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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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verfestigt sich in mir das Gefühl, daß es sich bei der dringenden Sache nur um Gikas handeln kann, der von Kreta aus auf dem laufenden gehalten werden will. Offenbar hat ihn Koula in der Leitung und bittet mich deshalb, sofort hochzukommen.
      Doch alles, was ich mir zurechtgelegt habe, wird über den Haufen geworfen, als ich in ihr Büro trete und es leer vorfinde. Die Tür zu Gikas' Büro steht offen, und Stimmen dringen heraus. Mir geht durch den Kopf, Gikas könnte zurückgekommen sein und mich sprechen wollen, aber bei meinem Eintreten sehe ich an Gikas' Stelle Koula auf seinem Stuhl sitzen und auf den Fernseher starren. Gikas hatte ihn vor seiner Abreise nach Kreta angefordert, um die Nachrichtensendungen verfolgen zu können.
      Neugierig blicke ich auf den Bildschirm. Die El Greco liegt, wie an den vorangegangenen Tagen, reglos vor den Thodorou-Inseln.
      »Achten Sie auf die Flagge am mittleren Mast«, sagt Koula.
      Neben der griechischen Fahne weht eine dreifarbige Flagge im Wind: rot - blau - weiß, mit einem Emblem aus Kreuz und Krone in der Mitte. »Was für eine Flagge ist das?«
      »Die serbische angeblich.«
      »Sind Sie noch bei Trost, Koula?« rufe ich aus, mehr verdattert als verärgert. »Was wird da behauptet? Daß wir es mit serbischen Terroristen zu tun haben? Die Serben haben hier weder im Bosnienkrieg noch beim Kosovo-Konflikt Terroranschläge durchgeführt, noch als sie unter nato-Beschuß standen. Und jetzt soll ihnen das eingefallen sein?«
      »Nun ja, Herr Charitos, ich hätte auch nicht gewußt, wie die serbische Flagge aussieht. Aber so sagen sie es, und so gebe ich es Ihnen weiter.«
      »Das kann nur so ein ungebildeter Journalist gewesen sein, der keine Ahnung von Tuten und Blasen hat.«
      »Kommen Sie, wozu gibt es Enzyklopädien, Herr Charitos?« Der Kommentar ist fast eine Beleidigung für mich als eingeschworenen Lexikon-Anhänger, und ich halte lieber den Mund. »Wenn es Serben sind, ist das jedenfalls zu unseren Gunsten.«
      »Wieso?«
      »Weil die Serben keinem Griechen etwas zuleide tun werden. Nun können Sie und Frau Adriani beruhigt aufatmen.«
      Die El Greco verschwindet vom Bildschirm, und an ihrer Stelle taucht der Nachrichtensprecher auf. »Bislang gibt es nichts Neues, verehrte Fernsehzuschauer«, kündigt er an. »Die gehißte Flagge läßt bei der Polizei die Vermutung aufkommen, daß es sich um Serben handeln könnte, obwohl diese Theorie mehr Fragen aufwirft, als löst. Die Polizei jedenfalls erwartet jeden Moment eine Kontaktaufnahme seitens der Geiselnehmer. Wir bemühen uns, unseren Korrespondenten in Chania bezüglich der allerletzten Entwicklungen zu erreichen. Dimos, hören Sie uns?«
      »Ich höre Sie, Jannis, aber es gibt nichts Neues zu vermelden. Wie Sie schon erwähnt haben, erwartet die Polizei jede Minute eine Kontaktaufnahme seitens der Terroristen.«
      »Gibt es einen konkreten Hinweis auf ihre Staatsangehörigkeit?«
      »Keinen, mit Ausnahme der Flagge. Die Polizei schließt jedenfalls auch die Möglichkeit nicht aus, daß die Terroristen uns irreführen wollen.«
      Ich ersuche Koula, den Fernseher leiser zu stellen, und rufe Gikas auf seinem Mobiltelefon an, doch es ist besetzt. Dann probiere ich es bei Adriani, doch sie geht nicht ran. Offenbar befindet sie sich an der Küstenstraße und hört es im Eifer des Gefechts nicht. In meiner Verzweiflung rufe ich Parker an, der sofort antwortet. Ich frage ihn nach seiner Meinung über die Flagge und wer wohl dahinter stecken könnte.
      »I don't know«, ist seine ehrliche Antwort. »Vielleicht sind es tatsächlich Serben, die den Kosovo zurückfordern. Oder jemand versucht uns in die Irre zu führen.«
      Gerade will ich ihn fragen, warum er glaubt, daß sie uns in die Irre führen wollen und was sie davon hätten, als er unser Gespräch abrupt beendet: »Sorry, I have to go. Da tut sich etwas auf dem Schiff.«
      »What?« frage ich, erhalte jedoch keine Antwort, weil er aufgelegt hat.
      Ich bleibe nicht lange auf meiner Frage sitzen, denn die El Greco taucht wieder auf dem Bildschirm auf. »Dimos, gibt es Bewegung an Deck?« fragt der Moderator.
      »Ja, da tut sich etwas.«
      »Kann die Kamera näher rangehen?«
      Die Kamera fährt an das Schiff heran, und wir erblicken zwei Männer mit Kalaschnikows, die wie der leibhaftige Tod wirken, an der Reling stehen und zum Ende des Decks blicken. Zwei weitere bringen kurz darauf einen blonden

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