KR149 - Ich hetzte Scotland Yard
Phil zog einen Zettel aus seiner Tasche.
»Hier«, meinte er. »Können wir damit etwas anfangen?«
Ich sah mir den Zettel an. Es war ein Blatt aus einem Notizbuch, auf dem in Bleistiftschrift stand:
Mr. George Pearson, 27, Strange Valley Road, London.
Mr. Clark Abralam, New York, USA.
A. soll angeblich ›Franklin Roosevelt‹ benutzen. Wird P. neue Lieferung bringen. Feststellen: Wer ist A.? Welche Lieferung soll gebracht werden? Wo wird P. Lieferung annehmen, wohin weitergeben?
»Wo hast du das her?« fragte ich verblüfft.
Phil grinste.
»Lag bei dem einen Engländer in seinem Koffer. Ich verstehe gar nicht, wie der Zettel in meine Tasche gekommen ist. Oder kannst du dir etwa vorstellen, daß ich ein Dieb bin?«
»Ausgeschlossen«, lachte ich. »Ein G-man stiehlt nicht.«
»Eben«, meinte Phil kopfschüttelnd. »Es ist mir geradezu peinlich, plötzlich einen Zettel in meiner Tasche zu finden, der mir nicht gehört. Aber wenn ich ihn zurückbringe, komm ich in den Verdacht, ein Dieb zu sein. Kann ich den Ruf der amerikanischen Bundeskriminalpolizei derart leichtsinnig aufs Spiel setzen?«
»Nein«, sagte ich. »Wir dürfen das FBI nicht in Verruf bringen. Wir werden den Zettel also behalten müssen.«
»Ja«, grinste Phil. »So leid es uns tut.«
»Ich bin gleich wieder da«, sagte ich und ging hinaus.
Mr. Abralam lag noch immer stöhnend in seiner Kabine.
»Was wollen Sie von mir?« fauchte er böse. »Lassen Sie mich in Ruhe. Ich verzichte auf Ihren weiteren Schutz, der mir ja doch nichts nützt!«
»Freut mich zu hören«, sagte ich lässig. »Sollten Sie in London zufällig in die Strange Valley Road kommen, dann, seien Sie vorsichtig, Mr. Abralam. Es könnte sein, daß Sie Schwierigkeiten haben werden. Bye, bye.«
»Bleiben Sie stehen! Rühren Sie sich nicht!«
Ich sah mich verwundert um. Mit dem Dicken war eine sichtbare Veränderung vorgegangen. Seine Augen blitzten tückisch, und sein Gesicht war haßverzerrt. Er hatte eine von diesen kleinen Damenpistolen in der Hand, die so niedlich aussehen, wie sie gefährlich sind.
»Los!«
»Was los?«
»Heben Sie Ihre Pfoten zur Decke, G-man!«
Ich tat ihm den Gefallen. Der Dicke kam zögernd näher.
»Was wissen Sie von der Strange Valley Road?« fragte der Dicke leise. Er stand etwa zwei Meter von mir entfernt. »Ich habe dort ein paar Schulfreunde«, grinste ich. »Da ist zum Beispiel ein gewisser George Pearson, ein netter Kerl, nur macht er immer die falschen Geschäfte. Schade um den Burschen.«
Das Fleischpaket starrte mich wütend an.
»Sie sind ein verflucht schlauer Kopf«, flüsterte er hämisch. »Aber man kann auch zu schlau sein, Cotton. Zu schlau, das ist gefährlich!«
»Ja«, meinte ich lässig. »Wie bei Tony: zu schlau, nicht?«
Ich hatte meine Frage nur so aufs Geratewohl abgeschossen, aber um, so besser war die Wirkung.
»Du Hund!« schrie der Dicke. »Was soll das heißen?«
»Ich meine nur so. Tony hatte ja einen so bedauerlichen Tod: Eine Dosis Gift in den Tee und dann auch noch aufgehängt werden, da muß ja der lebendigste Mann tot werden.«
Der Dicke wurde blaß. Seine Hand fing ah zu zittern. Mir war jetzt einiges klar.
»Auf vorsätzlichen Mord steht erbarmungslos der Elektrische Stuhl«, sagte ich kalt und machte einen Schritt nach vorn.
»Bleiben – bleiben Sie stehen«, keuchte der Dicke.
»Das schönste daran ist die Nacht vorher«, meinte ich kalt. »Am Abend kommen drei Wärter in die Zelle und bleiben die Nacht über. Dann wird einem der Todesanzug , angezogen, vorher kommt der Friseur und muß auf dem Kopf die kahlen Stellen scheren, wo die Kontakte angelegt werden. Am Morgen kommt dann der Pfarrer und nimmt Ihre letzten Grüße entgegen für die Angehörigen. Dann geht er mit Ihnen den Gang entlang zum Hinrichtungsraum…«
»Hören Sie auf! Hören Sie auf!« geiferte der Dicke mit Schaum vor den Lippen.
Ich sprach leise und kalt weiter: »Im Hinrichtungsraum warten der Gefängnisdirektor, der Staatsanwalt, ein Richter und ein Reporter. Es wird immer nur ein Reporter zugelassen, der für seine Kollegen mit berichten muß. Sie werden in den Stuhl gehoben, denn die meisten können selbst nicht mehr stehen.«
»Aufhören! Aufhören!«
»Der Gefängnisdirektor liest Ihnen noch einmal das Urteil vor. Unterdessen legt man Ihnen schon die kalten Kontaktstellen an die nackte Haut Ihres Körpers, an Fuß- und Armgelenke, an die Brust und an den Hinterkopf. Sie sind in gnadenloser Nacht versunken,
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