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Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition)
Autoren: Otfried Preußler
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einer Stelle hier draußen, wo sie den Altgesellen begraben hatten?
    Doch Tonda, gottlob, ging an seiner Seite, er lebte.
    »Ich möchte dir etwas schenken, Krabat.« Der Altgesell zog sein Klappmesser aus der Tasche. »Zum Andenken.«
    »Wirst du uns denn verlassen?«, fragte der Junge.
    »Vielleicht«, sagte Tonda.
    »Aber der Meister! Ich kann mir nicht denken, dass er dich ziehen lässt.«
    »Manches geschieht, was sich mancher nicht denken kann«, sagte Tonda.
    »So darfst du nicht sprechen!«, rief Krabat. »Bleib mir zuliebe! Ich kann es mir auf der Mühle nicht vorstellen ohne dich.«
    »Manches im Leben«, sagte der Altgesell, »kann sich mancher nicht vorstellen, Krabat. Man muss damit fertigwerden.«
    Der Wüste Plan war ein freies Geviert, kaum größer als eine Tenne, an dessen Rändern verkrüppelte Föhren wuchsen. Der Junge erkannte im Dämmerlicht eine Reihe von länglichen flachen Hügeln: wie Gräber auf einem aufgelassenen Friedhof, von Heidekraut überwuchert, ungepflegt, ohne Kreuz und Stein – wessen Gräber wohl?
    Tonda war stehen geblieben.
    »Nimm schon«, sagte er, Krabat das Messer reichend, und Krabat begriff, dass er sich nicht weigern durfte.
    »Es hat«, sagte Tonda, »eine besondere Eigenschaft, die du kennen musst. Sollte dir je Gefahr drohen – ernste Gefahr –, dann verfärbt sich die Klinge, sobald du sie aufklappst.«
    »Wird sie dann – schwarz?«, fragte Krabat.
    »Ja«, sagte Tonda. »Als ob du sie über den Docht einer brennenden Kerze gehalten hättest.«

 
    Auf den schönen Herbst kam ein früher Winter. Zwei Wochen nach Allerheiligen schneite es zu und das endgültig. Krabat musste nun wieder Schnee räumen und die Zufahrt zur Mühle freihalten. Trotzdem kam in der nächsten Neumondnacht der Gevatter mit seinem Fuhrwerk quer über die verschneite Wiese herangeprescht. Ohne stecken zu bleiben und ohne dass das Gefährt eine Spur hinterließ.
    Dem Jungen machte der Winter nichts aus, zumal es bei allem Schnee nicht besonders kalt war; aber den anderen Müllerburschen schien er sich aufs Gemüt zu legen: Von Woche zu Woche wurden sie mürrischer und je näher das Jahresende heranrückte, desto schwieriger war es, mit ihnen auszukommen. Sie waren empfindlich wie rohe Eier und reizbar wie Truthähne. Beim nichtigsten Anlass gerieten sie aneinander, selbst Andrusch machte in diesem Punkt keine Ausnahme.
    Krabat erfuhr das, als er ihm einmal mit einem Schneeball die Mütze vom Kopf warf, aus Spaß nur, weil es ihn in den Fingern gejuckt hatte. Da ging Andrusch sofort auf ihn los und er hätte den Jungen zusammengeschlagen wie nichts, wenn nicht Tonda dazwischengetreten wäre und sie getrennt hätte.
    »Ist doch wahr!«, schimpfte Andrusch. »Kaum hat er ein bisschen Flaum am Kinn, dieser Milchbart, da muss er schon frech werden! Aber warte, ein nächstes Mal sollst du Haare lassen, dass du dich umschaust!«
    Im Gegensatz zu den anderen Burschen war Tonda besonnen und freundlich geblieben wie eh und je, nur dass er dem Jungen um eine Spur trauriger vorkam als sonst, auch wenn er bemüht war, es keinen merken zu lassen.
    »Vielleicht ist ihm bange nach seinem Mädchen«, vermutete Krabat – und wieder, obgleich er es nicht gewollt hatte, kam ihm die Kantorka in den Sinn. Seit Langem hatte er nicht mehr an sie gedacht. Er fand, es war besser, wenn er sie überhaupt vergaß. Aber wie das anstellen?
    Weihnachten kam, für die Mühlknappen waren es Tage wie alle anderen. Lahm und verdrossen gingen sie ihrer Arbeit nach. Krabat wollte sie aufmuntern, holte im Wald ein paar Tannenzweige und schmückte den Tisch damit. Als die Burschen zum Essen kamen, wurden sie zornig.
    »Was soll das?«, rief Staschko. »Fort mit dem Plunder, weg damit!«
    »Weg damit!«, rief es von allen Seiten, selbst Michal und Merten fingen zu schimpfen an.
    »Wer das Zeug in die Stube gebracht hat«, verlangte Kito, »der soll es auch wieder hinausschaffen!«
    »Und zwar schnell!«, drohte Hanzo. »Sonst schlag ich ihm alle Zähne ein!«
    Krabat versuchte sie zu beschwichtigen, wollte ein Wort der Erklärung sagen, doch Petar ließ ihn nicht ausreden.
    »Weg damit!«, fuhr er ihm über den Mund. »Oder muss man dir mit dem Knüppel kommen!«
    Da fügte sich Krabat dem Willen der Burschen, aber es wurmte ihn. Was, zum Kuckuck, hatte er falsch gemacht? Oder maß er dem Zwischenfall mehr Bedeutung bei, als ihm zukam? Es gab ja in letzter Zeit ständig Verdruss auf der Mühle und Streiterei hin und
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