Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
frag ihn dann, um wieviel Uhr ihr zur Militärbasis kommen sollt, denn von dort werdet ihr abfliegen.«
»Und wenn er sich nicht bei mir meldet?«
»Dann ruft er bestimmt mich an, und ich gebe dir umgehend Bescheid. Ihr werdet euch schon nicht zwischen Chania und Souda verpassen.«
Ich will ihr schon sagen, daß Katerina gewiß sofort anrufen wird, doch ich schlucke den Satz hinunter, weil sie möglicherweise in dem ganzen Trubel nicht gleich dazu kommt, und die beiden sitzen dann auf heißen Kohlen. Zudem halte ich Adriani durchaus für fähig, nach Souda zu fahren und dort alles auf den Kopf zu stellen.
Nachdem ich das Handy beiseite gelegt habe, trete ich zu meiner morgendlichen Rasur ins Bad. Doch plötzlich überkommt mich eine unüberwindliche Kraftlosigkeit. Der Gedanke, ins Büro zu fahren, um mich mit Ifantidis und Koutsouvelos zu beschäftigen, türmt sich wie ein Hochgebirge vor mir auf. Ich will einfach nur zu Hause bleiben, neben den beiden Telefonen, dem Festnetzgerät und dem Handy sitzen und auf Katerinas Stimme warten. Zum Teufel, sage ich mir, ich habe ein Anrecht auf ein bißchen Freizeit, nachdem ich tagelang unter doppeltem Druck stand. Und mich selbst überzeugt mein Argument sofort. Daher rufe ich Vlassopoulos an und erzähle ihm von Katerina.
»Ich weiß, hier summt es wie in einem Bienenkorb«, entgegnet er. »Gestern haben alle noch auf Arvanitakis herumgehackt, heute gratulieren sie ihm zu seinem mutigen Schritt und versuchen, ihn von seinem Rücktritt abzubringen, da er am Ende doch ganz richtig gehandelt hätte. Er ziert sich noch ein wenig, aber der Vorstand hat seinen Rücktritt ohnehin nicht angenommen. Daher wird er wohl bleiben.«
»Ich habe mir heute freigenommen und komme nicht ins Büro. Wenn etwas Dringliches vorliegt, kannst du mich zu Hause anrufen. Aber nur, wenn's wirklich nicht anders geht.«
»In Ordnung, alles Gute für Katerina«, meint er, und wir legen auf.
Ich gehe in die Küche und koche mir einen Kaffee, der mir wie jeden Morgen zu einer wässrigen Brühe gerät, Dann setze ich mich vors Fernsehgerät, doch bevor ich einschalten kann, läutet das Festnetztelefon, und Palioritis, der Leiter des kriminaltechnischen Labors, ist dran.
»Alles Gute für Ihre Tochter, und entschuldigen Sie die Störung, aber es könnte wichtig sein.«
»Macht nichts, ich höre.« Innerlich verfluche ich Vlassopoulos, weil nun den ganzen Tag das Telefon läuten wird und ich es schließlich zutiefst bereuen werde, daß ich nicht ins Büro gefahren bin.
»Wir haben Koutsouvelos' Wagen gefunden. Er war auf der Ajion-Assomaton-Straße abgestellt. Im Kofferraum haben wir Blutspuren festgestellt. Die lassen wir jetzt analysieren, aber wahrscheinlich stammen sie von Koutsouvelos.«
»Und die Waffe?«
»Dieselbe wie im Fall Ifantidis. Eine Luger aus dem Jahr '42 oder '43.«
Nach außen hin danke ich ihm, innerlich schicke ich ihn zum Teufel, und das Gespräch ist beendet. Ich drücke auf die Fernbedienung, um herauszufinden, was die Sender über Katerinas Freilassung bringen, doch ich stoße bloß auf das übliche eintönige Frühstücksfernsehen und ziehe den Schluß, daß die Sender von ihrer bevorstehenden Freilassung noch nichts mitbekommen haben. Die Terroristen erachten die Mitteilung eines solch unbedeutenden Ereignisses wahrscheinlich für überflüssig, während die Polizei alles daransetzt, es geheimzuhalten.
Trotz alledem beschließe ich, auf gut Glück durch die Sender zu zappen. Mitten in meiner ersten Zapping-Runde unterbricht mich neuerlich das Klingeln des Telefons.
»Herr Kommissar, schimpfen Sie nicht, aber hier ist jemand, der ständig anruft und Sie unbedingt sprechen will.«
»Wozu will er mit mir sprechen, hä? Behauptet er vielleicht, mit mir verwandt oder verschwägert zu sein?«
»Nein, er behauptet, er hätte Ihnen etwas Wichtiges über die beiden Morde mitzuteilen.«
»Schön, dann soll er es dir mitteilen.«
»Hab ich ihm ja vorgeschlagen, aber er weigert sich. Er sagt, er wolle nur mit Ihnen sprechen, und möchte Ihre Telefonnummer wissen.«
»Wenn du ihm die gibst, dann kannst du dich auf eine Versetzung in die Provinz nach Nevrokopi gefaßt machen. Sag ihm, er soll seine Nummer hinterlassen, ich rufe zurück.«
»Auf den Vorschlag hat er spöttisch geantwortet, er habe kein Telefon und rufe von der Telefonzelle aus an.«
»Dann soll er bis morgen warten,
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