KR137 - Ich stürzte den Senator

Wahllokal.
    »Na, wie ich Sie kenne«, meinte der Wahlleiter, »dürften Sie den beiden Gangstern die Sache so gründlich ausgeredet haben, daß sie die nächsten Jahre in stiller Zurückgezogenheit darüber werden nachdenken können.«
    »Nein«, sagte ich. »Ich habe sie danach wieder nach Hause geschickt. Das endgültige Kassieren meiner Rechnungen findet erst heute abend nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses statt.«
    Ohne mich weiter um die verdutzten Gesichter zu kümmern, ging ich wieder. Mein Jaguar schnurrte durch die Straßen, daß es eine helle Freude war. Vor dem FBI-Gebäude standen schon einige Wagen von Kollegen, woraus zu entnehmen war, daß uns die lieben Gangster nicht einmal einen freien Sonntag gönnten.
    Ich ging zuerst in die daktyloskopische Abteilung. Da es Sonntag war, hatten nur zwei Mann Dienst, die die unaufschiebbaren Fälle bearbeiten sollten.
    Ich packte meine Handtücher aus.
    »Da ist was drin für euch!« sagte ich zu den beiden Kameraden. »Macht es gleich fertig. Ich hole es nachher wieder ab.«
    »Okay«, antwortete der eine Experte für Fingerabdrücke.
    Ich ging zunächst einmal in unser Office.
    Auf meinem Schreibtisch lag ein langes Fernschreiben.
    Ich las:
     
    FBI Identification Order No.: 3718a, May, 11th.
    Concerning (betrifft): Fingerprint-Copy 3 o 2 R II 5 / N 16 S III Richard George Corthwell.
    Personal dates (Personenbeschreibung):
    Age (Alter) 41, geb. 11. Februar 1931, Dover, England. (Mit Eltern 1928 nach USA emigriert, Eltern erhielten US-Staatsbürgerschaft 1929, sind seit 1930 verschollen.) Größe 179 cm, Körpergewicht 72 kg, Gestalt mittel, Haare dunkelbraun bis schwarz, langgeschoren, Augen blaugrau, Rasse weiß, Staatsbürgerschaft US-Amerikaner.
    Berufe: Schauspieler, Conférencier, Drugstore-Inhaber, Taxifahrer. Besondere Kennzeichen: 8 cm lange Narbe Innenseite der linken Hand, Blinddarmoperationsnarbe. C. ist von zügellosem Ehrgeiz erfüllt und neigt zum Hochstapler.
    Criminal Record (Vorstrafenverzeichnis):
    18jährig: 2 Jahre Gefängnis wegen Unterschlagung und Urkundenfälschung, Ivrida Council Reformatory, nach 1 Jahr auf Ehrenwort entlassen, entzog sich sofort der Polizeiaufsicht.
    26jährig: 4 Jahre Gefängnis wegen Hochstapelei, Betrug, Unterschlagung und Heiratsschwindel, Cadbridge Penitentiary, Massachusetts, nach 21 Jahren auf Ehrenwort entlassen, entzog sich bald der Polizeiaufsicht.
    Auf Auslieferungsantrag des Generalstaatsanwaltes von Massachusetts wird ausdrücklich hingewiesen.
     
    Ich war zufrieden. Damit konnte man schon etwas anfangen. Ich schob das Fernschreiben in meine mittlere Schreibtischschublade und ging dann wieder in unsere daktyloskopische Abteilung. Ich mußte aber noch eine Weile warten, bis ich die beiden Fingerabdruck-Formeln erhielt, die man an dem Revolver und an dem Messer gefunden hatte.
    Sie stimmten nicht mit meiner Formel überein, von der ich bereits das Identifizierungsschreiben unserer Zentrale in Washington hatte. Ich hatte es auch nicht erwartet.
    Da ich annahm, daß Captain Hywood heute keinen freien Sonntag machte, weil die Fälle zu frisch waren und man das Eisen schmieden soll, solange es heiß ist, fuhr ich mit meinem Jaguar zur Center Street, wo die City Police residierte. Ich fand den Captain tatsächlich in seinem Zimmer.
    »Hallo!« rief er aus, als er mich erblickte. »Ich habe da eine ganz schöne Nuß zu knacken! Bei Mrs. O’Wright ist nicht die Idee einer Spur zu finden gewesen! Kein Fingerabdruck, kein Hinweis von Nachbarn, rein gar nichts!« .
    »Das ist schlecht!« sagte ich.
    »Schlecht?« brummte der Captain. »Das ist eine riesige Sauerei! Wer soll denn einen Mord aufklären können, wenn er keine Anhaltspunkte hat? Soll ich mir vielleicht Spuren machen?«
    Ich nickte ganz ernsthaft.
    »Genau das wollte ich Ihnen empfehlen, Captain!« sagte ich.
    Er sah mich verdattert an, als würde er mich nicht mehr für ganz zurechnungsfähig halten.
    »Umschrieben ausgedrückt, wir müssen uns Spuren machen, wenn der Täter keine direkten am Tatort zurückläßt.«
    »Bei Ihnen ist wohl irgendwo eine Schraube locker, was?«
    »Kann sein«, nickte ich. »Jedenfalls sagt mir mein Köpfchen, das von Ihnen ja anscheinend nicht für ganz voll genommen wird, daß ich Ihnen heute abend, etwa eine halbe Stunde nach Bekanntwerden des Wahlresultates, den Mörder von Professor Bradforth und Mrs. O’Wright bringen werde. Ferner bringe ich Ihnen tot oder lebendig den Mann, der den Mordversuch auf unseren