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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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lang durchzuck mich der Gedanke, sie schmolle aufgrund unseres gestrigen kleinen Streits, doch dann schließe ich es aus. Wahrscheinlich hat sich die Anspannung auf ihr Hörvermögen ausgewirkt. Als ich auflege, läutet mein Handy sofort. Palioritis, der Leiter des Polizeilabors, ist dran.
      »Die Pistole ist mit Sicherheit eine Luger. Ich kann Ihnen sogar das Baujahr nennen.«
      »Ich höre«, sage ich lustlos, denn in diesem Augenblick steht der Ifantidis-Mord auf der Warteliste, und es ist ungewiß, wann er wieder an die Reihe kommt.
      »Sie stammt aus dem Jahr 1942 oder 1943«, fährt Palioritis ungerührt fort. »Wir haben ein Vergleichsstück im Kriegsmuseum gefunden.«
      »Vielen Dank, Sie haben gute Arbeit geleistet«, bemerke ich und lege gleich nach dem Lob auf, da der Moderator wieder auf den Bildschirm zurückgekehrt ist, während ein weiterer Korrespondent des Senders vor dem erzbischöflichen Palais steht.
      »Was gibt es Neues, Nassos?« fragt der Moderator.
      »Momentan tagt die heilige Synode, während der Erz-bischof in ständigem Kontakt zum Premierminister steht, Fotis. Bislang hat es keine offizielle Erklärung gegeben. Die Auffassung, die in Kirchenkreisen diskutiert wird, -«
      »Nassos, ich unterbreche, weil wir gerade aus dem Pressezentrum vernehmen, daß sich der Regierungssprecher äußern wird.«
      Sobald der Regierungssprecher im Presseraum erscheint, beginnen ihn die Redakteure mit Fragen zu bombardieren. Der Regierungssprecher hebt abwehrend beide Hände und erklärt: »Ich werde nur die Verlautbarung der Regierung verlesen, jedoch auf keine Fragen eingehen.«
      Dann beginnt er die Presseerklärung herunterzuleiern, als wolle er so schnell wie möglich wieder an seinen Schreibtisch zurück. »Die griechische Regierung bringt ihre Empörung über die Geiselnahme auf dem Fähr- und Passagierschiff El Greco und gleichzeitig ihre tiefe Bestürzung darüber zum Ausdruck, daß diese Geiselnahme von Landsleuten mit dem Ziel durchgeführt wird, die griechische Justiz zu erpressen. Die griechische Regierung erklärt nachdrücklich, sie werde sich Erpressungen nicht beugen und keine Forderungen erfüllen, welche die geltende Rechtsordnung unterhöhlen. Sie ruft die Geiselnehmer auf, ausnahmslos alle Geiseln freizulassen und sich - im Hinblick auf mildernde Umstände - den zuständigen griechischen Behörden ohne Widerstand zu ergeben. Gleichzeitig hat die griechische Regierung weder vor, noch ist sie in der Lage, irgendeinem griechischen Staatsbürger oder dem Bürger eines anderen Landes zu untersagen, die Deklaration der Geiselnehmer bezüglich deren Teilnahme am Krieg in Bosnien zu unterzeichnen. Was die in der Akte des Erzbistums enthaltene Erklärung betrifft, liegt die Entscheidung über ihre Veröffentlichung und Verbreitung bei der Kirche Griechenlands.«
      Gleich nach dem Ende des Vortrags bestürmen die Redakteure zum zweiten Mal den Regierungssprecher, der seine Aussage, er werde keine Fragen beantworten, wiederholt und den Schauplatz verläßt.
      Ich schalte den Ton des Fernsehers ab und versuche, meine Gedanken zu ordnen. Innerhalb weniger Stunden ist alles auf den Kopf gestellt worden. Wir rechneten mit al-Qaida oder Tschetschenen, und nun sehen wir uns Landsleuten gegenüber, die die Helden spielen wollen. Das macht sie jedoch nicht weniger gefährlich. Ganz im Gegenteil, möglicherweise macht es sie unberechenbarer, da al-Qaida und die Tschetschenen ihre Gefährlichkeit nicht erst beweisen müssen. Die Regierung arbeitet mit Zuckerbrot und Peitsche. Einerseits gibt sie sich unnachgiebig und ruft die Geiselnehmer zur bedingungslosen Kapitulation auf, andererseits ermuntert sie die Geiseln indirekt, die Deklaration der Terroristen zu unterzeichnen. Sie veröffentlicht zwar nicht selbst den Abschnitt aus der Akte des Erzbistums, doch läßt sie es gewiß das Erzbistum selbst tun.
      Als ich sehe, daß die Fensterchen am Bildschirm wieder bevölkert sind, schalte ich den Ton wieder an. Der Moderator diskutiert mit zwei Parlamentsabgeordneten und einem Journalisten. Alle sind gegen den Terrorismus, aber darüber hinaus zerbröckelt die Front rasch. Der eine Abgeordnete ist auf der Seite Serbiens, der andere auf der Seite der nato, während der Journalist zwar für die nato ist, aber nicht akzeptieren will, daß in Srebrenica ein Massaker stattgefunden hat. Im vierten Fensterchen erblicke ich einen Metropoliten, der seine griechischen Schäfchen dazu

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