Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
Vom Netzwerk:
deshalb bin ich gerade gut genug für die Hausarbeit. Ich muss putzen und schrubben und Staub wischen – auch in der Schwarzen Kammer zuweilen, wo der Koraktor liegt, angekettet am Tisch und für niemand zugänglich, der darin lesen könnte. Das wäre nicht gut für den Meister, weil manches darin verzeichnet steht, was ihm schaden könnte, wenn einer von uns es erführe.«
    »Du aber«, sagte Krabat, »du kannst lesen!«
    »Ja«, sagte Juro. »Und du bist der Erste und Einzige, dem ich es anvertraue. Es gibt einen Weg, um dem Meister das Handwerk zu legen: nur einen! Wenn du ein Mädchen kennst, das dich lieb hat – das könnte dich retten. Falls sie den Meister bittet, dich freizugeben, und falls sie die vorgeschriebene Probe besteht.«
    »Die – Probe?«
    »Davon ein andermal, wenn wir mehr Zeit haben«, sagte Juro. »Vorläufig brauchst du nur dies zu wissen: Hüte dich, dass der Meister erfährt, wer das Mädchen ist – sonst ergeht dir’s wie Tonda.«
    »Sprichst du von Worschula?«
    »Ja«, sagte Juro. »Der Meister hat ihren Namen zu früh erfahren, er hat sie mit Träumen gepeinigt, das gibt es, bis sie aus lauter Verzweiflung ins Wasser gegangen ist.«
    Er riss abermals einen Grashalm ab und zerknüllte ihn.
    »Tonda hat sie am Morgen danach gefunden. Er hat sie nach Hause getragen zu ihren Eltern, dort hat er sie auf der Schwelle niedergelegt. Seitdem hat er eisgraues Haar gehabt, seine Kraft war gebrochen, das Ende kennst du.«
    Krabat stellte sich vor, dass er eines Morgens die Kantorka finden könnte, ertrunken, mit Wasserpflanzen im Haar.
    »Was rätst du mir?«, fragte er.
    »Was ich dir rate?« Juro riss einen dritten Grashalm ab. »Geh jetzt nach Maukendorf oder sonst wohin – und versuche, den Meister irrezuführen, so gut du kannst.«
     
    Krabat blickte nicht rechts und links, als er durch Schwarzkollm ging. Die Kantorka hielt sich verborgen. Wer weiß, was sie ihren Leuten erzählt hatte, um ihnen klarzumachen, weshalb sie im Hause blieb.
    In der Scholtisei kehrte Krabat zu einer kurzen Rast ein, er aß ein Stück Schwarzbrot mit Rauchfleisch und trank einen doppelten Korn hinterher. Dann wanderte er nach Maukendorf weiter, setzte sich in der Schenke an einen Tisch und verlangte Bier.
    Am Abend tanzte er mit den Mädchen, er redete dummes Zeug mit ihnen, verdrehte ihnen die Köpfe und fing mit den Burschen Streit an.
    »Heda – verschwinde hier!«
    Als sie böse wurden und ihn hinauswerfen wollten, schnippte er mit den Fingern: da blieben sie stehen wie angewurzelt und konnten sich nicht mehr rühren.
    »Ihr Hammel!«, rief Krabat. »Das könnte euch wohl so passen, mich auf den Kopf zu hauen. Besorgt euch das lieber gegenseitig!«
    Da brach auf dem Tanzboden ein Tumult los, wie Maukendorf ihn noch nie erlebt hatte.
    Krüge flogen und Stühle krachten. Die Burschen rauften, als hätten sie den Verstand verloren. Blindlings droschen sie aufeinander ein. Der Wirt rang die Hände, die Mädchen kreischten, die Musikanten retteten sich durchs Fenster ins Freie.
    »Brav so!«, feuerte Krabat die Burschen an. »Brav so! Haut euch nur tüchtig die Hucke voll! Immer drauf, immer feste drauf!«

 
    Wo er den Sonntag verbracht habe, wollte der Meister am anderen Morgen von Krabat wissen und wie ihm der Ausgang bekommen sei.
    »Ach«, meinte Krabat mit einem Achselzucken, »ganz gut soweit.« Dann berichtete er dem Meister von dem Besuch in Maukendorf, von der Tanzerei und dem Streit mit den Dorfburschen. Das sei alles recht lustig gewesen; aber es hätte um vieles lustiger sein können, hätte er einen Kumpan aus der Mühle dabeigehabt: Staschko vielleicht oder Andrusch, doch wäre ihm ebenso jeder andere recht gewesen.
    »Auch Lyschko, zum Beispiel?«
    »Der nicht«, sagte Krabat auf die Gefahr hin, dass es der Meister ihm übel nahm.
    »Und warum nicht?«
    »Ich kann ihn nicht ausstehen«, sagte Krabat.
    »Du auch nicht?« Der Meister lachte. »Dann sind wir uns über Lyschko einig. Da staunst du wohl?«
    »Ja«, sagte Krabat. »Das überrascht mich.«
    Der Meister betrachtete ihn von unten bis oben: wohlwollend, wie es den Anschein hatte, wenn auch nicht ohne Spott. »Das ist es, was mir an dir gefällt, Krabat – dass du ehrlich bist und mir in allen Dingen offen die Meinung sagst.«
    Krabat vermied es, den Meister anzusehen. Er wusste nicht, ob es ihm ernst war mit seinen Worten: sie konnten auch als verborgene Drohung gemeint sein. Jedenfalls war er froh, als der Müller das

Weitere Kostenlose Bücher