Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
mir, und die anderen beiden sitzen im Fond.
Vollkommenes Schweigen herrscht, als wir auf die Tatoiou-Straße gelangen. Alle wollen wir etwas sagen, doch keinem gelingt es, den Anfang zu machen. Schließlich ergreift Adriani das Wort, die in solchen Dingen am erfahrensten ist.
»Du solltest dich bei Gikas bedanken. Ich kann gar nicht beschreiben, wie freundlich er sich uns gegenüber verhalten hat.«
Bitte sehr, da ist sie schon, die Forderung nach Dankbarkeit, sage ich mir. Auch Adriani bestätigt es mir. »Haben sie dich bei der Vernehmung sehr in die Mangel genommen?« frage ich Katerina, um mich, was Gikas betrifft, nicht gleich festzulegen.
»Wie Mama schon sagte, Gikas hat sie daran gehindert.«
»Wer war noch dabei?«
»Der Leiter der Antiterrorabteilung und ein Amerikaner.« Stathakos und Parker also. »Die Fragen sind nur so auf mich eingeprasselt, so daß mir ganz schwindelig wurde. Besonders der Leiter der Antiterrorabteilung hat mich regelrecht bombardiert. Dann hat Gikas eingegriffen und sie zurückgepfiffen. Sie sollten mich nur das Nötigste fragen, und wenn weitere Fragen auftauchten, könnte mich auch mein Vater in Athen befragen. Ich sei ja schließlich die Tochter eines Polizeibeamten.« Sie hält kurz inne und fügt dann hinzu: »Was sollte ich ihnen auch Großartiges erzählen? Sie halten zweiundvierzig Personen - Männer und Frauen - fest, die sie im Salon der Touristenklasse zusammengepfercht haben. Zu essen gibt man ihnen trockene Imbißhappen und zu trinken nur schlückchenweise Wasser. Da sie sich in der Hitze nicht waschen dürfen, stinkt es wie auf dem Fischmarkt. Und jeden Morgen treten sie vermummt in den Aufenthaltsraum, fordern die Geiseln aus den Mitgliedsländern der EU dazu auf, sich mit erhobener Hand zu melden, und erklären ihnen, sie würden zuallererst umgebracht, da sie Jugoslawien bombardiert und den Kosovo den Albanern überlassen hätten.« Sie dreht sich zu mir herüber und blickt mich an. »Na bitte, jetzt habe ich dir schon alles erzählt, da brauchst du dir morgen nicht die Mühe zu machen, mich zu vernehmen.«
»Schämen sollen sie sich, diese selbsternannten Christen«, bemerkt Adriani, aber keiner geht darauf ein.
»Wie geht es den beiden Kranken? Dem mit dem Blut_ hochdruck und dem Diabetiker?« fragt Fanis.
Katerina zuckt mit den Schultern. »Nachdem ihr weg wart, haben sie mich nicht mehr zu ihnen gelassen.«
»Und wie haben sie dich behandelt?« frage ich.
»Von allen Griechen durften nur Fanis und ich uns frei bewegen: Fanis als Arzt und ich als seine Assistentin. Sobald sie jedoch dahinterkamen, daß du Polizist bist, haben sie mich in eine Kabine eingeschlossen, und ich durfte überhaupt nicht mehr raus. Ständig hieß es: Polente hier, Polente da. Ich versuchte ihnen zu erklären, daß nicht ich bei der Polizei bin, sondern mein Vater. Ihre Antwort war, das sei ihnen scheißegal, wir seien allesamt der letzte Dreck.« Sie wendet sich mir zu und blickt mich an. »Für Leute wie die waren früher doch Militär und Polizei das höchste der Gefühle. Kannst du mir sagen, wieso sich das geändert hat?«
»Entweder sind wir ihnen zu demokratisch geworden oder auch zu lasch, je nachdem«, sage ich lachend, um das Gespräch ins Scherzhafte zu wenden.
»Und was haben sich deine Kollegen eigentlich dabei gedacht?« mischt sich Adriani ein. »Ist das der richtige Zeitpunkt für so etwas? Wenn früher ein Grieche nach Bulgarien gereist ist, wurde ihm bei seiner Rückkehr der Paß entzogen, und er konnte nicht einmal einen Führerschein beantragen. Und jetzt sollen Albaner und Bulgaren in unser Polizeikorps aufgenommen werden. Was fällt denen ein!«
Ich entgegne ihr nichts, da ich ihr innerlich zustimme, aber kein Öl ins Feuer gießen möchte. Die anderen beiden schweigen, denn diese Frage ist das letzte, was sie in diesem Augenblick beschäftigt.
Ich lasse Katerina, Adriani und Fanis vor dem Wohnhaus aussteigen und suche einen Parkplatz. Als ich nach Hause komme, finde ich alle im Wohnzimmer vor. Katerina sitzt auf dem Sofa, Adriani an ihrer Seite und streicht ihr übers Haar. Fanis hat in einem Sessel gegenüber Platz genommen und blickt sie nachdenklich an.
»Hast du keinen Hunger, mein Schatz?« fragt Adriani. »Soll ich dir etwas zu essen machen? Obwohl, wir haben gar nichts zu Hause«, fügt sie hinzu, als wäre ihr gerade eben zu Bewußtsein gekommen, wie lange sie weg war.
»Ich
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