KR083 - Ich - gegen ihn
fallenlassen, als ich beide Hände zur Regierung des Steuers brauchte. Ich fand sie und nahm sie in die Hand. Ich kurbelte das linke Seitenfenster herunter und steuerte den Wagen ganz nach rechts. Da Forester sich ziemlich in der Straßenmitte hielt, versuchte ich, ihm eins aufzubrennen.
In Wildwest-Filmen gibt es Leute, die vom Rücken bockender Pferde auf fünfhundert Yards einem Indianer die Feder vom Schopfe pusten. Vielleicht können sie besser schießen als ich. Ich jedenfalls brachte es nicht fertig, beim 80-Meilen-Tempo dem Ford einen Pneu zu zerblasen. Ich ballerte nur so darauflos, und anscheinend traf ich irgendwelche unedlen Blechteile. Jedenfalls lenkte auch Forester den Ford scharf an der rechten Seite entlang und kam mir damit aus der Schußlinie. Schön, also gab ich das sinnlose Schießen eben auf, Seit Facturs Ende mochte unsere Jagd eine knappe Viertelstunde gedauert haben. Die Straße machte eine sanfte Kurve und dahinter mußte, wenn ich mich recht erinnerte, der Bahnübergang kommen. Richtig, da war…
Ich schluckte. Rot – Rot – Rot blinkte das Signal. Ein Zug kam, irgendein höllischer Zug genau in diesem Augenblick. Der Übergang hatte keine Schranken, nur die Lichtanlage sicherte ihn.
In meinem Schädel überpurzelten sich die Gedanken. Warten? Oder einfach los? Was tat Forester? Er fuhr unvermindert weiter.
Ich hörte einen schrillen Dampfpfeifenpfiff. Der Zug! Wenn Forester vor mir über die Gleise huschte, knallte ich entweder vor den Zug oder ich mußte jetzt schon auf die Bremse treten.
Ich trat nicht auf die Bremse. Ich trat auf den Gashebel. »Jeremias« machte einen Satz nach vorn. Komm, John Forester, dachte ich, entweder erwischt uns beide der Zug oder wir kommen beide vorbei. Ich erreichte sein Hinterrad, die Seitentür, Kotflügel, Kühlerhaube. Da war der Bahnübergang. Seite an Seite rasten wir über die Schienen. Von links zischten in weißen Dampf gehüllt zwei schwache, gelbe Lampen heran. Ein lauter, gellender Pfeifenton. Na…? Nein!
Der Jaguar war drüben. Der Ford auch? Ich riskierte einen Blick in den Rückspiegel. Ich konnte nichts sehen.
Dann rasselte es plötzlich, als knipse jemand trockene Erbsen gegen die Karosserie. Ich dachte, etwas wäre an dem Wagen nicht in Ordnung, aber als es an mir vorbeipfiff, zwei, drei Löcher in die Windschutzscheibe, da wußte ich, daß es sich um sehr gefährliche Erbsen handelte.
Viel zu überlegen gab es nicht, nur weg, so schnell der Motor lief. Ich spielte ein wenig am Steuerrad, so daß »Jeremias« in Schleifen über die Straße schlingerte, zog den Kopf ein und verließ mich auf mein Glück. Vom Jäger war ich zum Gejagten geworden. Selbstverständlich schaltete ich die Beleuchtung aus.
Der Spaß dauerte nicht lange. Das unangenehme Erbsengerassele hörte sofort wieder auf. Ich rechnete richtig, daß Forester die Geschwindigkeit des Ford gestoppt hatte, um schießen zu können, und daß ich daher schnell aus Schußweite geriet.
Ich nahm den Fuß vom Gas und ließ den Wagen auslaufen. Noch während er rollte, überlegte ich. Forester mußte unmittelbar hinter dem Bahnübergang auf die Bremse getreten, die Maschinenpistole hochgenommen und auf den Abzug gedrückt haben. Entweder drehte er nach dem Passieren des Zuges um und fuhr nach New York zurück oder er kam mir nach. Wahrscheinlich würde er versuchen, mich doch noch zu stellen und zu erledigen.
Zwei Straßenbäume boten leidliche Deckung. Ich lenkte in schnittiger Kurve auf die Grasnarbe und brachte den Wagen zum Stehen. Ich jumpte heraus, lief ein Stück zurück und suchte mir einen anderen Baum zur Deckung. Dann wartete ich auf Forester.
Im einzelnen berichtet hört es sich vielleicht so an, als habe alles seine Zeit gebraucht, aber seit dem Bahnübergang hatte der ganze Zauber noch keine fünf Minuten gedauert. Ich lag kaum, als ich schon Motorengeräusch hörte.
Die Straße, auf der wir uns befanden, führte durch eine einsame Gegend, von der kaum zu vermuten war, daß sie sich so nahe bei New York befand. Es war nicht einer der großen Highways, sondern eine wenig befahrene Landstraße erster Ordnung. Während der ganzen Jagd waren uns vielleicht drei oder vier Autos entgegengekommen, deren Fahrer sich über die verrückten Raser gewundert haben mochten.
Und jetzt also rollte der Ford heran. Er rollte tatsächlich langsam, vielleicht mit fünfundzwanzig Meilen, und ich erkannte allein schon am Tempo, daß Forester damit rechnete, daß ich auf ihn
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