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Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition)
Autoren: Otfried Preußler
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Und bei den Bürgersleuten, insonderheit bei den Mädchens und jungen Witwen, da ist man wer, wenn man zweifarben Tuch trägt – und Nickelknöppe am Rock – und Gamaschen bis übers Knie herauf!«
    »Und der Krieg?«, wollte Tonda wissen.
    »Der Krieg?«, rief der Leutnant. »Der Krieg ist für einen Soldaten das Beste, was er sich wünschen kann. Wenn er das Herz auf dem rechten Fleck und ein bisschen Fortüne hat, wird es ihm weder an Ruhm noch an Beute fehlen. Er kriegt einen Orden, man macht ihn für seine Heldentaten zum Korporal oder gar zum Wachtmeister  … «
    »Und manch einer«, trumpfte der Korporal auf, »manch einer hat es im Krieg vom gemeinen Mann bis zum Offizier gebracht, ja zu Generalsehren! Fressen will ich mich lassen und hinterher wieder ausspucken, wenn dies nicht alles die reinste und lauterste Wahrheit ist!«
    »Darum fackelt nicht lang!«, rief der Leutnant. »Seid brave Burschen und folgt uns zum Regiment! Ich nehme euch als Rekruten an, wie ihr seid – auf Handschlag!«
    »Auf Handschlag!« Der Altgesell schlug in die dargebotene Rechte des Leutnants ein. Michal, Merten und alle Übrigen taten desgleichen.
    Der Leutnant strahlte. Der Korporal, nicht ganz sicher mehr auf den Beinen, wankte reihum und griff ihnen nach den Schneidezähnen.
    »Mal sehen, verdammt noch eines, ob die Dinger fest sitzen! Die Vorderzähne, das weiß man ja, müssen bei einem Soldaten in Ordnung sein, sonst könnte er keine Patronen abbeißen im Gefecht und nicht auf die Feinde des allerdurchlauchtigsten Kurfürsten schießen, wie man es ihn gelehrt hat und wie er’s der Fahne schuldig ist.«
    Aber da fehlte nichts. Nur bei Andrusch war sich der Korporal im Zweifel.
    Ein Ruck und ein Gegendruck mit dem Daumen: da war es geschehen.
    »Himmelfixtürken!« Der Korporal hatte Andrusch zwei Zähne herausgebrochen. »Was denkt Er sich, Lausekerl? Will Er mit Seinem Altweibergebiss Soldat werden? Scher Er sich weg da, Er Zahnkrüppel, sonst vergess ich mich!«
    Andrusch blieb ruhig und freundlich.
    »Wenn es gestattet ist«, sagte er, »das sind meine Zähne, die möcht ich wiederhaben.«
    »Er kann sie sich an den Hut stecken!«, knurrte der Korporal.
    »An den Hut?«, meinte Andrusch, als ob er nicht recht gehört habe. »Nicht doch!«
    Er ließ sich die Zähne geben und spuckte darauf, dann setzte er sie sich ein, an die alte Stelle.
    »Nun werden sie fester sitzen als vorher. Belieben der Herr, sich zu überzeugen?«
    Die Burschen grinsten, dem Korporal schwoll die Zornesader. Der Leutnant indessen, des Kopfgeldes eingedenk, mochte auf Andrusch ungern verzichten, er drängte: »Nu – zieh Er schon!«
    Der Korporal, obzwar widerstrebend, parierte Order und fasste nach Andruschs Zähnen. Doch seltsam: wie stark er auch daran ruckte und rüttelte, diesmal gaben sie nicht um ein Jota nach – selbst dann nicht, als er versuchte, sie mit dem Stiel seiner Stummelpfeife herauszubrechen.
    »Das geht nicht mit rechten Dingen zu!«, stieß er keuchend hervor. »Das kann nicht mit rechten Dingen zugehen! Aber je nun, mir soll’s gleich sein. Ob diese Pockennase Soldat werden darf oder nicht, hab nicht ich zu entscheiden, das muss Euer Gnaden tun  … «
    Der Leutnant kratzte sich hinterm Ohr. Auch er hatte viel getrunken, auch ihm kam die Sache spanisch vor. »Wollen den Fall überschlafen«, meinte er. »Vor dem Abmarsch werden wir uns den Burschen noch einmal vorknöpfen.« Dann verlangte er schlafen zu gehen.
    »Sehr wohl«, sagte Tonda. »Ich habe für Euer Gnaden das Bett richten lassen, worin sonst der Meister schläft, und für den Herrn Korporal einen Platz in der Gästestube. Wohin aber mit den Herren Gefreiten und dem Herrn Tambour?«
    »D-da mach Er sich keine Umstände!«, lallte der Korporal. »D-die sollen ins Heu kriechen, d-das ist allemal gut genug für d-die!«
     
    Am anderen Morgen erwachte der Leutnant in einer Kiste voll Runkelrüben, die hinter dem Haus stand; der Korporal aber fand sich im Sautrog wieder. Da hoben die beiden gewaltig zu schimpfen an und zu donnerwettern. Die Müllerburschen kamen herbeigestürzt, alle zwölfe und taten ganz unschuldig.
    Was denn, wie denn, man habe die Herren doch gestern Abend gebührend zu Bett gebracht. Ob sie mondsüchtig seien? Das sehe nach Schlafwandel aus, zumindest aber, bescheidentlich anzumerken, nach einem gewaltigen Bierrausch. Ein Glück, dass die Herren sich, während sie in der Mühle umhertappten, keine Beulen und Schrammen geholt
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