Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
unserer Position angeschlossen haben, freigelassen. Vorläufig haben wir zwei Besatzungsmitglieder aus praktischen Gründen zurückbehalten. Ebenso befindet sich noch Katerina Charitou an Bord, die Tochter eines Polizeibeamten, die wir erst freilassen werden, wenn der Panhellenische Bund der Polizeibeamten jene widerwärtige Antirassismus-Charta zurückzieht, welche die Einstellung von Ausländern in das griechische Korps der Polizei fordert. So tief ist unser nationales Ehrgefühl gesunken, daß die Polizei selbst die Einstellung albanischer und bulgarischer Kollegen fordert -Angehörige von Völkern, die uns feindlich gesinnt sind! Selbst für einen griechischen Taschendieb ist es erniedrigend, von einem albanischen Bullen Handschellen angelegt zu bekommen. Der Bund der Polizeibeamten soll diesen beschämenden Text zurückziehen, dann werden wir die junge Frau freilassen. Andernfalls wird sie dasselbe Schicksal wie die Ausländer erleiden, die wir erschießen werden, sollten nicht innerhalb von vierundzwanzig Stunden alle Ermittlungen bezüglich unserer Teilnahme am angeblichen Massaker von Srebrenica eingestellt werden.«
»Wie Sie sehen, spricht er zwar über die Antirassismus-Charta im allgemeinen, konkret verlangt er jedoch nur die Rücknahme des Abschnitts über die ausländischen Polizeibeamten.«
Arvanitakis schneidet eine Diskussion an, die mich nicht im geringsten interessiert. »Wo kann ich diesen Arvanitakis finden?« frage ich Koula.
»Er ist in seinem Büro in der ersten Etage und wartet auf Sie. Auf Wunsch von Herrn Gikas habe ich ihn gebeten, auf Sie zu warten, damit Sie mit ihm sprechen können. Deshalb hat er auch das Interview per Telefon gegeben und ist nicht ins Studio gefahren, wie man es eigentlich von ihm wollte.«
Ich mache mich gerade auf den Weg, in die erste Etage hinunterzufahren, als mich Koula zurückhält. »Brauchen Sie irgend etwas, Herr Charitos? Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«
»Inwiefern denn, Koula? Ich habe doch kaum Einfluß auf die Ermittlungen, wie könnten Sie mir da helfen?«
»Ich meine im Haushalt, Herr Charitos. Wie kommen Sie alleine zurecht? Ich könnte kurz vorbeikommen und etwas für Sie kochen, damit Sie etwas Warmes im Magen haben.«
»Lassen Sie nur, ich improvisiere. Außerdem bin ich nur selten zu Hause. Hoffen wir, daß diese schlimme Situation nicht mehr lange andauert.« Ich höre mich zwar reden kann aber meinen eigenen Worten nicht recht glauben.
»Wie geht es Ihrer Frau?«
»Wie soll's ihr gehen? Sie weiß nicht, wo ihr der Kopf steht.«
Ich fahre in die erste Etage und suche Arvanitakis' Büro. Als ich ihn vorfinde, sitzt er an seinem Schreibtisch und hat den Kopf in beide Hände gestützt. Sein Blick ist auf ein Schriftstück geheftet, und er ist so sehr in Gedanken versunken, daß er das Klopfen an der Tür überhört. Meine Anwesenheit bemerkt er erst, als ich direkt vor seinem Schreibtisch stehe. Als Zeichen der Verzweiflung hebt er die Arme und stößt einen tiefen Seufzer aus. Er kennt mich vermutlich, während ich das Gefühl habe, ihm zum ersten Mal zu begegnen.
»Mir fehlen die Worte, Herr Kommissar...«
»Dann sag ich Ihnen was, Herr Kollege: So kommt's, wenn ein Jude am Sabbat zum Markt will.«
Er blickt mich an, als wundere er sich darüber, nicht selbst auf diesen Vergleich gekommen zu sein. »Das stimmt. Wir wollten die Polizei vom Stempel des Rassismus befreien, und das ist dabei herausgekommen.« Er hält kurz inne, als wolle er dieses Resultat werten, und fährt fort: »Wissen Sie, was mich beeindruckt? Wie sie überhaupt darauf gekommen sind.«
»Über das Fernsehen... die Zeitungen... Wie sonst?«
»Das ist ja das Merkwürdige. Wir glaubten, die Antirassismus-Charta würde Aufsehen erregen, doch die Massenmedien, die uns doch ständig Rassismus vorwerfen, haben sie totgeschwiegen. Das Fernsehen ist überhaupt nicht darauf eingegangen und die Tageszeitungen nur in den Kurzmeldungen. Offenbar gab es die Weisung, sie unter den Teppich zu kehren.«
»Von wem?«
»Von den obersten Etagen der Politik. Eine Diskussion um die Aufnahme von Ausländern in das Korps der Polizei ist der Regierung unheimlich, da politisch riskant. Dagegen kratzt es die Politiker nicht im geringsten, wenn man die Bullen Rassisten nennt.«
Was er sagt, würde mir unter anderen Umständen einleuchten, aber nun ist das einzige, was mich interessiert, wie Katerinas und
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