Nein, mit Ausnahme von kurzen Befehlen auf englisch, die sich an die Mannschaft und an die Passagiere richten.« Dann folgt eine Unterbrechung, als nähme der Kapitän Anweisungen entgegen, schließlich setzt er das Gespräch wieder fort. »In einer Stunde melden wir uns und geben bekannt, wie die Übergabe der Medikamente ablaufen soll.« Unmittelbar danach bricht der Funkkontakt ab.
»Das war das Gespräch zwischen dem Kapitän der El Greco und dem Hafenamt, verehrte Fernsehzuschauer«, ergänzt der Moderator. »Bleiben Sie dran. In Kürze folgt ein Interview mit dem Leiter der Abteilung für Terrorismusbekämpfung, Loukas Stathakos.«
Ein neues Bild taucht auf: Ein junger Mann, der kurz vor der Einweisung in die Klapsmühle zu stehen scheint, fuchtelt mit seinem Handy und fragt uns, wer die niedrigste Grundgebühr, die preisgünstigsten sms und freie Gesprächsminuten biete. Ich bedeute Adriani, wir sollten auf unser Zimmer gehen. Alle anderen verbleiben auf ihren Plätzen.
Ich fahre mit Adriani zu Zimmer 406 hoch. Sobald die Tür hinter uns ins Schloß fällt, rufe ich Parker auf seinem Handy an.
»Was sagen Sie dazu?« frage ich.
»Nichts Umwerfendes, aber ein Anfang«, meint er.
»Was ist die gute und was die schlechte Nachricht?« Ich kenne ihn mittlerweile ganz gut und weiß, daß er üblicherweise beides im Angebot hat.
»Erfreulich ist, daß sie Medikamente und Kindernahrung verlangt haben. Das heißt, grundsätzlich wollen sie die Versorgung von Kindern und Kranken sichern.«
»Und die schlechte Nachricht?«
»Daß sie ihre Identität nicht preisgeben. Haben Sie gehört, was der Kapitän gesagt hat? Sie verständigen sich schriftlich, weil sie nicht wollen, daß man anhand ihrer Aussprache merkt, woher sie stammen.«
»Haben sie deshalb das Gespräch zwischen Kapitän und Panoussos gestattet? Weil sie diese Unsicherheit bezüglich ihrer Identität auch auf uns übertragen wollen?«
»Richtig«, lacht er. »Aber gerade das beunruhigt mich. It makes me nervous. Da steckt etwas dahinter, auf irgend etwas wollen sie hinaus, aber mir ist nicht klar, was es sein könnte.«
Ich zögere vor der nächsten Frage, weil ich
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