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KR088 - Ich fing den Fänger

KR088 - Ich fing den Fänger

Titel: KR088 - Ich fing den Fänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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war. Ich kraulte dem Ufer zu, so schnell ich nur konnte, aber es waren zweihundert Yard, und es dauerte seine Zeit. Keuchend erreichte ich den Strand. Er war wie ausgestorben, nur Baker lag mit ausgebreiteten Armen unter der Kiefer. Ich überwand ein ziehendes Gefühl in der Magengegend, denn es wäre eine Kleinigkeit gewesen, mich vom Waldrand aus wegzuputzen, und rannte los: Ich erreichte Baker ohne Zwischenfall. Er bewegte brummend den Kopf, schüttelte sich und richtete sich auf. Ich stützte ihn.
    Offensichtlich war ihm der Vorfall peinlich, und er benahm sich doppelt würdevoll.
    »Vielen Dank«, brummte er und wischte sich den Sand aus dem Schnurrbart. »Es ist alles in Ordnung. Es geschah nichts von Belang.«
    »Wer war das, der Sie niederschlug?«
    Er sah ein, dass er nicht leugnen konnte. »Ein Fremder, offenbar ein Landstreicher, obwohl er ganz gut gekleidet war. Ich sah, dass er dort am Waldrand hinter den Bäumen stand. Ich rief ihn an. Er schlenderte herbei. Ich stellte ihn zur Rede und fragte ihn, was er hier zu suchen habe. Dies sei Privatgelände. Er wurde frech. Als ich ihn aufforderte, sich von mir durchsuchen zu lassen, schlug er mich heimtückisch nieder.«
    »Halten Sie ihn für harmlos?«
    »Niemand ist harmlos«, antwortete Baker und sah mich bedeutungsvoll an.
    »In welcher Richtung lief er fort?«
    Baker rieb sich das Kinn. »Bedaure«, brummte er und bekam einen roten Kopf, »das kann ich nicht sagen. Ich war meiner Sinne nicht ganz mächtig. Er traf mich zu genau.«
    Ich lief die wenigen Schritte zu unseren Kleidern, nahm den 38er aus der Tasche und ging auf den Wald zu. Er war nicht besonders dicht am Ufer, aber eine Unzahl eingestreuter Felsblöcke bis zu doppelter Mannshöhe boten reichliche Versteckmöglichkeiten. Je weiter man in ihn eindrang, desto dichter rückten die Kiefernstämme aneinander.
    Ich ging nur dreißig oder vierzig Schritte. Nichts war zu sehen als Bäume und Felsen, und nichts zu hören als das Rauschen der Zweige und der Wellen des Meeres.
    Ich kehrte um und interessierte mich für Phil und Rose. Mein Freund war nicht zum Sandstrand gegangen. Ich entdeckte ihn und das Mädchen zwischen den Felsklippen, wo sie bessere Deckung fanden.
    »Komm heraus!«, rief ich ihm zu. »Es war nichts von Bedeutung. Baker fing mit seiner Landpolizistenmanier mit einem Vagabunden Streit an und erhielt einen Denkzettel.«
    Rose auf dem Nacken, kletterte er zwischen den Klippen hoch. Ich nahm ihm das Kind ab.
    »War es wirklich nichts von Bedeutung?«, fragte Phil.
    »Ich weiß nicht«, antwortete ich langsam, »aber ich finde, die Luft hier hat sich verändert.«
    ***
    Im Laufe des Nachmittags sprang der Wind um und wurde immer steifer. Kurz vor dem Dunkelwerden entlud sich krachend ein kurzes, aber heftiges Gewitter. Danach brach die tief stehende Sonne noch einmal durch das Gewölk. Die See geriet in einen Aufruhr, dass man das Donnern der Wogen bis zum Landhaus hörte.
    Rose bestand darauf, ans »wilde Meer« zu gehen, um den Wassermann zu sehen, wie sie sagte. Ich hatte ein ungutes Gefühl, aber andererseits war es sinnlos, uns in das Haus einzusperren. Wenn der Mann, mit dem Baker ins Handgemenge geraten war, wirklich ein Späher des Fängers gewesen sein sollte, dann würden uns auch die Türen des Hauses nicht vor einem Angriff sichern.
    »Gehen wir ruhig«, stimmte ich also dem Wunsch des Kindes bei.
    Phil ging auf unser Zimmer und holte seinen Mantel, aber er zog ihn nicht an, sondern hielt ihn merkwürdig steif über dem Arm. Natürlich begleiteten uns Baker und die Erzieherin, Miss Rest, ein etwas dürres, ältliches Fräulein.
    Ohne Verabredung ging Phil unserer Gruppe zehn Schritte voraus, und ich hielt mich an der Seite des Kindes, aber wir erreichten ohne Zwischenfall den Strand.
    Der Anblick des aufgewühlten Meeres war wirklich grandios. Über den Sandstrand rollten sie in großen Bergen, und an den Klippen brachen sie sich zu riesigen Schaumfontänen.
    »Können wir nicht zu den Felsen gehen?«, fragte Kose. »Vielleicht sehen wir von dort aus den Wassermann.«
    Wir schlugen den Weg dorthin ein. Wieder ging Phil voran, und das war unser Glück.
    Jedenfalls schrie Phil plötzlich: »Zurück, Jerry! Schnell! Gefahr!« Er riss den Mantel von seinem Arm und brachte die Maschinenpistole in Anschlag.
    Ich griff mir Rose, hob sie auf den Arm und warf mich herum, aber es knallte schon, doch nicht von den Felsklippen, wo Phil stand, sondern vom Waldrand hinter uns. Neben mir

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