KR127 - Ich bluffte den Hafenboß
Negerlippen. Und was ich so an Kratzern und Schrammen in dieser lädierten Visage und am Körper hatte, davon wollen wir lieber nicht reden.
»Phil«, sagte ich, »ich fürchte, in diesem Zustand mache ich dem FBI keine Ehre, und falls noch Kinder auf der Straße sein sollten, werden sie sich bei meinem Anblick zu Tode erschrecken.«
»Sie werden«, erklärte Phil mit Bestimmtheit und voller Erleichterung. »Und darum werden wir uns jetzt schleunigst einige Wagen bestellen und uns abholen lassen.«
»Und der Hafen-Boss?«
»Er hat doch keine Chance mehr. High wird einen Fahndungsbefehl erlassen, und sie werden ihn fangen. Deine Aufgabe war es, Zeugen gegen ihn zu finden, und die haben wir jetzt, nämlich seine ganze Bande, soweit sie noch lebt.«
»Na gut«, antwortete ich »Einverstanden!«
***
Wenn man eine dicke Sache hinter sich hat, ist es ein feines Gefühl, sich auszuruhen. Und ich ruhte mich aus, das kann ich Ihnen versichern.
In jener Nacht passierte nichts mehr. Ich blieb bei der zerschlagenen Bande, Phil organisierte die Abholung, und eine gute Stunde später befanden sich alle hinter Gittern, beziehungsweise im Gefängnislazarett, und ich befand mich unter den Händen eines Arztes.
Er flickte an mir herum. Ernsthaftes hatte ich nicht abbekommen, aber ich war doch ziemlich erschüttert, als der Medizinmann so leichthin erklärte: »Ihre Nase wird wohl ein wenig schief bleiben.«
Bepflastert und bewickelt besuchte ich Mister High am Morgen in seinem Büro. Phil war bei ihm, und der Chef rieb sich gut gelaunt die Hände.
»Der Fahndungsbefehl auf Kent ist schon unterwegs. Wir haben seine Wohnung beschlagnahmt. Er kann einfach nicht weit kommen. – Wollen Sie einen Whisky, Jerry?«
»Kann nicht«, sagte ich kläglich und zeigte auf meinen bepflasterten Mund.
Der Chef lächelte Er trank nie Alkohol, aber er wusste, dass ich einen guten Tropfen mochte.
»Dagegen gibt es Abhilfe«, sagte er und brachte mir einen Whisky-Soda mit – einem Strohhalm. Ich fand’s riesig nett von ihm.
Insgesamt hatten wir Kents fünf Bandenmitglieder lebend bekommen, denn auch Vincon lebte noch, wenn es auch einige Zeit so aussah, als würde er sterben. Hinzu kam noch Silvestro Bacco, den die Hafenpolizei aus dem Wasser gezogen und in klugem Erfassen der Situation gleich eingesperrt hatte. Es bestand kein Zweifel, dass die Bandenmitglieder ihren Chef erheblich belasten würden, und dass Kent geliefert war, sobald wir ihn nur fassten.
Nun, darum brauchte ich mich nicht zu kümmern. New Yorks sämtliche Polizisten passten auf, ob ihnen der Hafen-Boss unter die Augen käme, und die Hafen- und Flugplatzbehörden sorgten dafür, dass er nicht aus dem Lande gehen konnte.
Ich blieb vierzehn Tage zu Hause, pflegte mich und kontrollierte von Zeit zu Zeit mein Gesicht. Der verdammte Doktor schien Recht zu behalten. Meine Nase wollte nicht in die alte Form zurück.
»Kein Problem«, beruhigte mich Phil bei einem Besuch. »Geh zu einem kosmetischen Chirurgen, und wenn du ihm außer deiner Nase noch dein Gesicht überlässt, macht er dich so schön, dass du in Hollywood eine Bombenrolle bekommst. Ich finde, dein Gesicht hatte solch eine Kur schon nötig, bevor es von der Hafen-Bande lädiert wurde.«
Er saß mir gegenüber. Ich fasste seine Beine und lupfte ihn mitsamt seinem Stuhl um. Da er ein Gin-Glas in der Hand hielt, beschüttete er seinen Anzug.
Fluchend trocknete er sich ab.
»Ich hoffe, du lässt nächstens deine unpassenden Scherze«, sagte ich ungerührt. »Da wir übrigens gerade von Gesichtsverschönerung reden: haben sie Kent?«
Es stellte sich heraus, dass sie Kent durchaus nicht hatten. Wie gesagt, New Yorks sämtliche Polizisten suchten nach ihm, aber sie bekamen ihn nicht.
»Ihr seid alle absolute Nieten«, erklärte ich hochmütig und legte die Beine auf den Tisch. »Es wird Zeit, dass ich mich um die Sache kümmere. Ich wette, ich fasse den Hafen-Boss in spätestens drei Tagen.«
Ich hatte das so daher gesagt, eigentlich nur, um Phil zu reizen, und ich hatte nicht die geringste Ahnung, dass ich mir dazu nicht einmal die Mühe geben brauchte.
***
Zwei Tage später kam ich aus dem Brouth Stadion. Ich hatte einen ausgezeichneten Eishockey-Kampf gesehen, bei dem fünf Spieler auf Bahren von der Spielfläche getragen werden mussten.
Da das Brouth Stadion in der Nähe meiner Wohnung lag, bummelte ich zu Fuß nach Hause.
Ich holte mir an einem Automaten noch Zigaretten, ging in meine Wohnung, schloss
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