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KR088 - Ich fing den Fänger

KR088 - Ich fing den Fänger

Titel: KR088 - Ich fing den Fänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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mit ihren Vorsprüngen, losen Blöcken und hohen Nasen boten Versteckmöglichkeiten in rauen Mengen. Ich machte mich gebückt auf den Weg. Vom Wald her konnten sie mich manchmal sehen, und sie schossen nach mir, aber ich machte mir wenig daraus, denn es ist sehr schwer, auf diese Entfernung von unten her einen Mann zu treffen.
    Ich sprang von Deckung zu Deckung. Es fing langsam an, dämmrig zu werden, aber es war noch hell genug, um jede Einzelheit zu erkennen. So erkannte ich immerhin den Unterschied zwischen einem grauen Hut und dem grauen Fels. Der Kopfschmuck des Herrn sah ein wenig über einen Felsblock hinaus, der zehn Schritte weiter rechts lag.
    Ich legte den Sicherungsflügel meines Revolvers zurück. Zum ersten Mal würde ich in wenigen Sekunden einem Mitglied der Bande des Fängers gegenüberstehen.
    Ich nahm den 38er hoch und richtete mich auf. Ich wusste, wenn ich ihn jetzt anrief, würde er sich ganz instinktiv aufrichten, und in der Sekunde musste ich ihn dazu bekommen, die Arme hochzunehmen.
    »Guten Abend, Freund«, rief ich sanft und nicht laut.
    Der Hut fuhr in die Höhe, und ich sah das weiße erschreckte Gesicht des Mannes darunter.
    »Hände hoch!«, brüllte ich.
    Seine Arme zuckten gegen den Himmel, aber er hielt noch die Pistole in der Rechten. Ich tat einen großen Sprung auf ihn zu, und der Sprung rettete mich. Die Garbe der Maschinenpistole schlug genau an der Stelle gegen den Stein, an der ich gestanden hatte. Wie Wespen wimmerten mir die Querschläger um die Ohren. Ich warf mich im Sprung herum, stolperte, taumelte rückwärts, prallte mit dem Rücken gegen den Block, hinter dem der überrumpelte stand.
    Ich erblickte den Schützen. Er kniete auf einem Felsen, zwanzig Schritte weiter als der, hinter dem ich zuletzt Deckung gefunden hatte. Seine Gestalt hob sich dunkel gegen den Himmel ab. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, aber ich hatte keine Wahl. Ich war ihm deckungslos preisgegeben. Ein winziges Heben seiner Waffe, ein zweites Rühren, und er erwischte mich.
    Das alles zuckte während der Dauer eines Herzschlags durch mein Gehirn. Noch während mein Rücken gegen den Block prallte, schoss ich. Ich krümmte den Finger, als mein Kopf dröhnend gegen den Stein schlug. Der Mann dort oben schrie auf. Ich hörte die Maschinenpistole auf den Felsen scheppern. Dann neigte sich die Gestalt langsam vornüber, krümmte sich, fiel und schlug auf.
    Ich rappelte mich hoch. Mein Schädel brummte wie ein Hornissenschwarm. Für einige Augenblicke war ich aktionsunfähig, und ich wunderte mich darüber, warum der Mann, den ich um ein Haar gefasst hatte, sich nicht bemühte, mir während dieser Zeit eine Kugel zu verpassen. Aber ich kam nicht dazu, die Gründe dafür zu untersuchen oder mich um den Erschossenen zu kümmern, denn ich hörte Phils Stimme mit allen Anzeichen des Entsetzens: »Leg dich hin, Rose! Schnell, leg dich wieder hin!«
    Der Ruf brachte mich zu mir selbst. Ich sprang wie eine Bergziege über die Klippen, und ich kam bei Phil an, als sich das Revolverfeuer wieder verstärkte.
    Er lag platt auf dem Bauch und schrie die Felswand hinunter. Ich warf mich neben ihn. Rose hatte sich in ihrer Spalte aufgerichtet. Sie mochte die Nerven verloren haben. Sie weinte jetzt und rief immer wieder: »Bitte, nimm mich zu dir! Ich habe Angst.« Da sie stand, wurde sie nicht mehr von unten gedeckt. Ihr Kopf und ein Teil des Körpers mussten von unten zu sehen sein.
    »Eine verirrte Kugel kann sie treffen«, schrie Phil mir zu. »Die Gangster sind jetzt viel näher heran. Sie stehen hinter den letzten Bäumen. Sage ihr, sie soll sich wieder hinlegen.«
    »Sei brav, Rose«, beschwor ich das Kind. »Lege dich wieder hin! Es ist gefährlich, wenn du stehst.«
    Aber es war nichts mehr mit ihr zu machen. Sie weinte Herz zerbrechend und jammerte immer wieder. »Hol mich! Ich habe Angst!« Das Bellen der Revolver hörte auf. Vom Waldrand aus wurden wir angerufen. Es war die gleiche Stimme, die vorhin nach Hugh gerufen hatte.
    »He, ihr!«, brüllte der Mann. »Werft, eure Waffen fort und kommt herunter!«
    Phil brüllte eine Antwort zurück, die man nicht aufschreiben kann.
    »Halt die Luft an!«, schrie unser Gegner. »Wir geben euch zehn Sekunden Zeit. Dann schießen wir auf das Kind.« Mich packte eine mörderische Wut. Ich weiß selbst nicht, was in solchen Fällen in mir vorgeht. Ich hatte das bisher nur einmal erlebt, als ich sah, wie die »Ratte« Smith einen eigenen Mann erschoss. Irgendwie

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