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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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graue Hosenbeine mit Bügelfalten, darüber lächelte Dirks breiter Mund von einem Grübchen zum anderen.
    »Ich bin heut Nacht garstig gewesen und hab mich nicht einmal verabschiedet, es tut mir leid.« Er überreichte ihr den Topf. Hereinkommen wollte er nicht, er müsse ins Büro.
    Pilar bedankte sich und empfand Unbehagen. Es war übertrieben, ihr Orchideen zu schenken; der Anlass war nichtig, und sie selbst war mit ihren indiskreten Fragen und kritischen Bemerkungen nicht weniger garstig gewesen.
    Sie blickte ihm durchs Küchenfenster nach. Leicht hinkend ging er auf seinen Mercedes zu, der vor dem Haus stand. Als sie vom Fenster zurücktrat, hatte sie den Eindruck, dass sich bei Ebels im Haus gegenüber die weißen Stores bewegten. Es konnte die Putzfrau sein oder Frau Sauerwucht, die die Zimmerpflanzen versorgte. Oder nur eine Spiegelung der bewegten Wolken in der Fensterscheibe. Nun war nichts mehr zu sehen.
    Die Uhr am Küchenherd zeigte zehn vor neun. Es würde nicht mehr lange dauern, bis Freddy anriefe, in der Zwischenzeit konnte sie frühstücken und vor allem noch ein bisschen aufräumen. Der Zeitungsberg in der Diele sah unmöglich aus, er war viel zu hoch. Unter der obersten Zeitung lugte der Schaft des Krummsäbels hervor, als plante sie, unliebsame Gäste einen Kopf kürzer zu machen.
    Sie trug den Säbel ins Wohnzimmer. Die ins Messing geprägten Muster und verblassten Farben seiner Scheide, die auf dem Couchtisch lag, kamen ihr mit einem Mal bedeutungsvoll vor, ohne dass sie hätte sagen können, warum. Sie schob den Säbel hinein und befestigte ihn mit dem gesunden Arm an dem Knauf über der Kommode aus Cordoba. Auch wenn sie keine Waffen mochte und deren Verherrlichung hasste – der marokkanische Krummsäbel hing seit ihrer Kindheit über dem spanischen Schnitzwerk, und so sollte es bleiben.
    * * *
    Freddy fuhr den Brüser Damm entlang und bog nach ein paar hundert Metern in eine der ruhigeren Wohnstraßen ein. Angenehme Gegend, dieser Brüser Berg, dachte er. Wenig Verkehr, breite Straßen, alles hell und freundlich. Das passte zu Frau Fischmann. Es war idiotisch, dass er Pilars Wunsch folgte. Seit dem Mord im Gemeindehaus war sie ziemlich durch den Wind, und die darauffolgenden Ereignisse hatten ihre Nerven regelrecht zerrüttet.
    Er fand die richtige Adresse, fuhr aber ein Stück weiter. An einer größeren Wohnanlage stellte er die Ente in eine Parktasche hinter einem Campingbus, der sie, von der Straße aus gesehen, vollständig verdeckte. Von dort ging er zu Fuß zurück zu dem Haus, in dem Frau Fischmann wohnte. Das Gebäude war nicht allzu hoch, wirkte einfach, aber ansprechend und gepflegt. In einigen Blumenkästen steckten Tannenzweige mit roten Kugeln und Schleifen, von einem Balkon wehte die rot-weiße Flagge des 1. FC Köln.
    Freddy klingelte und wartete. Ihm war nicht wohl bei seinem Auftrag. Er hatte ein paar nette Gespräche mit Frau Fischmann geführt, und nun kam er mit solchen Hintergedanken zu ihr, weil er sich Pilar gegenüber verpflichtet fühlte! Als Pilar angerufen hatte, war er zu müde gewesen, um sich über diesen Zwiespalt klar zu werden. Er war kurz darauf noch einmal eingeschlafen, und als er aufwachte, war es fast zwei Stunden später, sodass er das Gefühl hatte, sich beeilen zu müssen und nicht mehr absagen zu können.
    Er klingelte noch einmal und sah zu den Fenstern hoch.
    »Zu wem wollen Se denn?«, hörte er hinter sich eine Stimme im schönsten Bonner Singsang.
    Er drehte sich um und sah eine dünne kleine Frau mit prallen Einkaufstaschen beladen auf sich zukommen. Ihr Gesicht hatte den Ausdruck einer pfiffigen Spitzmaus. Obwohl sie sicher weit über siebzig Jahre alt war, sah man kaum Falten um ihre kleinen dunklen Augen.
    »Zu Frau Fischmann«, antwortete Freddy.
    »Isse net dehehm?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Kennen Se se jot?« Die Spitzmaus legte den Kopf schief und kniff die Augen zusammen.
    »Ich hatte in der Nähe zu tun und hab gedacht, ich schau mal wieder bei ihr rein.«
    Die Frau blinzelte, als wüsste sie, dass er das soeben erfunden hatte.
    »Donn Se mie dann datt Zeuch eroppdrare?«
    »Ihre Einkäufe hinauftragen? Aber gern.«
    Er ging mit den Taschen voran, und sie folgte unter leichtem Keuchen. Sie wohnte auf der ersten Etage.
    »Sarens, donn Se mie noch ehne Jefallen?«
    »Selbstverständlich.«
    Sie kramte ihren Schlüssel aus der Manteltasche hervor und schloss die Wohnungstür auf. »Nölles« las Freddy auf dem kleinen

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