Krabat (German Edition)
Thema wechselte.
»Was aber nun das andere angeht, worüber wir vorhin gesprochen haben, so merke dir eines, Krabat: Du selber kannst sonntags von jetzt an ausgehen, wann du magst, und du kannst auch daheim bleiben, wenn es dir lieber ist. Dies aber ist ein Vorrecht, das ich nur dir, meinem Meisterschüler, gewähre – und damit basta!«
Krabat brannte darauf, sich heimlich mit Juro zu treffen; Juro hingegen mied ihn, seit sie am Sonntag hinter dem Holzschuppen miteinander gesprochen hatten. Gern wäre Krabat wenigstens in Gedanken mit ihm in Verbindung getreten, doch innerhalb der Geheimen Bruderschaft wirkte der Zauber nicht.
Als sie endlich allein in der Küche zusammentrafen, gab Juro ihm zu verstehen, dass Krabat sich einige Tage gedulden möge »wegen des Messers, das du mir unlängst zum Schleifen gegeben hast. Wenn es fertig ist, werde ich kommen und es dir bringen: Ich habe dich nicht vergessen«.
»Ist gut«, sagte Krabat. Er hatte verstanden, was Juro gemeint hatte.
Es verstrich eine halbe Woche, dann musste der Meister wieder einmal über Land reiten, für zwei Tage, vielleicht auch auf drei, wie er vor dem Aufbruch verlauten ließ.
In der folgenden Nacht wurde Krabat von Juro geweckt.
»Komm in die Küche – dort wollen wir miteinander reden.«
»Und die da?« Krabat deutete auf die Mitgesellen.
»Die schlafen so tief und fest, dass kein Blitz und kein Donner sie aufweckt«, versicherte Juro. »Dafür ist vorgesorgt.«
In der Küche zog Juro um Tisch und Stühle den Zauberkreis mit dem Drudenfuß und den Kreuzen. Er zündete eine Kerze an, die stellte er zwischen sich und Krabat.
»Ich habe dich warten lassen«, begann er. »Aus Vorsicht, verstehst du. Niemand darf ahnen, dass wir uns heimlich treffen. Ich habe dir letzten Sonntag Verschiedenes anvertraut, du wirst dir darüber inzwischen Gedanken gemacht haben.«
»Ja«, sagte Krabat. »Du wolltest mir einen Weg zeigen, wie ich mich vor dem Meister retten kann – und zugleich ist das, wenn ich dich recht verstanden habe, ein Weg, wie ich Tonda und Michal rächen könnte.«
»So ist es«, bestätigte Juro. »Wenn ein Mädchen dich lieb hat, kann sie am letzten Abend des Jahres zum Meister kommen, dich freizubitten. Besteht sie die Probe, die er ihr abverlangt, dann ist er es, der in der Neujahrsnacht sterben muss.«
»Und die Probe ist schwer?«, fragte Krabat.
»Das Mädchen muss zeigen, dass sie dich kennt«, sagte Juro. »Sie muss dich herausfinden unter den Mitgesellen und sagen: Das ist er.«
»Und dann?«
»Das ist alles, was der Koraktor vorschreibt – und wenn du es liest oder hörst, wirst du meinen, das sei ein Kinderspiel.«
Krabat musste ihm beipflichten – falls die Sache nicht, wie er einschränkte, einen Haken habe; er denke an einen geheimen Zusatz im Zauberbuch beispielsweise oder an einen versteckten Doppelsinn, den die Anweisung des Koraktors enthalten könnte: man müsste den Wortlaut kennen …
»Der Wortlaut«, versicherte Juro, »ist klar und eindeutig. Aber der Meister versteht sich darauf, ihn auf seine besondere Weise auszulegen.« Er griff nach der Lichtputzschere und stutzte den blakenden Docht der Kerze herunter.
»Vor Jahren, als ich noch ziemlich neu war im Koselbruch, hat es ein Mitgeselle von uns, ein gewisser Janko, drauf ankommen lassen. Sein Mädchen ist pünktlich am letzten Abend des Jahres erschienen und hat ihn beim Müller freigebeten. ›Gut‹, hat der Meister gesagt, ›wenn du Janko herausfindest, ist er frei und du kannst ihn dir mitnehmen, wie es geschrieben steht.‹ Dann hat er sie in die Schwarze Kammer geführt, wo wir zwölf auf der Stange saßen, in Rabengestalt. Er hatte uns alle gezwungen, den Schnabel unter den linken Flügel zu stecken. Da hockten wir nun und das Mädchen war außerstande herauszufinden, wer von uns Janko sei. ›Nun?‹, hat der Meister gefragt. ›Ist es der hier, am rechten Ende der Reihe – oder ist’s jener dort in der Mitte oder ein anderer? Überlege es dir in Ruhe, du weißt ja, was davon abhängt.‹ Das wüsste sie, hat das Mädchen gesagt. Und dann hat sie nach einigem Zögern auf einen von uns gezeigt, auf gut Glück– und es hat sich herausgestellt, dass es Kito war.«
»Und?«, fragte Krabat.
»Sie haben den Neujahrsmorgen nicht mehr erlebt, Janko nicht und das Mädchen auch nicht.«
»Und seither?«
»Nur Tonda hat es noch einmal wagen wollen, mit Worschulas Hilfe – aber das weißt du ja.«
Wieder blakte die
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