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Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition)
Autoren: Otfried Preußler
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Zudem war es eine Weise, zu der es sich besser traben ließ als marschieren, weshalb sich die Müllerburschen und ihre Begleiter sogleich in Trab setzten, was recht possierlich aussah, nur in den Augen des Herrn Obristen nicht.
    Sprachlos vor Zorn und nach Luft schnappend wie ein Karpfen im Netz, musste Landtschaden-Pummerstorff zusehen, wie auf dem Kamenzer Marktplatz ein Dutzend Rekruten zu den Klängen eines noch dazu feindlichen Kavalleriemarsches Hoppe-Hoppe-Reiter machte. Was aber, zum Satan, war in den sie eskortierenden Leutnant gefahren, dass er den Schlingeln auf seinem Säbel voransprengte, den er sich wie ein Steckenpferd zwischen die Beine geklemmt hatte! Angesichts dieses höchst würdelosen Verhaltens eines kursächsischen Offiziers fiel es kaum ins Gewicht, dass sich auch dessen Leute einschließlich Tambour und Korporal nicht entblödeten, bei der Hopserei mitzumachen.
    »Eskadron – halt!«, kommandierte Tonda, nachdem sie den Marsch zu Ende geblasen hatten. Dann bauten die Müllerburschen sich vor dem Obristen auf, schwenkten zum Gruß die Mützen und grinsten ihn an.
    Herr von Landtschaden-Pummerstorff trat auf sie zu und begann zu brüllen wie zwölf Korporale gleichzeitig: »Wer, zum Teufel, hat euch ins Hirn geschissen, verdammtes Lausepack, dass ihr euch untersteht, einen solchen Affentanz aufzuführen, bei hellem Tag und vor allen Leuten! Wer seid ihr denn, Lumpenkerls, dass ihr die Stirn habt, mich anzugrinsen! Aber ich sage euch – ich, der Obrist dieses glorreichen Regimentes, das sich in siebenunddreißig Schlachten und einhundertneunundfünfzig Scharmützeln mit Ruhm bedeckt hat –, ich sage euch, dass ich gesonnen bin, euch die Narrens-Possen von Grund auf auszutreiben! Ich werde euch dem Profos übergeben, ich lasse euch durch die Spieße jagen, ich  … «
    »Schluss!«, sagte Tonda und schnitt ihm das Wort ab. »Ich denke, dass Ihr Euch den Profos und die Spieße sparen könnt. Wir zwölf nämlich, die wir da vor Euch stehen, eignen uns ohnehin nicht für das Soldatenleben. Tröpfe wie der da« – er deutete auf den Leutnant – »und Schwartenhälse wie er« – damit zeigte er auf den Korporal – »mögen sich bei der Armee ja ganz wohl befinden, solang man sie nicht zusammenschießt. Wir aber, meine Freunde und ich, sind von anderem Holz gemacht: wir pfeifen auf Euer ganzes Brimborium samt dem allerdurchlauchtigsten Kurfürsten, dem Ihr das gern bestellen könnt, wenn Ihr mögt!«
    Dann verwandelten sich die Müllerburschen in Raben und schwangen sich in die Lüfte. Krächzend zogen sie eine Schleife über dem Rathausplatz; und zum Abschied bedeckten sie Hut und Schultern des Herrn Obristen – wenngleich nicht gerade mit Ruhm.

 
    In der zweiten Oktoberhälfte war es noch einmal sonnig und warm geworden, fast wie im Spätsommer. Sie nutzten die schönen Tage, um ein paar Fuder Torf zu holen. Juro spannte die Ochsen ein, Staschko und Krabat beluden das Fuhrwerk mit Brettern und Holzbohlen, auch zwei Schubkarren packten sie auf. Dann kam Tonda hinzu und sie fuhren los.
    Der Torfstich lag draußen, im oberen Teil des Koselbruchs jenseits des Schwarzen Wassers. Krabat hatte im Sommer mit einigen anderen dort gearbeitet, während der heißesten Zeit des Jahres. Im Umgang mit Stechscheit und Torfmesser ungeübt, hatte er Michal und Merten geholfen, die schwarzen, fettig glänzenden Torfziegel aus der Kuhle herauszukarren und aufzuschlichten.
    Die Sonne schien, in den Wassertümpeln am Wegrand spiegelten sich die Birken. Das Gras auf den Hügeln im Moor war vergilbt, das Heidekraut längst verblüht. Im Gesträuch hingen rote Beeren, spärlich, wie Blutstropfen da und dort. Und zuweilen, von Zweig zu Zweig gespannt, glitzerte silbrig das späte Netz einer Spinne auf.
    Krabat dachte an früher zurück, an die Kinderjahre in Eutrich: wie sie an solchen Herbsttagen Klaubholz gesammelt hatten im Wald und Föhrenzapfen. Und manchmal hatten sie im Oktober noch Pilze gefunden, Hallimasch, Reizker und Täublinge. – Ob es auch diesmal noch Pilze gab? Warm genug war es ja  …
    Auf der Höhe des Torfplatzes angekommen, hielt Juro die Ochsen an. »Abladen, wir sind da!«
    Sie legten an einer schmalen Stelle die Bohlen über das Schwarze Wasser und pflockten sie fest. Dann fügten sie Brett um Brett aneinander, der Länge nach, dass sie eine Bahn ergaben, und Staschko schob Holzknüttel unter, damit sie nicht durchhingen oder an moorigen Stellen absackten. Aber die
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