KR083 - Ich - gegen ihn
nach Südamerika, die startet.« Es blieb aussichtslos, ihn zu einer Mitarbeit zu bewegen.
Als wir Factur verließen, sagte Phil: »In zwei Tagen wird er also entlassen. Immerhin wird es für Forester Zeit, in New York aufzutauchen, wenn er sich um ihn kümmern will.«
»Der ›Schweigsame‹ kann bis zum letzten Augenblick warten«, antwortete ich. »Er kennt New York so gut wie wir, und er bedarf keiner anderen Vorbereitungen als eines in den Colt gestoßenen Magazins.«
Aber Forester wartete nicht bis zum letzten Augenblick. Ich erhielt am gleichen Abend den Anruf eines Mannes, den wir Slim nannten. Sein bürgerlicher Name tut nichts zur Sache. Er gehörte eigentlich zur Abteilung der Gegenspionage und unterhielt zur Tarnung seit drei Jahren eine Wäscherei in Bronx.
»Ich glaube, ich habe Ihren Mann gesehen, Cotton«, meldete er. »Er kam kurz vor Ladenschluß und fragte, ob ich einige gebrauchte, aber saubere Hemden zu verkaufen hätte. Er sah mehr als abgerissen aus, und er kaufte das billigste Hemd, das ich ihm anbot.«
»Sind Sie sicher, Slim?« vergewisserte ich mich.
»Ziemlich sicher. Die Beschreibung paßt, obwohl er schäbiger aussah als auf dem Bild, das ich erhielt. Ich konnte nichts unternehmen. Sie wissen, Cotton, ich darf meinen Ruf als kleiner Wäschereibesitzer nicht verlieren.«
Ich bedankte mich bei ihm, stülpte mir den Hut auf und fuhr mit der U-Bahn in die Bronx.
Ich strolchte durch das Stadtviertel, bis ich unseren Vertrauensmann für diese Gegend in einem Drugstore fand. Nach den üblichen Zeremonien, wie eine Tasse Kaffee an der Theke, einigem Augengeplinkere und so weiter, folgte er mir endlich auf die Straße. Wir suchten uns eine verschwiegene Ecke. Ich erklärte ihm, daß sich unser Mann in seiner Gegend herumtrieb, und daß er die Augen offen zu halten habe. Er nickte eifrig mit dem Kopf und wischte weg. Ich sah ihm mit wenig Vertrauen nach. Lorry Fusman, so hieß er, war ein kleiner Dieb, der sich selbst der Polizei für Spitzeldienste angeboten hatte. Ich mochte ihn nicht. Er war mir zu schleimig.
Zwei Tage später wohnten wir der Entlassung Flip Facturs wie einem feierlichen Staatsakt bei. Der kleine, graue Mann sah merkwürdig verändert in seinem supereleganten, aber völlig unmodernen Anzug aus, der fast sieben Jahre für ihn in der Kammer eingemottet verwahrt worden war. Schon auf dem Gefängnishof stand ein Polizeiwagen mit vier Cops für ihn bereit. Langsam schoben sich die Türflügel auseinander, und in einem Polizeiauto fuhr Factur in die Freiheit.
Phil und ich fuhren mit dem.Jaguar hinter ihm her. Sie hielten vor einer Bank in der City. Von drei Beamten umringt begab sich Lucky Greens ehemaliger Sekretär ins Innere. Ich ging hinterher und wurde Zeuge, wie ihm aus dem Depot ein Paß mit südamerikanischem Visum und ein Dollarpaket ausgehändigt wurde. Er bemerkte mich und kam auf mich zu.
»Sie sehen, ich mache Ernst«, sagte er. »Ich fliege noch heute.«
»Ich wüßte gern, wer dir diese schönen Sachen besorgt hat?« fragte ich und zeigte auf Paß und Dollarbündel in seiner Hand.
Er grinste. »Lucky Green läßt keinen Getreuen im Stich.«
Wir folgten noch seinem Wagen nach zum Flugplatz, und wir warteten auch, bis der Clipper nach Südamerika gestartet war. Lange sahen wir der Maschine nach, die kleiner und kleiner wurde.
Auf dem Rückweg zum Wagen blickte ich unwillkürlich in die Gesichter der Vorübergehenden. Ich dachte daran, ob John Forester wohl dem Abflug des Gehaßten zugesehen habe, aber ich sah sein Gesicht nicht. So leicht wird es der Polizei nicht gemacht.
Phil kaufte sich eine Zeitung.
»Tja, Jerry«, sagte er, während wir in meinen Wagen stiegen, »eigentlich müßten wir unsere Tätigkeit nach Venezuela verlegen, wenn Foresters Haß wirklich so stark und unauslöschlich sein sollte, wie du annimmst.«
Ich fuhr an. »Ich fürchte, diese Möglichkeit haben wir ihm verdorben. Er besitzt kein Geld.«
Phil nickte nur und vertiefte sich in die Zeitung. Wir fuhren eben über den Broadway, als er meinen Arm faßte.
»Forester hat noch Grund genug, in New York zu bleiben«, sagte er. »Lilian Green wird nächste Woche entlassen.« Ich suchte so schnell wie möglich eine Parkgelegenheit, stoppte und riß ihm das Blatt fort. Ich überflog die Meldung unter der Überschrift: »Gnadengesuch Lilian Greens genehmigt.« Der Schreiber rollte die Vorgeschichte ihrer Verurteilung noch einmal auf. Es war nicht gerade eine Sensation, aber eine Story,
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