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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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jetzt in Erfahrung gebracht haben.« Ich richte mich an diejenigen vor mir und ignoriere Sotiropoulos. »Wir haben es mit zwei Mordopfern zu tun, Stelios Ifantidis und Jerassimos Koutsouvelos. Wie Sie wohl bereits wissen, waren beide als Models in der Tv-Werbung tätig. Beide waren homosexuell und wurden auf genau dieselbe Weise getötet: mit einer Kugel mitten in die Stirn. Das führt uns zu der Annahme, daß wir es mit demselben Täter zu tun haben, der seine Opfer kaltblütig exekutiert.«
      »Was sagen Sie da, ein Serienkiller läuft frei herum und bringt Homosexuelle um?« fragt mich eine kleine X-Bei-nige, die im Winter knallrote Strümpfe und nun Lederlatschen trägt, die sonst nur englische Touristinnen in Mona-stiraki kaufen.
      »Die ersten Hinweise deuten in diese Richtung, aber es ist noch zu früh, um sichere Schlüsse zu ziehen.«
      »Was für eine Waffe hat er benutzt?« hakt ein Zeitungsredakteur nach, der immer die richtigen Fragen stellt.
      »Eine Luger-Pistole aus dem Zweiten Weltkrieg, Baujahr 1942 oder 1943.«
      »Und das sagen Sie erst jetzt, Kommissar?« mischt sich wieder Sotiropoulos aus dem Hintergrund ein. »Und hätten wir nicht auf einem Briefing bestanden, hätten Sie es für sich behalten!«
      Ich ignoriere ihn immer noch. »Wir wollten es erst nach Vorlage des ballistischen Gutachtens bekanntgeben. Und das ist erst gestern eingegangen. Die Verzögerung ist auf die Schwierigkeiten zurückzuführen, auf die das kriminaltechnische Labor bei der Feststellung des Baujahrs traf.«
      Ich werfe ihnen den Köder der Waffe zu, um möglichen unangenehmen Fragen bezüglich des Model-Mörders zuvorzukommen, da wir uns noch nicht schlüssig waren, ob wir die Nachricht vom »Mörder des Großaktionärs« an die Öffentlichkeit geben sollten. Der Trick wirkt, denn alle ziehen hochbefriedigt von dannen und beginnen, die Fensterchen auf dem Bildschirm vorzubereiten, welche die heutigen Abendnachrichten wieder einmal schmücken werden.
      In der allgemeinen Konfusion rufe ich laut: »Herr Sotiropoulos!«
      Auf die Anrede »Herr« reagiert er überrascht, da wir sie nie benutzen. Er nennt mich »Kommissar« ohne Herr, während ich ihn »Sotiropoulos« rufe, ebenfalls ohne Herr. »Haben Sie eine Minute Zeit?«
      Ein paar Kollegen werfen uns mißtrauische Blicke zu, doch sie wagen keinen Kommentar, da Sotiropoulos als dienstältester und bekanntester unter ihnen gilt. Er kommt mit argwöhnischer Miene auf mich zu. Ich warte, bis das Büro leer ist, und meine dann: »Ich wollte Ihnen dafür danken, daß Sie sich in Ihrem Interview meiner Frau gegenüber fair verhalten haben.«
      Diese Worte treffen ihn unvorbereitet, da er nicht wissen kann, daß ich den heutigen Tag zum Tag der Dankesbezeigungen erklärt habe. »Wenn Sie von Anfang an Vertrauen zu mir gehabt hätten, dann wären wir auch dem ersten Interview zuvorgekommen«, entgegnet er, nun etwas lockerer.
      »Verstehen Sie meine Lage, ich war vollkommen neben der Kappe.«
      »Lassen wir's gut sein. Ende gut, alles gut. Wie geht es Ihrer Tochter?«
      »Sie versucht, wieder auf die Beine zu kommen.«
      »Richten Sie Ihrer Frau schöne Grüße aus.«
      »Mach ich.«
      Er geht zur Tür, und ich verbleibe mit dem Eindruck, daß unsere jahrelange Haßliebe voll und ganz wiederhergestellt ist. Vor der Tür dreht er sich noch einmal um und fragt: »Ist es sicher, daß es sich um einen Perversen handelt, der Homosexuelle umbringt? Gibt es keine andere Auffassung?«
      »Was für eine andere könnte es denn Ihrer Meinung nach geben?« frage ich unschuldig.
      Er zuckt mit den Achseln. »Ich weiß nicht, im Sender jedenfalls habe ich Gerüchte aufgeschnappt, irgendein Serienkiller bringe Werbemodels um.«
      »Hm, beide Opfer waren homosexuell, und beide waren Models. Also ist die zweite Auffassung genauso wahrscheinlich wie die erste. Momentan haben wir weder für die eine noch für die andere genügend Indizien.«
      »Jedenfalls hoffe ich, daß es bei der ersten bleibt.«
      »Wieso?«
      »Weil wir alle von der Fernsehwerbung leben. Wenn die zurückgehen sollte, weiß Gott allein, wie viele das ihren Job kostet.«
      Ich blicke Sotiropoulos hinterher, und zum ersten Mal begreife ich, warum der Anrufer sich mir als »Mörder des Großaktionärs« vorgestellt hat. Es geht ihm nicht um die Werbesendungen. Er will den Sendern an den Kragen. Der Großaktionär der Fernsehsender ist die Werbebranche. Wenn

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