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Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition)
Autoren: Otfried Preußler
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Strecke vom Steg bis zum Torfplatz war länger, als sie geschätzt hatten.
    Juro erbot sich, die fehlenden Bretter zu holen, doch Staschko erklärte, dass das nicht nötig sei. Er brach einen Zweig von der nächsten Birke, dann schritt er die Karrenbahn ab, wobei er im Takt eines Zauberspruchs mit dem Zweig auf die Bretter einschlug. Da fingen sie an, sich zu strecken, und schoben sich bis zum Torfplatz vor.
    Krabat war überwältigt. »Ich frage mich«, rief er, »weshalb wir denn überhaupt noch arbeiten, wo sich doch alles zaubern lässt, was wir mit unseren Händen verrichten müssen!«
    »Gewiss«, sagte Tonda, »aber was meinst du, wie bald dir ein solches Leben zum Hals heraushinge! Ohne Arbeit: das ist auf die Dauer nichts – außer, du willst über kurz oder lang vor die Hunde gehen.«
    Am Rand des Torfplatzes stand ein Bretterschuppen, dort waren die trockenen Torfziegel aus dem Vorjahr gelagert. Die Burschen brachten sie schubkarrenweise zum Wagen, wo Juro sie auf das Fuhrwerk umpackte. War es beladen, dann kletterte er aufs Sitzbrett, rief: »Wüüüh!«, und die Ochsen zockelten los, gemächlich der Mühle zu.
    Die Zeit bis zu Juros Rückkehr verwendeten Tonda, Staschko und Krabat darauf, den im Sommer gestochenen Torf in den Schuppen zu bringen und einzuschlichten. Sie brauchten sich nicht zu beeilen damit und das brachte den Jungen auf einen Gedanken. Er fragte den Altgesellen und Staschko, ob sie es ihm erlauben würden, für kurze Zeit wegzugehen.
    »Wohin?«
    »In die Pilze. Ihr braucht nur zu pfeifen, dann komme ich gleich zurück.«
    »Wenn du glaubst, dass du welche findest  … «
    Tonda war einverstanden und Staschko auch.
    »Hoffentlich«, rief er, »hast du ein langes Messer mit!«
    »Wenn ich eins hätte, würde ich’s mitnehmen«, meinte Krabat.
    »Dann leih ich dir meines«, sagte der Altgesell. »Da – und verlier es nicht!«
    Er zeigte ihm, wie sich das Messer mit einem Druck auf die Schalen des Griffes öffnen ließ. Die Klinge schnappte heraus, sie war schwärzlich verfärbt, als ob Tonda sie über den Docht einer brennenden Kerze gehalten hätte.
    »Jetzt du!« Damit schloss er das Messer wieder und gab es dem Jungen. »Lass sehen, ob du damit zurechtkommst!«
    Als Krabat die Klinge aufschnappen ließ, war sie blank und unverfärbt.
    »Hast du was?«, fragte Staschko.
    »N-nein«, sagte Krabat. Er musste sich wohl getäuscht haben.
    »Dann aber los!«, drängte Tonda. »Sonst riechen die Herren Pilze Lunte und nehmen Reißaus vor dir.«
    Vier Tage brachten sie auf dem Torfplatz zu, viermal ging Krabat zum Pilzesuchen. Er fand aber nichts, mit Ausnahme einiger überständiger Birkenpilze, die braun und zäh waren.
    »Mach dir nichts draus«, sagte Staschko. »So spät im Jahr kannst du nicht verlangen, dass du was findest – es sei denn, du hättest ein bisschen nachgeholfen  … «
    Er sprach eine Zauberformel, er drehte sich siebenmal um sich selber, die Arme vom Körper abgespreizt – da entsprossen dem Torfplatz wohl an die siebzig Pilze. Gleich Maulwürfen stießen sie aus dem Boden, Kappe an Kappe, nach Art eines Hexenringes zum Kreis gereiht: Steinpilze, Rotkappen, Braunkappen, Birkenpilze und Blaupilze, einer so kernig und frisch wie der andere.
    »Oh!«, staunte Krabat. »Den Zauber musst du mich lehren, Staschko!«
    Er zückte das Messer, er wollte sich auf die Pilze stürzen, um sie zu ernten. Sie aber, ehe er sie berühren konnte, schrumpften zusammen und schlüpften zurück in den Boden, flink, wie an Fäden hinabgezogen.
    »Halt!«, rief der Junge. »Halt doch!«
    Da waren die Pilze schon weg und weg blieben sie.
    »Mach dir nichts draus«, sagte Staschko abermals. »Solche herbeigezauberten Pilze sind gallenbitter, an denen verdirbst du dir bloß den Magen! Vergangenes Jahr hat nicht viel gefehlt und ich wäre krepiert daran.«
     
    Am Abend des vierten Tages fuhr Staschko mit Juro heim, auf der letzten Torffuhre, während Tonda und Krabat zu Fuß nach der Mühle zurückkehrten, einen kürzeren Pfad wählend, der sie quer durch das Moor führte. Über den Torfkuhlen und den Tümpeln brauten die ersten Nebel. Der Junge war froh, als sie endlich auf festen Boden kamen, das war in der Nähe des Wüsten Planes. Von jetzt an konnten sie nebeneinander gehen. Es war eine Gegend, die von den Müllerburschen gemieden wurde, aus welchen Gründen, war Krabat unbekannt.
    Er entsann sich des Traumes von seiner Flucht. War da nicht etwas mit Tonda gewesen – mit
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