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Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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kreisrunden roten Fleck auf der Stirn, zwei Finger breit über der Nasenwurzel.
    »Juro!« Der kleine Lobosch packte ihn bei den Schultern. »Du lebst ja noch, Juro – du lebst ja!«
    »Was dachtest du denn?«, meinte Juro. »Wir haben die Sache doch nur gespielt. Bloß: der Schädel brummt mir von Krabats Schuss, das nächste Mal mag ein anderer diesen Jirko machen, mir reicht’s, ich geh schlafen.«
    Die Mühlknappen lachten erleichtert auf und Andrusch sprach aus, was sie alle dachten: »Geh du nur schlafen, Bruder, geh du nur! Hauptsache, dass du es überstanden hast!«
    Krabat saß wie versteinert am Tisch. Der Schuss und der Schrei – und der fröhliche Trubel auf einmal: wie reimte sich das zusammen?
    »Aufhören!«, fuhr der Meister dazwischen. »Aufhören, ich ertrag das nicht, setzt euch nieder und schweigt!« Er war aufgesprungen, er stützte sich mit der einen Hand auf den Tisch, mit der anderen hielt er den Becher umspannt, als wollte er ihn zermalmen. »Was ihr gesehen habt«, rief er, »es ist nur ein Albtraum gewesen, aus dem man erwacht – und dann hat sich das  … Ich aber hab die Geschichte mit Jirko nicht geträumt, damals in Ungarn: Ich hab ihn erschossen! Ich hab meinen Freund getötet, ihn töten müssen – wie Krabat es auch getan hat, wie jeder von euch es an meiner Stelle getan hätte, jeder!«
    Er hieb mit der Faust auf den Tisch, dass die Becher tanzten, er griff nach dem Weinkrug und trank daraus, ungestüm, gierig. Dann warf er den Krug an die Wand und schrie: »Geht jetzt! Hinaus mit euch, alle hinaus da! Ich will allein sein – allein – allein!«
     
    Auch Krabat wollte allein sein, er schlich aus der Mühle. Es war eine mondlose, aber sternklare Nacht. Er schritt durch die feuchten Wiesen zum Mühlenweiher – und als er hinabblickte auf das schwarze Wasser, aus dem ihm die Sterne entgegenfunkelten, spürte er das Verlangen, ein Bad zu nehmen. Er streifte die Kleider ab, glitt in den Weiher und schwamm ein paar Stöße vom Ufer weg.
    Das Wasser war kalt, er bekam einen klaren Kopf davon: den konnte er brauchen nach allem, was sich an diesem Abend ereignet hatte. Ein dutzendmal tauchte er unter und wieder auf, dann kehrte er prustend und zähneklappernd ans Ufer zurück.
    Dort stand Juro mit einer Decke.
    »Du wirst dich erkälten, Krabat! Komm raus da, was soll denn das!«
    Er half Krabat an Land, schlug ihn in die Decke ein, wollte ihn trockenreiben.
    Krabat machte sich los von ihm.
    »Ich versteh das nicht, Juro«, sagte er. »Ich versteh das nicht – dass ich auf dich geschossen habe.«
    »Du hast nicht auf mich geschossen, Krabat – nicht mit dem Goldknopf.«
    »Das weißt du?«
    »Ich hatte es kommen sehen, ich kenn dich doch.« Juro versetzte ihm einen Rippenstoß. »So ein Todesschrei mag sich grässlich anhören, aber er kostet nichts.«
    »Und der Fleck auf der Stirn?«, fragte Krabat.
    »Ach – der!«, meinte Juro lachend. »Vergiss nicht, dass ich ein wenig in den Geheimen Wissenschaften bewandert bin: so weit reicht es beim dummen Juro gerade noch.«

 
    Krabat hatte im Sommer ein paarmal von seinem Vorrecht Gebrauch gemacht und war über Sonntag ausgegangen: weniger zum Vergnügen als wegen des Meisters, damit er ihm keinen Anlass zu weiterem Argwohn bot. Dennoch wurde er den Verdacht nicht los, dass der Müller es nach wie vor darauf anlegte, ihn aufs Eis zu führen.
    Seit er auf Juro geschossen hatte, waren drei Wochen vergangen, in denen der Meister kaum ein paar Worte mit Krabat gewechselt hatte; dann sagte er eines Abends zu ihm – und er sagte es beiläufig, wie man von nebensächlichen Dingen zu sprechen pflegt: »Nächsten Sonntag wirst du wohl nach Schwarzkollm gehen – oder?«
    »Wie das?«, fragte Krabat.
    »Am Sonntag ist Kirmes drüben – ich könnte mir denken, dass das ein Grund wäre hinzugehen.«
    »Mal sehn«, meinte Krabat. »Du weißt ja, ich mache mir nichts daraus, unter Leute zu kommen, wenn keiner von uns dabei ist.«
    Hinterher fragte er Juro um Rat, was er tun solle.
    »Hingehen«, sagte Juro. »Was sonst?«
    »Das ist viel verlangt«, meinte Krabat.
    »Es steht ja auch allerhand auf dem Spiel«, sagte Juro. »Außerdem wäre das eine gute Gelegenheit, mit dem Mädchen zu sprechen.«
    Krabat war überrascht. »Du weißt, dass sie aus Schwarzkollm ist?«
    »Seit wir am Osterfeuer gesessen haben. Es war ja nicht schwer zu erraten.«
    »Dann kennst du sie?«
    »Nein«, sagte Juro. »Ich will sie auch gar

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