KR127 - Ich bluffte den Hafenboß
fand ich, aber ich hatte inzwischen Gelegenheit, es Al Fend zu zeigen. Er behauptet, er hätte Mamun nie mit einer Zigarettenspitze gesehen.«
High stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Er tat das immer, wenn er eine Idee gebar.
»Es hat im Anfang gut geklappt, Jerry«, fasste er meine Bemühungen zusammen. »Sie sind schnell und leicht in den inneren Kreis um Donald Kent eingedrungen, aber jetzt scheint die Geschichte zu stocken. Von den Hafenarbeitern dürfen wir keine Beweise gegen ihn erwarten. Vielleicht wären sie dazu zu bekommen, allgemeine Klagen gegen ihn zu erheben, aber ich weiß nicht, ob die Differenzen, die zwischen der Gewerkschaftsleitung und Chris Mamun und den anderen Toten bestanden, einem Gericht zur Verurteilung genügen würden.«
»Es gibt nur eine Möglichkeit, Kent die Schlinge um den Hals zu legen, die er schon lange verdient. Sie müssen erreichen, Jerry, dass er Sie mit der Erledigung eines Mannes beauftragt.«
Ich bewegte unbehaglich die Schultern.
»Sie werden nicht verlangen, Chef, dass ich Kent zuliebe tatsächlich einen harmlosen Hafenarbeiter umlege«, versuchte ich zu scherzen. »Ich erringe aber nicht dadurch sein Vertrauen, dass ich mein Opfer davonkommen lasse.«
High lächelte. »Ich muss es Ihnen überlassen, Jerry, wie Sie es anstellen. Für Kent muss der Mann, den Sie umbringen sollen, tot sein, ohne dass Sie ihm ein Haar krümmen.«
Ich kratzte mir den Schädel. »Dabei gibt’s noch ’ne Schwierigkeit, Chef. Kent wird in den nächsten Wochen, wenn nicht Monaten, keinen Grund haben, irgendeinen seiner Leute in eine bessere Welt zu befördern. Alle Hafenarbeiter wissen, dass Chris Mamun nicht deswegen starb, weil er sich voll Whisky laufen ließ. Sie wissen, dass er getötet wurde, und keiner wird den Mut haben, auch nur den Zeigefinger gegen Kent zu erheben.«
High trat zum Schreibtisch. »Sie haben in Ihrem Bericht eine Beschreibung von Al Fend geliefert. Scheint ein vernünftiger Mann zu sein, und Sie haben ihm schon angedeutet, dass Sie gegen Donald Kent und seine Leute sind. Sprechen Sie offen mit ihm. Legen Sie ihm unsere Absichten dar und veranlassen Sie ihn, Kent weiter herauszufordern.«
Das war ein Plan, der mir verdammt wenig gefiel. »Oh, verflucht, Chef. Al Fend hat eine Frau und Kinder. Ich muss ihm versprechen, ihn gegen alle Angriffe zu schützen, und ich weiß nicht, ob ich’s kann. Wenn der Hafen-Boss zum Beispiel mich nicht zu seiner Erledigung heranzieht, dann kann ich nicht…«
High bat mich mit einem Lächeln und einer Handbewegung, zu schweigen. »Sie haben Recht, Jerry«, sagte er und wandte sich an Phil. »Sie besorgen sich ein Zimmer in Fends Haus, Phil, und Sie werden ihn nicht aus den Augen lassen. Wenn irgend etwas passiert, schießen Sie sofort und rücksichtslos.«
»Das heißt, ich kann meinen Fährschaffnerposten aufgeben?«, fragte Phil erleichtert. High nickte zu Bestätigung.
Wir besuchten Al Fend noch in der gleichen Nacht in seiner Wohnung im Hafenviertel. Wir wandten alle erdenklichen Vorsichtsmaßregeln an, aber es war nicht sehr gefährlich, ihn zu besuchen. Ich hielt es nicht für wahrscheinlich, dass Kent ihn beobachten ließ. Der Hafen-Boss dürfte sich sagen, dass sein an Chris Mamun statuiertes Exempel den Hafenarbeitern genügend in die Knochen gefahren war, um jeden Gedanken an Auflehnung gegen ihn zu töten.
Wir fanden Fend niedergeschlagen am Tisch seiner Küche. Seine Frau und seine Kinder lagen schon im Bett.
Al begegnete uns mit einer Welle des Misstrauens. Phil musste erst seinen FBI-Ausweis auf den Tisch legen, bevor er uns überhaupt zuhörte. Aber dann packte es ihn. Er sah eine Möglichkeit, den Tod Mamuns und der anderen zu rächen. Er erklärte sich bereit, einiges dafür zu riskieren. Wir entwarfen einen genauen Schlachtplan. Phil wurde zu einem Vetter Al Fends ernannt, und Fend versprach, ihm am anderen Tag ein Zimmer in dem Haus zu besorgen. Wir verabredeten auch eine Art Standquartier, wo wir uns ohne Gefahr treffen konnten. Fend kannte am Außenrand von Pier 18 einen halb verfallenen Lagerschuppen, um den sich kein Mensch mehr kümmerte.
Als wir uns verabschiedeten, wusste Al genau, was er morgen zu tun hatte.
»Hören Sie, Fend«, sagte ich schon unter der Tür. »Ich möchte Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, dass Sie sich mit uns auf eine verdammt haarige Sache einlassen. Kent wird alles versuchen, Sie zu beseitigen, wenn er merkt, dass Sie unter polizeilichem Schutz stehen, wird
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