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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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leid! Ich habe davon gehört, es aber vergessen, als die Tür aufging. Man sieht dir kaum was an.«
    »Du weißt es schon?«
    »Ich weiß alles.«
    »Woher?«
    »Bäcker, Apotheke, Schreibwarenladen, das Dreigestirn für Klatsch und Tratsch. Du hast ein Mörderstück inszeniert, daher der Mord. Du hast ein Messer liegen lassen, darauf hat der Mörder nur gewartet. Das war dir ganz recht, weil du mit der Frau Streit hattest. Nun folgt die Strafe auf den Fuß: Zuerst hat’s die Katzen erwischt, dann dich selbst, vom Pferd gefallen und alle Knochen kaputt.«
    »Alle?«
    »Es war die Rede von Schulter, Oberarm, Handgelenk, Hüfte plus Gehirnerschütterung.«
    »Wer sagt das?«
    »Mehrere. Im Einzelnen wichen die Angaben voneinander ab.«
    »Was für ein Blödsinn! Nur das Schlüsselbein ist durch.«
    Vera nickte, als hätte sie das bereits vermutet. Gleichmütig stieg sie über Schuhe und Kleidungsstücke hinweg. In der Küche stand noch das Frühstücksgeschirr herum, die Tischplatte war voller Krümel. Vera schob Tassen und Teller mit einer kräftigen Bewegung ihres Arms beiseite, fegte die Krümel auf den Boden, setzte sich und stützte die Ellbogen auf den Tisch. Pilar blieb stehen und lehnte sich gegen den Küchenschrank. Sie fasste die Vorkommnisse der letzten Tage zusammen und fügte ihre Schlussfolgerungen hinzu.
    »Lass uns nachdenken«, sagte Vera.
    »Durch Nachdenken bin ich schon so weit, dass ich meine Theatergruppe verdächtige. Fünf von ihnen gehen hier aufs Gymnasium: Sarah, Max, Katie, Kevin und auch Vivian, die zwar nicht mehr mitspielt, aber uns noch hilft. Zwei haben dort Abitur gemacht: Anna und Tommy. Mag sein, dass alle die Lehrerin gehasst haben. Aber was haben sie gegen mich?«
    »Schüler ermorden eine Lehrerin? Sie schimpfen auf die Lehrer, dass sich die Balken biegen, aber damit hat sich’s.«
    »Denk an die Amokläufer an Schulen.«
    »Das ist ein anderes Thema, Pilar. Die hiesigen Schüler kommen mir harmlos und wohlerzogen vor. Ist ja kein Wunder, schau dir die Häuser an und die Autos davor.«
    »Sind sie deshalb immun gegen schlechte Einflüsse? Computerspiele, Filme, Internet – die Lust an Grausamkeiten lauert überall. Sie kann auch die Behüteten befallen.«
    »Einflüsse, ja«, räumte Vera ein. »Auch Geld kann Einfluss haben. Geld für Drogen oder ein neues Notebook, was weiß ich? Wenn einer es richtig anstellt, findet er vielleicht einen Schüler, der für ihn den Killer spielt.«
    Pilar dachte an Lukas und die Bemerkungen, mit denen er sich oft von ihr entfernte, die Treppe hoch, ins Badezimmer oder aus dem Haus: Davon hast du keine Ahnung, Mutter und Das ist ganz anders, als du denkst . Es gab sicher manches, das Eltern nie erfuhren, aber sie weigerte sich, etwas anderes zu vermuten als harmlose Jugendsünden.
    »Irgendwas kann faul sein, natürlich. Und dann kommst du, Pilar, und störst mit unangenehmen Fragen.« Vera griff nach dem Päckchen mit der Wäscheleine, die Pilar vor einer Woche gekauft hatte und die noch immer neben der Obstschale auf dem Tisch lag, statt im Keller von Wand zu Wand gespannt zu sein. »Bleib zwei Wochen schön zu Hause, und man wird dich in Ruhe lassen.«
    »Wer einen Schüler fürs Morden bezahlt, muss Kontakt zu jungen Leuten haben«, überlegte Pilar.
    »Mit sozialen Netzwerken kein Problem. Wir zwei ahnen doch nicht mal, was da alles abgeht. Was wir in Facebook posten, ist wohl eher die Omi-Version.«
    »Ein Lehrer wäre an den Schülern näher dran.«
    »Den Lehrer möchte ich mal sehen, der einen Schüler überredet, eine Kollegin zu ermorden. Wer sich nicht mag, geht sich aus dem Weg, die Flure sind breit genug.« Vera knetete die Plastikleine samt der Banderole. »Ehrgeizige lässt man vor, weil man selbst genug um die Ohren hat. Das wird hier am Gymnasium ähnlich sein wie an meiner Schule. Wird unter Eltern was anderes gemunkelt?«
    Nein, einen Lehrer, der einen Schüler beiseitenahm, um ihn zum Mord anzustiften, konnte Pilar sich dann doch nicht vorstellen, und von erbitterten Feindschaften im Lehrerkollegium hatte sie noch nie etwas gehört.
    Sie sah aus dem Fenster. Es wurde bereits dunkel. Die dicke schwarz-weiß gescheckte Katze, die ein paar Häuser weiter wohnte, saß auf dem gegenüberliegenden Fußgängerstreifen vor der Straßenecke und putzte sich. Von weiter unten war das scharfe Getöse eines Motors zu hören. Jemand gab kräftig Gas. Ein silbergrauer Wagen schoss am Fenster vorbei, genau auf die Katze zu. Pilar schrie

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