Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
Vom Netzwerk:
Kunststoffschild daneben. Er trug die Taschen über die Schwelle in den kleinen Flur.
    »Bränge Se datt en de Kösch, senn Se su jot.«
    »Wie bitte?«
    Sie deutete auf eine offen stehende Tür. Freddys Blick fiel auf eine Edelstahlspüle.
    »In die Küche, ach so.« Er stellte die Taschen auf die beiden Stühle, die links und rechts von einem Tisch mit Kunststoffplatte standen. Komisch, dachte er, immer sind es die älteren Leute, von denen ich das bönnsche Platt höre. Außer im Karneval, da scheint es jeder ein bisschen zu können.
    Als er sich umdrehte, hielt ihm Frau Nölles einen Brief entgegen.
    »Den hätt der Brefdräje falsch ennjeworfe. Der es für et Nadja Fischmann, et krett noch rischtije Post. Bei mir senn et nix als Reschnunge.« Sie reichte ihm den weißen Umschlag, auf dem in sauberer kleiner Handschrift Name und Adresse von Nadja Fischmann standen. »Können Se den met nach ovve nämme?«
    »Der hat keine Briefmarke«, bemerkte Freddy.
    »Esu?« Ihre Stimme verweilte auf dem »u«, bevor ihr Mund sich zu einem feinen Lächeln verbreiterte. »Hätte net?«
    Unübertrefflich, dachte Freddy. Die drei Worte wirkten wie gesungen. Aber sie drückten etwas anderes aus als Erstaunen, eher eine Ironie, die er nicht verstand. Er war ja ein »Imi«, ein Zugezogener, zwar hier aufgewachsen, aber mit wenig Kontakt zu echten Bonnern, auch wenn das Rheinische ihm nie ganz fremd gewesen war, weil sein Großvater vom Niederrhein stammte.
    Frau Nölles bedankte sich für seine Hilfe. Freddy verabschiedete sich und ging weiter die Treppe hinauf. Als er den zweiten Stock erreichte, hörte er, wie Frau Nölles ihre Wohnungstür schloss. Er drückte den Klingelknopf neben dem Schildchen mit der Aufschrift »Fischmann«. Nichts rührte sich. Ermittlungsauftrag undurchführbar, sagte er sich erleichtert und legte den Brief auf die Fußmatte.
    Auf der unteren Etage ging die Wohnungstür auf.
    »Brauchen Se Wasserdampf?«, tönte es herauf.
    »Himmel! Wofür?«
    »Senn Se net von de Polizei?«
    Freddy stieg zum Treppenabsatz hinunter. Frau Nölles stand in einer rosa Strickjacke am Fuß der Treppe. Von oben gesehen wirkte die spitze Nase noch länger. Doch der Blick, mit dem sie zu ihm hochsah, war eher der des Fuchses aus dem Fabelbuch, das er als Kind besessen hatte.
    »Wie kommen Sie darauf, Frau Nölles?«
    »Wie isch Se jesenn hann, met de Brille on däm Rejenmantel wie Derrick, hann isch jedaach, der es von de Polizei.«
    »So ganz unrecht haben Sie damit nicht.«
    »Senn Se.«
    Freddy stieg die restlichen Stufen hinunter. »Wie meinten Sie das mit dem Wasserdampf?«
    Sie zögerte.
    »Ich bin Privatdetektiv«, sagte er.
    »Och jot.« Sie nickte. An den langen Ohrläppchen zitterten helle Perlchen.
    »Und schweigsam wie ein Grab, Frau Nölles.«
    Sie spitzte die Lippen. »Isch ben höck morje ming Zeidung am Holle, do seh isch janz zufällisch, wie de Fischmann ehn Bref met ihrer eijenen Schrift en de Hand hält und in ihren Kasten steckt.« Frau Nölles räusperte sich vielsagend und sah ihn durchdringend an.
    Die kann mir ja viel erzählen, dachte Freddy. Meine Oma hat auch immer gesagt, ich hätte dieselbe Schrift wie mein Vater, und wollte die Unterschiede nicht sehen. So sind Frauen in dem Alter.
    »Enää, denk isch, watt es datt dann? Als se fott wor, hann isch ming Würstschenzange jehollt und ben domet an de Kasten draan.«
    »Sie haben den Brief aus dem fremden Kasten geholt?«
    »Jässes, die hätt doch de Föhn am Brause!«, rief Frau Nölles so laut, dass es im Treppenhaus widerhallte. »Met esu watt em Huss moss me jätt oppasse! Deshalb de Wasserdampf.«
    »Geöffnet haben Sie den auch?«
    Frau Nölles wiegte ihren Kopf hin und her. »Datt well jeübt senn. Met de selbstklebende Umschläge jeet et net, aber met de normale ben isch janz fix.« Ein Anflug von Stolz überzog ihr Gesicht. »Dann de Bref jebüjelt, und er ist widde wie neu.«
    »Sie haben das Briefgeheimnis verletzt«, stellte Freddy mit einiger Strenge fest.
    »Datt es drissejal«, sagte Frau Nölles in plötzlicher Ungeduld. »Et kütt drop aan, watt drinnesteht. Wadens, Herr Detektiv.«
    Sie verschwand im Innern ihrer Wohnung. Tolle Hausgemeinschaft, dachte Freddy, nicht die Spur von schlechtem Gewissen. Wahrscheinlich hat sie die Würstchenzange noch zurechtbiegen müssen, um den Brief herauszuangeln.
    Frau Nölles kam mit einem Blatt in DIN - A 4-Größe zurück und reichte es ihm über die Türschwelle. »Lurens, datt es de

Weitere Kostenlose Bücher