KR127 - Ich bluffte den Hafenboß
Fend mit mir zur Erde.
Ich sah, wie Vincent Vincon ein zweites Mal getroffen wurde. Sein Körper bäumte sich auf, und das war der Augenblick, in dem der Kurzschluss in meinem Gehirn passierte. Ich habe solche Augenblicke schon früher gehabt. Ich kann eine Menge vertragen. Ich bin einen ganzen Berg von Brutalität gewohnt, und ich scheue mich nicht, manchmal selber welche anzuwenden, aber es gibt einen Punkt, an dem der Krug überläuft. Das hier war ein solcher Punkt. Vincent war ein Gangster, und wenn der Richter ihn zum Stuhl verurteilt hätte, so hätte ich keine Gewissensbisse bekommen, dass ich es war, der ihn fing. Aber dass seine eigenen Kumpane auf ihn, der schon wehrlos am Boden lag, schossen, das konnte ich jetzt nicht mehr sehen. In mir war nur noch der rasende Wunsch, Schluss zu machen mit Donald Kent, dem »Hafen-Boss«, der jahrelang friedliche Arbeiter gequält hatte, und mit Trux Lugger, diesem hirnlosen Kleiderschrank, der nur tat, was sein Chef befahl.
Ich sprang auf, stellte mich hoch, die Taschenlampe in der einen, Gomez Pistole in der anderen Hand.
Hart und grell fraß sich der Strahl in die Dunkelheit. Natürlich schossen sie auf mich, aber höchstens zwei Schüsse, dann hatte der Lichtkegel sie gefasst.
Sie standen ganz nah an der Piermauer. Kent und Lugger. Sie hatten uns aufgelauert. Dieser Gedanke war bestimmt in Donalds höllisch klugen Gehirn geboren worden. Er rechnete ganz richtig, wir würden nur vermuten, dass er sich schnellstens aus dem Staub machte. Er aber blieb, verborgen in der Dunkelheit der Nacht, um uns abzuknallen, wenn wir ihm gut im Licht standen. Ich schoss, und Phil schoss. Ich kannte Gomez Pistole nicht und traf daher nicht.
Phil lag zu weit weg, um zu treffen, aber die Reaktion der Gangster, die nun im Licht standen, war bezeichnend.
Genau genommen reagierte nur Lugger. Er wandte sich um und wollte türmen. Er dachte gar nicht mehr daran, dass er auch eine Waffe in der Hand hatte. Er wollte nur weg, heraus aus dem Licht. Er rannte Kent glatt über den Haufen, aber der Hafen-Boss war geschmeidig wie ein Aal. Er stand auf den Füßen, bevor er richtig gelegen hatte, und dann war er plötzlich hinter der Piermauer verschwunden.
Ich rannte. Obwohl ich die Kanone in der Hand hatte, feuerte ich nicht auf Lugger, der sich hoch krabbelte und dann ebenfalls verschwand.
Noch bevor ich die Mauer erreicht hatte, hörte ich das Blubbern eines Bootsmotors, und als ich am Pierrand stand, war Kent in dem Boot schon ein gutes Stück weg.
Er hatte das Boot gefunden, mit dem ich hergekommen war, sein Boot, und über dem Geräusch des angeworfenen Motors hatte ich das Klatschen eines Körpers in das Wasser überhört, aber jetzt hörte ich Trux Luggers verzweifelte Stimme:
»Donald, warte auf mich! Donald du kannst mich doch nicht im Stich lassen!«
Phil tauchte neben mir auf. Ich versuchte, das Boot in den Strahl der Taschenlampe zu bekommen. Es gelang. Schattenhaft sah ich eine Gestalt am Ruder.
Phil hob seine Null-acht. Ich legte ihm die Hand auf den Arm.
»Lass! Keinen Zweck. Es ist zu weit.« Ich ließ den Lichtstrahl über das dunkle Wasser gleiten.
»Da«, sagte Phil und fasste meinen Arm.
Trux Lugger hatte aufgehört zu rufen. Wir sahen deutlich seinen Kopf im Licht. Er schwamm eifrig, als könne er sich retten.
»Komm zurück, Lugger!«, rief Phil. »Komm zurück, oder wir verpassen dir einige blaue Bohnen.«
Der Ex-Boxer hörte nicht. Er schwamm so eifrig weiter, als gelte es einen Rekord zu brechen.
»Halte mal!«, forderte ich Phil auf und gab ihm die Lampe. Ich zog die Jacke aus, warf sie auf die Erde, holte tief Luft und sprang.
Das kalte Hafenwasser schlug über mir zusammen, aber ich tauchte sofort wieder auf und legte mich in die Riemen.
Ich konnte Luggers Kopf ganz gut im Lichtschein sehen. Phil brüllte zwar irgend etwas zu mir herunter, das so klang, als hielte er mich für einen kompletten Idioten, aber er sorgte dafür, dass Trux nicht aus dem Lichtkegel herauskam.
Es war nicht sehr schwer, den Ex-Boxer einzuholen. Es dauerte gar nicht lange, und ich lag gleichauf mit ihm.
»Kehr um, Lugger«, forderte ich ihn sanft auf. »Glaubst du, du könntest von hier aus direkt nach Venezuela schwimmen, das einzige Land, das Gauner deiner Sorte nicht ausliefert.«
Er riss den Kopf zu mir herum. Seine Augen starrten mich erschreckt an. Er verdoppelte seine Bewegungen.
Ich blieb mühelos neben ihm.
»Du sollst umkehren!«, fauchte ich ihn an. »Ich
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